Glinde/Ahrensburg. 67 Polizeiwachen in Schleswig-Holstein waren nicht erreichbar – einige davon in Stormarn. Anrufer weichen auf die 110 aus.

Den Hörer seines Telefons hebt der Leiter des Ahrensburger Polizeireviers Jörg Marienberg nur für den Fototermin mit dem Abendblatt ab. Denn die Leitung ist derzeit mal wieder tot, die Polizei telefonisch nicht erreichbar. „Seit etwa einer Woche haben wir Probleme mit dem Festnetz“, sagt Marienberg. Wegen dieses Zustands seien zwar keine Beschwerden der Bürger zu ihm vorgedrungen, er wolle aber nicht ausschließen, dass es sie gegeben habe.

Ursache für das Problem sei eine technische Störung

Eine Störung bei Vodafone legt seit mehreren Tagen die Telefonanschlüsse von zahlreichen Polizeiwachen in Schleswig-Holstein lahm. Mal hören Anrufer das Besetztzeichen, mal erhalten sie die Ansage, dass die angerufene Nummer unbekannt sei, manchmal kommen sie durch – meistens aber nicht. Betroffen waren bis gestern insgesamt 67 Dienststellen in Schleswig-Holstein der Polizei.

Ursache sei eine technische Störung, heißt es in einer Mitteilung der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg. Vodafone-Sprecher Volker Petendorf bestätigt auf Anfrage den „Ausfall eines Servers für die Breitbandanschlüsse“. Betroffen sind seit drei Tagen auch zwölf Polizeiwachen in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg: Glinde, Wentorf, Aumühle, Schwarzenbek, Büchen, Lauenburg, Ahrensburg, Ammersbek, Bad Oldesloe, Bargteheide, Großhansdorf und Trittau.

Interne Kommunikation funktioniere über andere Kanäle

Glinde: Polizeioberkommissar Ingo Zernig (r.) und Polizeihauptmeister Constantin Vering sind ohne Telefon für die Bürger da.
Glinde: Polizeioberkommissar Ingo Zernig (r.) und Polizeihauptmeister Constantin Vering sind ohne Telefon für die Bürger da. © Susanne Tamm

Jörg Marienberg rät Bürgern, in dringenden Fällen die Notrufnummer 110 zu wählen. „Wenn erforderlich, nimmt die Leitstelle dann über Funk oder Diensthandys Kontakt zu uns auf“, sagt er. Auch die interne Kommunikation funktioniere über diese Kanäle. Zwar sind die Diensthandys keine Smartphones und technisch nicht auf dem aktuellen Stand – aber Marienbergs Kollege Polizeikommissar Yannik Löbsack versichert auf Nachfrage, dass damit immerhin zuverlässig telefoniert werden könne.

Wie lange die Probleme noch andauert, darüber haben die Beamten keine Informationen. „Die Menschen können zum Mond fliegen“, sagt Marienberg. „Aber manchmal sind die einfachsten Sachen eben am schwierigsten.“

Mehr Bürger kommen direkt in die Dienststellen

„Die Telefonie der Leitstellen, also der Notruf 110, ist glücklicherweise nicht betroffen“, sagt Torge Stelck, Sprecher des Landespolizeiamts in Kiel. Allerdings führe die Nichterreichbarkeit vieler Dienststellen zu einer deutlichen Mehrbelastung der Leitstellen, da die Bürger dort anriefen, um den Kontakt zur Polizei zu suchen. Auf den Wachen wurde eine deutliche Zunahme der Besucherzahl registriert.

Nach Auskunft von Torge Stelck werden in Schleswig-Holstein derzeit 95 der 250 Dienststellen der Landespolizei von Vodafone versorgt. Seit Mai dieses Jahres wechsele die Polizei schrittweise zu diesem Anbieter.

Laut Vodafone sind nur herkömmliche Anschlüsse betroffen

Zudem werden derzeit Anschlüsse auf IP-Telefonie umgestellt, also auf das Telefonieren über Rechnernetze, die nach Internetstandard aufgebaut sind. Laut Vodafone-Sprecher sind von der Störung allerdings nur die herkömmlichen Anschlüsse betroffen.

Nach Angaben von Vodafone-Sprecher Petendorf sollen am heutigen Freitag alle Polizeidienststellen wieder erreichbar sein. Nach zweimaligen Reparaturversuchen, die keine ausreichende Stabilität brachten, sollte der defekte Server eigentlich bereits in der Nacht zu Donnerstag ausgetauscht worden sein. „Das erwies sich jedoch als komplizierter als gedacht“, sagt der Firmensprecher. Am Donnerstag seien die ersten Dienststellen von 14 Uhr an wieder erreichbar gewesen, die anderen sollten folgen.

Polizisten greifen zu Block und Bleistift

Volker Petendorf: „Die einzelnen Verbindungen werden nach und nach wieder an den Server angeschlossen.“ In Glinde gab es gestern zusätzlich die Situation, dass die Telefonanlage der Polizei auf Voice-over-IP umgerüstet wurde, die Station am Oher Weg 1 daher telefonisch nicht erreichbar war. Dieser Termin war allerdings seit Monaten geplant.

Unabhängig von der Vodafone-Panne war die Glinder Dienststelle gestern vollkommen abgeschnitten vom Telefonnetz und vom Internet. „Wir greifen einfach zu Block und Bleistift, das haben wir früher auch so gemacht“, sagte Polizeioberkommissar Ingo Zernig. Seine Kollegen und er konnten weder irgendwo anrufen noch an ihren Computern arbeiten.„Wir sind trotzdem für die Bürger da“, sagte der Polizeioberkommissar. Eine Frau, die ihre Kontokarte für das Lastschriftverfahren sperren lassen wollte, musste allerdings an die nächsten Dienststellen in Reinbek und Barsbüttel verwiesen werden. „Leider können wir heute von hier aus derartige Fälle nicht bearbeiten“, sagte Ingo Zernig.

In Reinbek gab’s lediglich einen kurzen Ausfall

Die Wache in Reinbek war von der Störung nicht betroffen, so Dienststellenleiter Karsten Wagner. Dort wird bereits über das Internet telefoniert. Allerdings war am Mittwoch das Telefon für eine Stunde ausgefallen. „Aber das hatte interne Gründe, die wir selbst schnell beheben konnten“, sagte Wagner.

Laut Landespolizeiamt waren nur Voice-over-IP-Anlagen betroffen. Glindes Leitung war jedoch bereits unterbrochen, bevor die Anlage dort umgerüstet wurde. Nach Auskunft von Vodafone waren wiederum nur herkömmliche Anschlüsse der Polizei gestört, die über den Server in Hamburg-Altona angeschlossen sind.

Nach der Einschätzung des Unternehmens Vodafone sind die VoIP-Anlagen komfortabler und weniger störanfällig. Allerdings seien Störungen häufig auf alte Leitungen zurückzuführen.