Barsbüttel/Reinbek. Am Sonnabend sollen Mahnfeuer auf Stormarner Höfen entzündet werden. Bauern wollen so mit Bürgern ins Gespräch kommen.

Mahnfeuer werden am Sonnabend auf Wiesen und Äckern im Kreis Stormarn lodern. Die Initiative „Land schafft Verbindung“ hat zu dieser Aktion aufgerufen, um nach zahlreichen Trecker-Demos auch vor Ort auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. „Wir richten uns gegen die geplante Agrarreform der Bundesregierung und wollen mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen“, sagt Heike Volbert vom Bernekehof in Barsbüttel. „Wir sind an einem Punkt angekommen, wo es nach unten keine Luft mehr gibt.“

Milch- und Obstbauern, Viehmast- oder Pferdezuchtbetriebe: sie alle eint derzeit die Sorge um den Fortbestand ihrer Höfe. Neue Einschränkungen und Auflagen könnten insbesondere kleine Betriebe kaum kompensieren, sagt Heike Volbert, die zusammen mit ihrem Mann Andreas in Barsbüttel einen Obsthof in dritter Generation bewirtschaftet.

Mehr als 3500 Traktoren in Hamburg

In den Sommermonaten kommen regelmäßig Gäste aus der ganzen Region her, um Erd- und Himbeeren zu pflücken – und natürlich ein Stück der selbstgebackenen Torte zu essen. Doch die geplante Düngemittelverordnung und Auflagen zum Insektenschutz bringen auch den Obsthof an seine Grenzen. Um die hohen Investitionskosten tragen zu können, müssten Einzelunternehmer immer weiter wachsen. Oder ihre Höfe gleich ganz aufgeben. „Himbeeren mit Würmern will keiner essen“, sagt Heike Volbert. „Ein Schnellschuss der Politik kann nicht im Sinne der Verbraucher sein.“

Zum Start der Umweltministerkonferenz in Hamburg Mitte November waren mehr als 3500 Traktoren auf den Straßen in Hamburg unterwegs, um der Politik eine Resolution mit Forderungen zu überreichen. Als weitere Aktion werden derzeit überall grüne Kreuze auf den Äckern aufgestellt, auch in Großhansdorf. Mit diesem stillen Protest will unter anderem Landwirt Marten Hinrich Koop zusammen mit seiner Lebensgefährtin Sandra Rübcke auf die aktuellen Probleme seines Berufsstandes aufmerksam machen. Er befürchtet, dass es innerhalb der nächsten zehn Jahre in einigen Landstrichen keine Landwirtschaft mehr geben werde, sollte die Politik das Agrarpaket mit den neuen Maßnahmen für mehr Umwelt- und Tierschutz wie geplant umsetzen.

Reinbeker Landwirt will Politik ansprechen

Auch der 23 Jahre alte Jungbauer Karsten Wriggers aus dem Barsbütteler Ortsteil Willinghusen fürchtet um seine Existenz. Er will bald den Hof seiner Eltern in vierter Generation übernehmen. „Das Agrarpaket schiebt uns einen erneuten Riegel vor unsere Arbeit“, sagt Wriggers. „Eine Betriebsaufgabe ist trotzdem nur die letzte Konsequenz. Der Knackpunkt ist und bleibt die Politik.“

Wie viele seiner Kollegen ist auch der Reinbeker Landwirt Hans-Jörg Carstensen tief frustriert. Aber bei Trecker-Demonstrationen möchte er nicht mehr mitmachen. „Wir müssen doch keine Leute nerven, die der Landwirtschaft größtenteils positiv gegenüberstehen. Unser Protest muss viel zielgerichteter sein.“ Die Bevölkerung sei nicht das Problem, sondern die Politiker. „Wie wir sie und die Umweltverbände überzeugen und bei ihnen mehr Verständnis wecken könnten für unsere Situation, weiß ich allerdings auch nicht.“

Idee der Mahnfeuer aus Baden-Württemberg

Es sei die Vielzahl der Vorgaben und Anordnungen, die die Landwirte in ein Korsett zwänge, das ihnen die Luft abschnüre. „Ich kenne viele Landwirte, die mittlerweile in psychologischer Behandlung sind.“ Es sei klar, dass eine Überdüngung von mehr als 50 Milligramm pro Liter Wasser, wie sie schon gemessen wurde, nicht sein dürfe. „Aber der Nitratgehalt in unserem Brunnenwasser ist nicht nachweisbar. Trotzdem würde uns die geplante Richtlinie, mit weniger Nitrat zu düngen, voll treffen. Das wäre ein willkürlicher Rundumschlag. Der Boden wird ausgehungert, wenn man 20 Prozent weniger davon düngt, als die Pflanze braucht.“

Die Idee der Mahnfeuer kommt aus Baden-Württemberg. Bauern und Winzer haben hier Anfang November die ersten Feuer entfacht. Die Initiative „Land schafft Verbindung“ ruft nun auch in anderen Teilen des Landes zu dieser Aktion auf, die an jedem ersten Sonnabend des Monats an gut sichtbaren Stellen durchgeführt werden soll. Ziel sei es, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen unsere Höfe öffnen und uns den Fragen der Bevölkerung stellen“, sagt Volbert. „Insbesondere Landwirte ohne Direktvermarktung haben oft keinen Kontakt mehr zu ihren Kunden. Menschen sollen sich wieder trauen, zu ihren Bauern ins Dorf zu gehen und mit ihnen in den Dialog zu treten.“

Anliegen der Bauern sollen in Berlin ankommen

Es habe bereits einige gute Aktionen gegeben, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes. Um das Feuer im wahrsten Sinne des Wortes am Lodern zu halten, seien die Mahnfeuer eine gute Idee. Es gehe nicht darum, die Bürger zu nerven. Vielmehr sollen die Anliegen der Bauern politisch transportiert werden und zwar bevor das Gesetz endgültig festgezurrt wird.

Problematisch sei, dass es derzeit weder konkrete Zusagen, noch einen endgültigen Gesetzesentwurf gebe, nach dem sich die Bauern richten könnten. „Uns ist es wichtig, dass unsere Sorgen und Belastungsgrenzen in der Öffentlichkeit und im politischen Berlin ankommen“, sagt Koll. „Jeden Monat mit Schleppern nach Berlin fahren können wir jedoch nicht.“

Fünf Höfe beteiligen sich derzeit an der Aktion in Barsbüttel, direkt an der K80, Flurstück Steckenkamp. Weitere Mahnfeuer sind ab 17.30 Uhr auch in Stellau/Stemwarde und Ammersbek geplant. Da sich die Betriebe eigenständig organisieren, gibt es keine offizielle Übersicht über die Teilnehmer. Aber die Organisatoren haben fest vor, diese neue und zusätzliche Form des Protestes zu etablieren.