Glinde. Dauerstreit in Glinde. Stadt lässt Lücken offen. Begründung: Für Ersatz müssten Bürger zahlen. Die kämpfen schon Jahren.

Die Anwohner nahe der Kreisstraße 80 kommen nicht zur Ruhe. Ihr Lärmschutz beschäftigt aktuell wieder einmal die Glinder Politik. Diesmal geht die Initiative nicht von den Bürgern aus, die seit Jahren versuchen, die Stadt dazu zu bewegen, ihre Lärmschutzwand zu verbessern, sondern von der CDU. Sie fordert, zumindest den aktuellen Status quo zu erhalten und beantragt für die nächste Bauausschusssitzung am 19. September, dass Glindes Verwaltung Lösungsvorschläge erarbeitet.

„Wir haben ja ohnehin nur einen Schutz von etwa drei Dezibel“, sagt Bernd Hengst, der nicht nur Anwohner der Stübbenkoppel und somit selbst betroffen ist, sondern auch Pressesprecher der CDU. Zwischen zwei Lagen Holzgeflecht stecke eine zehn Millimeter starke Eternitplatte. Doch mittlerweile klaffen in der Lärmschutzwand große Lücken: Bei seinen Nachbarn etwa fehlen drei der kaum schützenden Elemente. Bei jedem vorbeifahrenden Lkw dröhnen den Anwohnern die Ohren. An einen Kaffee im Garten ist nicht zu denken. „Laut einem Vertrag von 1981 zwischen der Stadt und dem Kreis Stormarn ist Glinde für die Instandhaltung des aktiven Lärmschutzes zuständig“, berichtet Rainer Neumann, Fraktionschef der CDU. Doch die Stadt ziehe sich darauf zurück, dass es nun nicht mehr nur um Instandhaltung, sondern um eine Instandsetzung gehe, erklärt er.

Stadt ersetzt fehlende Wandteile durch einen Drahtzaun

Viele Wandelemente sind abgängig. Die Stadt ersetze sie nicht, sondern ziehe lediglich einen Drahtzaun, um den Verkehr vor dem Wildwechsel zu schützen, so Neumann. Für die Instandsetzung, also neue Elemente, um die Lücken zu schließen, sollen die Anwohner selbst aufkommen. „Es ist unfair, dass sich die Stadt so aus der Verantwortung stiehlt“, kritisiert der Christdemokrat. Glinde habe seine Verpflichtung zur Instandhaltung vernachlässigt, damit selbst zur Situation beigetragen. Folge: Die Anwohner hätten nicht mal mehr den unzureichenden bisherigen Lärmschutz. „Laut war es ja die ganze Zeit über. Aber wir haben nicht damit gerechnet, dass der Bürgermeister die Wand einfach abbaut. Wir haben die einzige Kreisstraße mit einem Katzenzaun“, sagt Hengst.

Die Zahl der Betroffenen schätzt die CDU auf etwa 150 Menschen in 60 Häusern – in erster und zweiter Reihe. Zuletzt wurde 2015 ein Beschlussvorschlag erarbeitet. Diesen ließ Glindes Politik aber fallen. 100 neue Wandelemente um einen Meter höher als die bisherigen sollten nach Schätzung der Verwaltung 1,5 Millionen Euro kosten. Dieser Neubau hätte die Anwohner finanziell hoch belastet.

Laut Bernd Hengst sind diese Schätzungen falsch. „Das ist Blödsinn. 1981 haben sich der Kreis und die Stadt die Kosten für die Lärmschutzwand samt Fundamenten geteilt: Die Summe betrug 600.000 Mark.“ Er gibt zu bedenken, dass eines der betroffenen Grundstücke mindestens noch einmal der gesamten Länge der Straße Stübbenkoppel entspricht. Das Areal sei im Eigentum der Stadt, daher müsse Glinde zumindest die Hälfte der Kosten tragen. Selbst dürfen die Anlieger übrigens nicht aktiv werden. Denn der Grund, auf dem die Lärmschutzwand steht, gehört dem Kreis.

Bürgermeister Zug begrüßt Antrag der Christdemokraten

Die Lärmbelästigung der Anwohner ist erheblich. Tagsüber zwischen 6 und 18 Uhr würden etwa elf Lkw pro Minute vorbeifahren: „Rechnet man dies hoch, würde die Lärmbelastung einem Verkehrsaufkommen von 72.000 Pkw pro Tag entsprechen“, sagt Bernd Hengst. Die CDU sorgt sich daher um die Gesundheit der Anwohner.

Laut Hengst wäre es die günstigste Möglichkeit, das Tempo auf der Kreisstraße zu begrenzen. Doch dagegen sperrt sich die Nachbarstadt Reinbek, sie sieht den Verkehrsfluss auf der K 80 gefährdet. Laut Rainer Neumann planen der Kreis und der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) Schleswig-Holstein eine Sanierung der Kreisstraße 80. Bei einem Ausbau wäre der Kreis zuständig für den Lärmschutz.

Doch überregionale Straßensanierungen werden langfristig geplant und wegen des hohen Baustellenaufkommens oft verschoben. „Dann hängen die Anwohner wieder in der Luft, das können wir nicht machen“, so Neumann. Der Antrag sei wichtig, um das Thema nicht versickern zu lassen, sagt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. „Doch die Rechtslage der jüngsten Vorlage von 2015 hat immer noch Bestand. Sie wurde zwar zurück in die Fraktionen verwiesen, wir suchen nach Lösungen. Aber wenn wir neu bauen, geht es um eine neue Erschließung, und die ist veranlagungspflichtig. Das ist etwas ganz anderes als die abgeschafften Straßenbaubeiträge.“ Die Sitzung am 19. September beginnt um 19 Uhr im Bürgerhaus.