Bad Oldesloe. Konzern will mit Verteilzentrum ins Gewerbegebiet Teichkoppel ziehen. Das sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die Amazon-Pläne, in Bad Oldesloe ein Verteilzentrum errichten zu wollen, stoßen in der Stadt auf ein geteiltes Echo. Während sich die einen über das Interesse des US-Konzerns freuen und die dadurch in Aussicht stehenden neuen Arbeitsplätze begrüßen, befürchten die anderen Nachteile für den Einzelhandel und kritisieren angeblich schlechte Arbeitsbedingungen und Niedriglöhne des Unternehmens. Amazon verspricht, sich auch in der Stadt engagieren zu wollen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur möglichen Neuansiedlung.

Steht die Amazon-Ansiedlung in der Kreisstadt bereits fest?

Offiziell hält sich der Konzern alle Optionen offen. Auf Abendblatt-Anfrage sagt Sprecherin Nadiya Lubnina: „Das Konzept befindet sich in einem sehr frühen Stadium.“ Dass Amazon Logistics seine Pläne inklusive detaillierter Entwürfe schon im Wirtschafts- und Planungsausschuss vorgestellt hat, spricht für ein ernstzunehmendes Interesse.

Wo soll das Verteilzentrum später errichtet werden?

Seit diesem Frühjahr wird in Bad Oldesloe ein Gewerbegebiet auf einer 30 Hektar großen Fläche im Süden der Stadt zwischen dem Ortsteil Rethwischfeld und der A 1 erschlossen. Das Verteilzentrum soll auf einer Parzelle direkt südlich des OBI-Baumarktes an der Bundesstraße 208 von einem Investor gebaut werden, der das Gebäude für mindestens zehn Jahre an Amazon vermietet.

So sieht das Verteilzentrum in Hamburg aus.
So sieht das Verteilzentrum in Hamburg aus. © Amazon Inc | Amazon

Was sagt die Lokalpolitik zu den Plänen des US-Konzerns?

Die CDU sieht die mögliche Ansiedlung positiv. „Wir haben vor allem die neuen Arbeitsplätze im Blick, die dadurch geschaffen werden“, sagt Fraktionsvorsitzender Horst Möller. Auch die FDP sieht kein großes Problem in der möglichen Neuansiedlung. „Grundsätzlich begrüßen wir jede Form von Gewerbeansiedlung, die Arbeitsplätze schafft“, sagt die Vize-Fraktionsvorsitzende der Liberalen in Bad Oldesloe, Anita Klahn. Allerdings sehe sie Amazon auch kritisch. „Aber letztendlich wird das Verteilzentrum kommen – entweder hier oder in einer Nachbarstadt.“ Anita Klahn hält es für unwahrscheinlich, dass sich die Ansiedlung auf das Kaufverhalten der Oldesloer und den Einzelhandel auswirken wird. Auch benötige die Stadt Jobs im niedrigen Lohnsegment.

Die Linke sieht das anders. „Statt mehr guter Arbeit wird es einen weiteren Ort prekärer Beschäftigung in dieser Stadt geben. Davon gibt es schon mehr als genug. Und unser Bundesland ist bereits auf den Spitzenplätzen beim Anteil prekärer Beschäftigung“, sagt der Fraktionsvorsitzende Hendrik Holtz. Die Ansiedlung werde die Stadt einiges kosten.

Und wie reagiert der Oldesloer Bürgermeister Jörg Lembke?

Bürgermeister Jörg Lembke ist in dieser Sache mit der Linken auf einer Linie. Er rechnet mit maximal 50.000 Euro an Gewerbesteuereinnahmen je Jahr durch das Verteilzentrum. „Auch in Sachen Einkommenssteuer ist nicht viel zu erwarten. Viele werden von ihrem Lohn nicht leben können, werden aufstocken müssen und benötigen sozialen Wohnungsbau“, sagt Lembke. Das müsse dann die Stadt bezahlen.

Könnten die Stadtverordneten die Ansiedlung verhindern?

Nein. Jedenfalls nicht mehr zum jetzigen Zeitpunkt. Bebauungs- und Flächennutzungsplan für das neue Gewerbegebiet sind bereits aufgestellt. Darin ist auch geregelt, welche Art von Gewerbe sich dort ansiedeln darf. Der Bau eines Logistikzentrums wird nicht ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Gewerbeflächen privat durch eine vom Eigentümer gegründete Erschließungsgesellschaft verkauft werden. Daher haben weder die Stadtverordneten noch die Stadtverwaltung die Möglichkeit einer Intervention.

Anita Klahn (FDP): „Das Verteilzentrum wird entweder in Bad Oldesloe oder in einer Nachbarstadt kommen.“
Anita Klahn (FDP): „Das Verteilzentrum wird entweder in Bad Oldesloe oder in einer Nachbarstadt kommen.“ © HA | HA

Warum will sich Amazon in Bad Oldesloe ansiedeln?

Amazon investiert seit zwei Jahren massiv in den Aufbau eines eigenen Vertrieb-Netzwerkes. Deutschlandweit gibt es derzeit zwölf Logistikzentren, in denen die durch Amazon selbst angebotenen Waren gelagert werden. Hinzu kommen drei Sortier- und weitere neun Verteilzentren, in denen die bestellten Artikel von Lastwagen in kleinere Lieferwagen umgeladen und zum Endkunden transportiert werden. Mit Bad Oldesloe soll das Logistiknetzwerk weiter Richtung Norden ausgedehnt werden.

Was sagt die Oldesloer Wirtschaft zu dem Vorhaben?

„Grundsätzlich begrüßen wir die Neuansiedlung namhafter Unternehmen, weil damit auch ein sichtbares Signal gesendet wird, dass die Stadt Bad Oldesloe eine hohe Standortqualität bietet“, sagt der Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe, Holger Mahlke, auf Anfrage des Abendblattes. Für den örtlichen Einzelhandel sei die Ansiedlung eines regionalen Verteilzentrums von Amazon jedoch emotional sicher schwer zu ertragen, stehe der Amazon-Konzern doch sinnbildlich für den höchst ungleichen Wettbewerb zwischen Onlinehandel und klassischem Einzelhandel.

Welche Vorteile bringt die Ansiedlung für die Stadt?

Im geplanten Verteilzentrum in Stormarns Kreisstadt selbst sollen regulär 150, in der Hochsaison im Weihnachtsgeschäft weitere 100 Stellen entstehen. Zusätzlich werden Auslieferer benötigt. Die Stadtverwaltung rechnet mit bis zu 650 neuen Arbeitsplätzen. Stormarner Amazon-Kunden dürfen durch das Verteilzentrum vor der Haustür mit verkürzten Lieferzeiten rechnen. Unternehmenssprecherin Nadiya Lubnina sagt: „An allen unseren Standorten wollen wir ein guter Nachbar sein. Wir schaffen Arbeitsplätze und engagieren uns für gute Zwecke in der Gemeinde.“