Bad Oldesloe. Behörde rechnet für Volkszählung mit 500.000 Euro Personalkosten für Extra-Stellen. Zudem werden Büros und 380 Interviewer gesucht.
Wer sind Sie? Wie groß ist Ihre Wohnung? In welchen Familienverhältnissen leben Sie? Rund 36.000 Stormarner bekommen im Mai 2021 neugierigen Besuch an ihrer Haustür. In Deutschland heißt es in eineinhalb Jahren: Volkszählung. Auch der Kreis Stormarn muss mitmachen. Nach der jüngsten Erhebung 2011 frischen die Statistikämter ihr Zahlenmaterial mit den neuen Daten auf.
Im Kreis muss etwa jeder siebte Einwohner mitmachen
Doch schon beschäftigt der sogenannte Zensus 2021 die Kreisverwaltung, die die Zählung organisieren und umsetzen muss. Im Oldesloer Kreishaus haben die Vorbereitungen für das Großprojekt begonnen. Der Bund hat konkrete Auflagen verordnet. Acht zusätzliche Vollzeitstellen werden für die Erhebung geschaffen. Innerhalb des Fachbereichs 6, der für Sicherheit und Gefahrenabwehr zuständig ist, soll von Oktober 2020 an für die Dauer der Volkszählung ein zusätzliches Sachgebiet eingerichtet werden.
„Mit den etwa 36.000 zu führenden Haustürinterviews liegt Stormarn in Schleswig-Holstein im Mittelfeld“, sagt Andreas Rehberg, der als Fachbereichsleiter für die Koordination der Zählung verantwortlich ist. Genau 15,2 Prozent der Stormarner sei betroffen, mehr als jeder Siebte muss mitmachen. Der Landesdurchschnitt liegt bei 14,3 Prozent. In Schleswig-Holstein werden rund 430.000 Menschen befragt, die meisten davon im Kreis Pinneberg (45.000).
500.000 Euro Mehrkosten im Personalbudget
Stormarns Landrat Henning Görtz spricht von einer „großen Herausforderung, und zwar für alle Kreise“. Er befürchtet eine „erhebliche Mehrbelastung“ der Kreisverwaltung. „Wo die neuen Mitarbeiter unterkommen werden, ist derzeit noch unklar“, sagt Görtz. Aus Datenschutzgründen müssten sie räumlich, technisch und inhaltlich komplett von der restlichen Behörde abgekoppelt arbeiten.
„Die Auflagen besagen auch, dass für diese Mitarbeiter ein eigenes IT-Netzwerk geschaffen werden muss“, sagt der Landrat. Dadurch solle gewährleistet werden, dass die im Zensus gesammelten Daten von der Verwaltung nicht für andere Zwecke verwendet würden. Mit rund 500.000 Euro belasten die neuen Stellen das Personalbudget. „Da sind Sachkosten und die Miete für zusätzliche Büros nicht eingerechnet“, so der Landrat. Die Zusatzausgaben für Personal und Räume würden dem Kreis zwar zum großen Teil erstattet. „Letztlich trägt sie aber natürlich trotzdem der Steuerzahler“, sagt Görtz.
Personalsuche bereitet dem Landrat die größten Sorgen
Auch deshalb legt der Landrat Wert darauf, den Aufwand für die Erhebung möglichst gering zu halten. „Natürlich braucht man das Datenmaterial, etwa für Wohnungsbedarf- und Sozialprognosen, aber der Aufwand muss im Verhältnis stehen“, sagt Görtz. Derzeit befinde sich der Landkreistag in Gesprächen mit dem Landesinnenministerium, wie die Umsetzung möglichst ressourcensparend gelingen könne.
Mehr Sorge als die finanzielle Belastung bereit Stormarns Landrat die Suche nach zusätzlichen Mitarbeitern. Die werde weit problematischer als die eigentliche Erhebung, sagt Görtz mit Blick auf die Arbeitsmarktsituation im Kreis. Stormarns Arbeitslosenquote ist mit 3,1 Prozent die niedrigste im Land. Schon jetzt fehle in Verwaltungen Personal. „Da sind befristete Stellen wie die im Zensus-Team nicht gerade attraktiv und schwer zu besetzen“, sagt Görtz.
Widerstände nach dem Zensus im Jahr 2011
Zudem müssen auch noch 380 Interviewer gefunden werden. Diese Außendienstler sollen vom 16. Mai 2021 an die Hausbesuche übernehmen. Sie müssen vom Kreis rekrutiert, geschult und betreut werden. Bei der ersten gesamtdeutschen Volkszählung vor neun Jahren wurden dafür 7,50 Euro pro Fragebogen gezahlt.
Die für die Umfrage ausgewählten Einwohner müssen den Interviewer zwar nicht in die Wohnung lassen, für sie besteht aber Auskunftspflicht. Im Jahr 2011 bestand der Fragebogen aus 46 teils sehr persönlichen Fragen, die Nichtbeantwortung wurde mit einem Zwangsgeld von 300 bis 500 Euro bestraft. Telefonische Auskünfte sind nicht zulässig.
Nach dem vorerst letzten Zensus 2011 hatte es zudem erhebliche Widerstände gegeben. Mehr als 1000 Städte und Gemeinden hatten gegen ihre neu ermittelte Einwohnerzahl Widerspruch eingelegt, die Daten anhand ihrer eigenen Aufzeichnungen angezweifelt. Denn mit den niedrigeren Einwohnerzahlen drohten auch die finanziellen Zuwendungen kleiner zu werden.
Erst 2018 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Methoden „verfassungsgemäß“ waren – und wies Klagen von Hamburg und Berlin zurück. Der Zensus 2011 hatte ergeben, dass in der Bundesrepublik nicht wie angenommen 81,8 Millionen Einwohner lebten – sondern nur 80,2 Millionen.
EU gibt Zehn-Jahres-Rhythmus vor
Alle zehn Jahre hat sich Deutschland wie alle Länder in der EU verpflichtet, eine Volkszählung zu organisieren. Dabei kommt der sogenannte registergestützte Zensus zum Einsatz – eine Mischung aus persönlichen Interviews und dem Abgleich des Melderegisters. Der Zensus 2021 baut auf dem Zensus 2011 auf. Es gibt aber Änderungen hinsichtlich der Korrekturstichprobe zur Ermittlung der Einwohnerzahl in kleinen Gemeinden. Zudem soll die Zielsetzung „Online zuerst“ gelten. Unter anderem sollen 2021 auch „kleinteiligere Ergebnisse“ – anders als beim Zensus 2011 – abrufbar werden.