Trittau. Die 9000-Einwohner-Gemeinde erlebt eine Offensive der Supermärkte. Größer, moderner, frischer, heißt die Devise im Kampf um die Kunden.

Heute eröffnet die Kaufmannsfamilie Süllau ihre neue Edeka-Filiale in Trittau. Auf dem Gelände der ehemaligen Meierei an der Kirchenstraße ist ein Shopping-Tempel entstanden, der den Vergleich mit Supermärkten in Großstädten nicht zu scheuen braucht: hochmodern, stylisch, barrierefrei, energieautark. Dieser Tag bedeutet zugleich den Auftakt zu einer Offensive der Handelsketten. Am 18. September wird Famila seine neue Dependance im Gewerbegebiet an der Großenseer Straße einweihen. Und auch die Discounter Aldi und Lidl haben bereits konkrete Expansionspläne in der Schublade.

Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch (l.) gratuliert Günter Süllau am Mittwochabend zur Eröffnung des neuen Edeka-Marktes. 
Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch (l.) gratuliert Günter Süllau am Mittwochabend zur Eröffnung des neuen Edeka-Marktes.  © HA | Lutz Kastendieck

Dabei ist die 9000 Einwohner zählende Gemeinde im Südosten Stormarns schon jetzt im Wortsinn bestens versorgt. Außer den bereits genannten Großmärkten sind zudem Penny sowie die Drogerieketten Budnikowsky und Rossmann mit Filialen in Trittau vertreten. „Doch bloße Präsenz genügt längst nicht mehr, um im Handel erfolgreich zu sein“, sagt Günter Süllau. Größer, moderner, frischer, heißt die Devise im Kampf um die Kunden. „Sie legen immer größeren Wert auf ein angenehmes Einkaufserlebnis“, so Süllau. Selbst dann, wenn es nur um Waren des täglichen Bedarfs geht. Da ist es eben nicht mehr Wurst, ob die Ware aus einem durchnässten Karton gezogen werden muss, nur weil mal wieder die Kühlung nicht durchgängig funktioniert hat.

Edeka vergrößert seine Verkaufsfläche deutlich

Und so überbieten sich die Lebensmittelgroßmärkte nun gegenseitig in einer massiven Aufrüstung ihrer Filialen. Statt 1450 bietet Edeka Süllau fortan 2800 Quadratmeter reine Verkaufsfläche. In einem architektonisch anspruchsvollen Gebäude errichtet, dessen Fassadengestaltung Elemente der alten Meierei aufgreift. „Wir fühlen uns der Geschichte des Ortes verpflichtet“, sagt Günter Süllau.

Auf dem Dach der neuen Filiale ist eine 4000 Quadratmeter umfassende Solaranlage installiert. Sie versorgt den Markt, aber auch die Ladestationen für E-Autos und E-Bikes mit Strom.
Auf dem Dach der neuen Filiale ist eine 4000 Quadratmeter umfassende Solaranlage installiert. Sie versorgt den Markt, aber auch die Ladestationen für E-Autos und E-Bikes mit Strom. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Ebenso wie ökologischen Aspekten. Auf dem Dach ist eine 4000 Quadratmeter große Solaranlage installiert. „Damit decken wir nicht nur unseren eigenen Energiebedarf. Wir speisen in der Tiefgarage auch etliche Tanksäulen für E-Autos und E-Bikes. Drinnen präsentiert sich der Markt, der aus dem Untergeschoss per Rollsteig erreicht wird, mit seinen breiteren Gängen deutlich großzügiger. An der Frischetheke gibt es fortan neben Fleisch, Wurst und Käse zudem Sushi und von Donnerstag bis Sonnabend frischen Fisch.

Edeka und Famila verdoppeln die Zahl ihrer Parkplätze

Überdies locken unter anderem ein Automat, an dem täglich Milch vom Niendorfer Hof selbst gezapft werden kann, ein Weinverkoster mit vier verschiedenen Sorten, eine Smoothie- und Saftbar sowie eine heiße Theke mit diversen Snacks.

Die neue Famila-Dependance an der Großenseer Straße soll am 18. September eröffnet werden.
Die neue Famila-Dependance an der Großenseer Straße soll am 18. September eröffnet werden. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Die neue Famila-Filiale für 11,5 Millionen Euro hat sogar 3950 Quadratmeter Verkaufsfläche und damit 1000 mehr als bisher. „Die Kunden dürfen sich auf ein völlig neues Einkaufserlebnis freuen“, sagt Marktleiterin Sonja Wachholz. Mit neuen Sortimenten, Selfscanning-Kassen und mehr Komfort beim Shoppen. Vor allem für Senioren. „Bei der Gestaltung des neuen Warenhauses wurde bewusst auf die Interessen von älteren Menschen und Menschen mit Behinderung geachtet“, sagt Wachholz. So gebe es etwa spezielle Einkaufswagen, eine Ruhezone mit Sitzgelegenheiten, eine behindertengerechte Toilette sowie viele Produkte in kleineren Portionsgrößen. „Und natürlich spezielle Parkplätze“, so Wachholz

Wie Parkplätze für die Steigerung des Umsatzes überhaupt eine signifikante Rolle spielen. Famila bietet mit 350 Stellplätzen doppelt so viele wie derzeit an der Filiale Nikolaus-Otto-Straße an. Edeka weist künftig 221 aus. Ein Großteil ist an beiden Standorten überdacht. Und Famila verweist auf eine Stellplatzbreite, die mit 2,80 Metern der deutlich gewachsenen Fahrzeuggröße vieler Kunden Rechnung trage.

Auch Aldi will Neubau auf den Weg bringen

Seine Parkfläche erweitern wird ebenso der Discounter Lidl an der Poststraße. Dazu wurde ein angrenzendes Grundstück erworben und das darauf befindliche Bestandsgebäude abgerissen. Dieses Schicksal droht nun auch der 1000 Quadratmeter umfassenden Filiale selbst. Obwohl erst im März dieses Jahres modernisiert und umstrukturiert, soll sie „in naher Zukunft durch einen modernen und zukunftsfähigen Neubau ersetzt werden“, so Lidl-Sprecherin Isabel Lehmann.

Einen Neubau will auch Aldi auf den Weg bringen. Dazu hat der Discounter den ehemaligen Edeka-Standort an der Schulstraße erworben. „Das Planungs- und Genehmigungsverfahren läuft bereits“, teilte Michael Strothoff auf Abendblatt-Anfrage mit. Mit einer Verkaufsfläche von rund 800 Quadratmetern und der Lage auf dem Hinterhof des Hotels Vorburg ist die bestehende Aldi-Dependance kaum noch konkurrenzfähig. Trotz einer Modernisierung im Vorjahr samt neuem Farb- und Lichtkonzept und einer beträchtlichen Sortimentserweiterung.

Altes Ortszentrum steht vor einem massiven Umbruch

Für Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch sind die Großmärkte die Flaggschiffe der Gemeinde. „Als Unterzentrum haben wir eine Nahversorgungsfunktion für die kleineren Dörfer im Amt“, sagt er. Es. gehe aber auch darum Kaufkraft aus dem Umland nach Trittau zu ziehen. „Das wiederum ist wichtig für den stationären Einzelhandel, der es ohnehin schwer hat“, so Mesch.

Ob die zumeist privat geführten Geschäfte zwischen den expandierenden Großmärkten aber nicht weiter aufgerieben werden, bleibt fraglich. Zumal Trittaus Haupteinkaufszone Poststraße/Europaplatz zum Flanieren nicht wirklich einlädt. Zwölf Stunden am Tag wälzt sich hier auch der überörtliche Fahrzeugverkehr hindurch, weil besagter Straßenzug Teil der Landesstraße 93 ist.

Bürgermeister mahnt Verkehrsberuhigung an

Von der Vision einer verkehrsberuhigten Fußgängerzone ist diese Passage momentan weiter entfernt denn je. „Wenn wir den Verkehr hier nicht beruhigen können, wird es schwierig, die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu steigern“, sagt Mesch. Das sei auch ein Problem für die rückwärtige Bebauung der Poststraße, an der etliche Häuser der Abrissbirne zum Opfer fielen. Womit das alte Trittauer Zentrum zugleich einen Teil seines Charmes eingebüßt hat.