Ahrensburg. Verein verteilt künftig Lebensmittel in neuen Räumen an der Großen Straße 22. Immer mehr Rentner und Alleinerziehende unter den Kunden.

Die Menschenmenge, die sich am Dienstagvormittag vor dem Ladengeschäft in der Großen Straße 22 in Ahrensburg angesammelt hat, ist ein Gradmesser für die Armut in der Schlossstadt. Denn in zunehmendem Maße sind Menschen auf die Ausgabestelle der Tafel Ahrensburg angewiesen, die seit einer Woche an dieser Stelle ihren neuen Standort hat.

Auch Sozialverband Stormarn warnt vor wachsender Armut

Bernd Linde ist der Leiter der Ausgabe, er sagt: „Die Armut nimmt zu, speziell bei Rentnern und Alleinerziehenden.“ Eine Erfahrung, die der Sozialverband Stormarn bestätigt. Im Oktober hatte dessen Vorsitzender Andreas Guhr im Abendblatt vor einem dramatischen Anstieg gewarnt. Er sagte: „Wenn sich niemand ernsthaft der Probleme annimmt, wird die Schere zwischen Arm und Reich in Stormarn immer größer.“

Zehn Ehrenamtler sind in der Tafel-Ausgabe in Ahrensburg im Einsatz

Bei der Ausgabe der Tafel Ahrensburg kümmert sich ein zehnköpfiges Team jeweils dienstags und donnerstags ab 10.30 Uhr um die Verteilung von Lebensmitteln. An diesem Vormittag haben die Helfer ungefähr 300 Personen versorgt. Um kurz vor 13 Uhr sind die Regale nahezu leer geräumt, jetzt geht es ans Aufräumen. Völlig kostenlos ist das Angebot nicht: Die Kunden müssen ihre Bedürftigkeit mit einem Berechtigungsschein nachweisen. Laut Linde zählen Grundsicherungsempfänger und Menschen, die Leistungen nach SGB II oder XII oder eine schmale Rente erhalten ebenso zum Personenkreis der Bedürftigen wie Flüchtlinge. Einzelpersonen zahlen zwei Euro pro Ausgabe, bei Mehrpersonenhaushalten sind es drei Euro.

Manche Kunden berichten den Helfern von erschütternden Schicksalen

Anhand der Nachweise stellen die Tafel-Mitarbeiter sicher, dass Berechtigte das Angebot nur einmal pro Woche nutzen. Das Team besteht aus sieben Frauen und drei Asylbewerbern, allesamt Ehrenamtler mit Qualitäten. Line beschreibt sie so: „Sie müssen Geduld, eine große Portion Mitmenschlichkeit und ein offenes Ohr mitbringen.“ Er erfahre im Gespräch mit den Kunden von teilweise erschütternden Schicksalen oder Krankheitsfällen. Es gehe nicht nur um die Versorgung mit Lebensmitteln, auch der soziale Aspekt spiele eine Rolle.

Immer noch schämen sich Menschen wegen ihrer Bedürftigkeit

Es gebe viele Menschen, die das Angebot der Tafel in Anspruch nähmen, und viele, die es sollten, so der Leiter. Er sei sich jedoch sicher, dass weit mehr Ahrensburger berechtigt seien und davon profitieren könnten. „Es gibt keine Gründe, es nicht zu machen“, so Linde. Aber er höre von vielen Bedürftigen, dass die Hemmschwelle immer noch groß sei. „Wer sich einmal getraut und das Gespräch gesucht hat, kommt wieder“, ist sich der Leiter sicher.

Der Umzug sei durch eine nicht abgedichtete Decke in den Mieträumen an der Alten Kate erforderlich gewesen. Am neuen Ort der Ausgabestelle werde „der Bedarf sichtbarer“, aber auch die Miete teurer: 300 Euro muss die Tafel jetzt monatlich mehr zahlen. Linde: „Wir haben einen Zuschuss bei der Stadt beantragt.“