Grosshansdorf. Komplizierter Eingriff an Ukrainerin Diana ein Erfolg. Großhansdorfer Verein Pryvit organisiert Spenden. Auch Abendblatt-Leser helfen.

„Tough“ – zu Deutsch zäh – prangt auf Diana Rubans Pullover. Fünf Buchstaben, die das Lebensmotto der 18 Jahre alten Ukrainerin beschreiben. Vor zweieinhalb Wochen wurde sie im Skoliosezentrum der Neustädter Schön-Klinik an ihrer stark deformierten Wirbelsäule operiert. Ein Eingriff, der tödlich hätte enden können, Diana nach Auskunft der behandelnden Ärzte aber mehrere Jahrzehnte Lebenszeit geschenkt hat. Ermöglicht haben dies unter anderem die großzügigen Spenden zahlreicher Abendblatt-Leser.

Mehr als die Hälfte des Geldes kommt von Abendblatt-Lesern

Eine Röntgenaufnahme zeigt die Wirbelsäule nach der OP
Eine Röntgenaufnahme zeigt die Wirbelsäule nach der OP © Schön-Klinik

Ihren 18. Geburtstag hat Diana in der Schön-Klinik gefeiert. Ein besonderer Tag für eine junge Frau, die endlich wieder in die Zukunft blicken und Pläne schmieden kann. Noch vor wenigen Monaten prognostizierten Ärzte der Schülerin weniger als zehn Jahre verbleibende Zeit. Schuld war eine Fehlbildung der Wirbelsäule, die dazu führte, dass lebenswichtige Organe abgeschnürt wurden und Dianas Lunge nur noch zu 27 Prozent arbeitete. Ihr einziger Ausweg war die von der Schön-Klinik als Hochrisikooperation eingestufte Behandlung.

„Die Belehrung vor der OP war schrecklich“, erinnert sich Regine Fiebig, erste Vorsitzende des Großhansdorfer Vereins Pryvit. „Von Querschnittslähmung bis zum Tod sind alle Szenarien möglich gewesen.“ Zusammen mit weiteren Kindern holte der Verein die Schülerin 2018 zum ersten Mal in das Schullandheim Erlenried. Sie alle kommen aus der Krisenregion des Landes, wo in nur 80 Kilometern Entfernung 1986 der Atomreaktor von Tschernobyl explodiert ist. Bis heute leiden die Menschen unter Spätfolgen der nuklearen Katastrophe, die die einstige Kornkammer der Ukraine zur ärmsten Region des Landes gemacht hat.

Ärzte prognostizierten Diana eine geringe Lebenserwartung

Ein dreiwöchiger Erholungsaufenthalt in Großhansdorf soll ihnen helfen, sich zu erholen und medizinisch durchchecken zu lassen. „Die Ärzte gehen davon aus, dass auch Dianas Deformierung mit dem Reaktorunfall zusammenhängt“, sagt Fiebig. „Ihre Mutter war zum Zeitpunkt des Unglücks gerade drei Jahre alt. Die Strahlung könnte einen Gendefekt ausgelöst haben.“ Schon bei Dianas Geburt stellten die Ärzte wegen ihrer geringen Lebenserwartung keinen Impfpass aus. Ein Schock für die junge Mutter, die seither für das Leben ihrer Tochter gekämpft hat. Ihr ebenfalls stark deformierter Brustkorb hinderte sie am Tragen eines Stützkorsett. Eine Operation ist in der Ukraine unerschwinglich.

Trotz gegenteiliger Empfehlungen schickte ihre Mutter Diana in eine Regelschule, wo sie schon früh ihre Freude an Zahlen entdeckte. Dann der erste vermeintliche Lichtblick: Als sie zehn Jahre alt war, bot eine Organisation an, Spenden für eine Operation zu sammeln. „Als die Leute mit dem Geld abgetaucht sind, war das ein großer Rückschlag für die Familie“, sagt Fiebig. „Ihre Hoffnung war zunächst umsonst geweckt worden.“

Die komplizierte Operation dauerte mehr als sechs Stunden

Freuen sich mit Diana über die erfolgreiche Operation: Wulf Garde und Regine Fiebig vom Verein Pryvit. 
Freuen sich mit Diana über die erfolgreiche Operation: Wulf Garde und Regine Fiebig vom Verein Pryvit.  © Melissa Jahn

Nicht so in Deutschland. Da das Team um Professor Henry Halm aus Neustadt die Operation kostenlos durchführen wollte, musste nur Geld für den Krankenhausaufenthalt aufgebracht werden. Doch auch 30.000 Euro sind eine Hürde, wenn sie aus Spendengeld bestritten werden müssen. Umso mehr freuten sich alle Beteiligten über die große Hilfsbereitschaft der Stormarner. Knapp 23.000 Euro sind innerhalb von nur zwei Wochen zusammengekommen. Die größte Summe, insgesamt 13.000 Euro, spendeten die Abendblatt-Leser. „Oftmals waren gute Wünsche auf den Überweisungen dabei“, sagt Fiebig. „Wir sind noch immer gerührt.“

Mehr als sechs Stunden dauerte die OP, bei der Diana nicht nur einzelne Wirbel entfernt und in Form gebracht, sondern ebenfalls diverse Titanschrauben und Stangen eingesetzt wurden. Die Fäden wurden bereits gezogen, die Opiate noch im Krankenhaus abgesetzt. Durch die Streckung der Wirbelsäule ist schon jetzt ein Zugewinn an Größe sichtbar: Statt der ehemals 1,52 Meter ist Diana nun zehn Zentimeter größer.

Gewöhnen muss sie sich vor allem an ihr neues Lungenvolumen und täglich Übungen machen, damit sich das Organ gut entwickeln kann. „Wenn weiterhin alles gut verläuft, ist eine Reha laut der Ärzte nicht mehr notwendig“, sagt Fiebig. „Diana kann endlich ihr Leben selbst in die Hand nehmen.“ Was sie damit machen möchte, weiß die junge Ukrainerin genau. Die Schule konnte sie in diesem Jahr abschließen. Im kommenden Jahr soll ein Informatikstudium in Kiew folgen. „Als nächstes lerne ich Englisch und Deutsch“, sagt Diana. „Mir steht die Welt nun offen.“