Bargfeld-Stegen. Forscher der Uni Greifswald legen Teile der Anlage frei und entdecken aufschlussreiche Artefakte. Eine Spur zu 3000 Silbermünzen fehlt noch

Tief unter Erde und unter Gras verborgen schlummerten jahrhundertelang die Grundmauern der Burg Stegen. Geschichten um Geheimgänge und einen Schatz machten wieder und wieder die Runde. Nun haben Forscher Teile des Bauwerkes aus dem 14. Jahrhundert freigelegt und dabei Erstaunliches entdeckt: Die mittelalterliche Burg vom Typ Motte – auch Turmhügelburg genannt – könnte einst die größte Anlage dieser Art in Schleswig-Holstein gewesen sein.

Archäologen entdecken zahlreiche Alltagsgegenstände

„Unsere Burg hat bisher viel Raum für Spekulation geboten“, sagt Andreas Gerckens (CDU), Bürgermeister von Bargfeld-Stegen. „Umso spannender ist es, die eigene Geschichte zu erforschen und zu erfahren, was hier wirklich gewesen ist.“ Die Fundstücke bewahrt Felix Biermann von der Universität Greifswald auf, fein säuberlich in Plastiktüten verpackt. Neben Steinen und alten Holzbalken hat das Team um den Archäologen allerhand Alltagsgegenstände entdeckt. Unter anderem alte Steckschlüssel, einen Reitersporn, Teile eines Hufeisens, eine Gürtelschnalle und den Boden eines Kruges. „Diese Keramik in der Art Siegburger Steinzeug wurde aus dem Rheinland exportiert“, sagt Biermann.

„Besonders spannend ist ein Siegelring, von dem wir uns den Namen des ehemaligen Besitzers erhoffen.“ Die Funde sind stark verwittert, weshalb auch der Ring bisher nicht ausgelesen werden konnte. Doch nach einer sorgfältigen Restauration sollte dies möglich sein. „Siegelringe findet man eher im Burggraben, weil sie dort nach dem Tod des Burgherrn versenkt wurden“, erläutert der Experte. „Immerhin sind sie so etwas wie eine Unterschrift.“ Hier habe der Ring jedoch im Nutzungsbereich gelegen. Das sei ein Zeichen dafür, dass er einst verloren worden war.

Auch eine Detektorgruppe ist bei Grabungen dabei

Bereits in den 1980er-Jahren wurde die Vorburg von einem Forscherteam freigelegt. Um das Projekt erneut zu starten, musste das bewaldete Gelände gerodet werden. Danach rückten Vertreter der Uni Potsdam für geomagnetische Untersuchungen an. Röntgenbilder des Bodens dienten dazu, die Fundamente zu lokalisieren und mögliche Kellerräume abzubilden. Die Suche nach den Artefakten begleitete auch eine Detektorgruppe aus Schleswig-Holstein. Auch Sebastian Fischhold aus der Gemeinde Sülfeld war dabei: „Für mein Hobby habe ich extra einen Zertifizierungskurs abgelegt. Die private Schatzsuche ist in Schleswig-Holstein nämlich verboten.“ Gefunden hat die Gruppe mehr als 70 Armbrustpfeile, sie waren auf dem Gelände verstreut. Ein eindeutiges Zeichen für massive Kampfhandlungen, sagt Biermann. Denn im Unterschied zu Pfeilen aus einer Waffenkammer seien diese durch den Aufprall auf harte Gegenstände verbogen worden.

Holzbalken geben genauen Aufschluss über die Bauzeit

Neben den Pfeilen werde die Geschichte auch durch Brandflecke und Schuttreste der Hauptburg sichtbar. Die Zerstörung der Anlage sei wohl ein „symbolischer Akt gewesen, um die Ordnung wiederherzustellen und Hummersbüttel in seine Schranken zu weisen.“ Diese These könnten Funde alter Balken untermauern, mit deren Hilfe sich Zeitspannen bestimmen lassen. „Bei den Überlieferungen müssen wir aufpassen, dass es zu keinen Verwechslungen mit dem auf der dänischen Insel Møn gelegenen Schloss Stege kommt“, sagt Biermann. „Leider ist das Weichholz zum Teil stark verwittert. Balken mit Rinde können wir bis 10.000 vor Christus genau einordnen.“

Die Fundstücke werden nun im Archäologischen Landesmuseum in Schleswig restauriert, fotografiert und dokumentiert. Zusammen mit Drohnenbildern werden die Ergebnisse später in einer Publikation veröffentlicht und auch der Gemeinde Bargfeld-Stegen zur Verfügung gestellt. Ob der Ort auch einzelne Fundstücke behalten darf, stehe noch nicht fest. Wissenschaftler Biermann empfiehlt, eine Anfrage für eine Dauerleihgabe an das Museum zu richten. Er sagt: „Und die Anlage sollte aufgewertet werden. Durch ihre Größe und dramatische Geschichte ist sie etwas ganz Besonderes.“

Areal soll später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden

Um unsachgemäßer Grabung vorzubeugen plant die Gemeinde, die Burgreste zunächst wieder zuschütten zu lassen. Zusammen mit Landschaftsplanerin Urte Schlie soll das Gelände der Öffentlichkeit erst anschließend zugänglich gemacht werden. Radwege seien denkbar, ebenso eine Anlegestelle für Paddler an der Alster. Die Burg Stegen könnte auch in das digitale Informationssystem KuLaDig eingebunden werden, ein allgemein zugängliches Portal zum Erhalt der historischen Kulturlandschaft. „Wir haben einen Rahmen definiert, jetzt geht es um die konkrete Umsetzung“, sagt Andreas Bärwald, Fachdienstleiter für Bau und Umwelt im Amt Bargteheide-Land.

Bärwald betreut das Thema mit dem Namen „Kultur- und Erlebnisraum Burganlage Stegen“. Ein Nutzungs- und Wegekonzeptes gebe es bereits. 660.000 Euro kostet das Projekt Burg Stegen jüngsten Schätzungen zufolge. 335.000 Euro Förderung hat die Gemeinde bereits bewilligt bekommen, weitere Anträge sollen gestellt werden. „Die Burg ist das Herzstück des Großprojektes. Was genau herauskommt, wissen wir aber noch nicht“, sagt Bürgermeister Gerckens. „Die Umsetzung erfolgt frühestens 2021.“

Und der Schatz? Sofern es ihn gibt – gefunden wurde er bisher nicht. Immerhin wiesen glaubhafte Überlieferungen auf mehr als 3000 Silbermünzen hin, die dort vergraben sein könnten. „Unterirdische Gänge können wir allerdings ausschließen“, sagt Biermann. „Dafür ist der Boden definitiv zu feucht.“