Grosshansdorf. 105 Tiere gerettet. Gemeinde zahlt für die Betreuung, will sich das Geld aber wiederholen. Werden jetzt Vermisstenfälle geklärt?
Im Büro des Großhansdorfer Tierheims stapelt sich Katzenfutter in Dosen und Kunststoffverpackung – es sind Spenden für jene Vierbeiner, die am Mittwoch und Donnerstag aus einem Messie-Haus in der Waldgemeinde auf Anordnung der Kreisbehörde gerettet wurden (wir berichteten). Die 105 Katzen sind in einem halben Dutzend Heimen in Schleswig-Holstein und Hamburg untergekommen, 15 davon in Großhansdorf. Für alle Tiere zahlt die Gemeinde pro Tag 1050 Unterhalt. Hinzu kommen die Kosten für Impfung, Sterilisation und Schutzkleidung, die Rettungskräfte sowie Helfer bei ihren Einsätzen im mit Fäkalien übersäten Gebäude trugen.
Tiere stehen im Heim unter Quarantäne
„Das Geld werden wir uns wiederholen“, sagt Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß und fordert damit die Rückzahlung von den beiden Bewohnerinnen, einer 70-Jährigen und ihrer Tochter (50). Eine Veterinärin der Kreisbehörde hatte ihnen am Donnerstag vor Ort ein Tierhalteverbot auferlegt. Doch damit nicht genug: Auch Voß hat gehandelt und ein Nutzungsverbot für die Immobilie erlassen. „Wir gehen davon aus, dass die Ammoniakbelastung durch den Kot gesundheitsschädlich ist“, so der Verwaltungschef. Die beiden Frauen waren am Freitagmorgen nicht mehr auf dem vermüllten Areal zugegen. Wo sie sich derzeit aufhalten, weiß der Bürgermeister nicht. Familienmitglieder leben nach Abendblatt-Information in Hoisdorf. Das Grundstück ist an der Seite zur Sieker Landstraße mit einem weiß-roten Absperrband versehen. Bürgermeister Voß rechnet damit, dass sich die Frauen einen Anwalt nehmen und gegen seine Anweisung vorgehen.
Sie hatten bereits vor Jahren gegen eine Anordnung des Kreises, das Grundstück zu säubern, erfolgreich geklagt. Großhansdorfs Bürgermeister wird sich jetzt mit allen Fachbehörden zusammensetzen, um Zuständigkeiten abzusprechen. So könnte etwa ein Gutachten in Auftrag gegeben werden mit dem Ziel zu beweisen, dass das Haus abrissreif und nicht mehr zu retten ist.
Tierheim wirbt um finanzielle Unterstützung
Nachbarn beschweren sich seit Jahren über die Zustände bei der Gemeinde, riefen jetzt die Polizei, weil sie so viele Katzen auf dem Grundstück entdeckten. Daraufhin wurde die Kreisbehörde aktiv und veranlasste am Mittwoch einen Großeinsatz, bei dem auch die Feuerwehr half. Julia Specht vom Großhansdorfer Tierheim suchte in dem Haus ebenfalls nach den Vierbeinern und brachte sie in Transportboxen zu ihrer Arbeitsstätte. Dort stehen sie unter Quarantäne. Der Raum ist durch eine Schleuse erreichbar. Specht sagt: „Die Katzen sind verstört, allerdings gut genährt.“ Sie habe im Messie-Haus mehrere Trinkkrüge mit frischem Wasser entdeckt und reichlich Futter. Der schlechte Geruch in der Immobilie sei sehr intensiv gewesen, den vergesse sie nicht. „Die Damen haben wohl einfach den Überblick verloren“, so die Tierheimmitarbeiterin, die sich jetzt mit drei Kolleginnen um das Wohl der Neuankömmlinge kümmert.
Monika Ehlers, Vorstandsmitglied der Großhansdorfer Einrichtung, sagt allerdings auch über die Halterinnen: „Das war keine Tierliebe. Ich habe das Gefühl, dass alle Katzen eine Krankheit haben.“ Außerdem spekuliert sie auf Inzucht. „Die Tiere ignorieren bei uns die Katzentoiletten.“ Anfang der kommenden Woche startet ein Tierarzt mit den Untersuchungen. Diese sind nicht günstig. Das Kastrieren einer Katze kostet laut Julia Specht rund 150 Euro, jenes eines Katers 90 Euro. Hinzu kommt das Impfen mit bis zu 60 Euro. Das Tierheim wirbt auf seiner Homepage bei der Bevölkerung auch um finanzielle Unterstützung.
Acht Personen aus Umgebung vermissen ihre Katze
Die Vierbeiner sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt vermittelt werden. Zuerst versucht die Gemeinde, von den zwei Frauen eine Abtretungserklärung für die Katzen zu bekommen. Das Schriftstück haben sie am Donnerstag erhalten, laut Voß aber noch nicht unterschrieben.
Auf dem vermüllten Grundstück sind immer noch sogenannte Lebendfallen aufgestellt, denn womöglich halten sich dort weitere verstörte Tiere versteckt. Nachbarn schauen regelmäßig nach. Acht Personen aus der Umgebung haben sich beim Großhansdorfer Tierheim gemeldet, weil sie ihre Katze vermissen und vermuten, dass die Vierbeiner im Messie-Haus untergekommen waren.
Doch wie ist das herauszufinden? Wenn Katzen einen implantierten Chip haben und zudem beim deutschen Tierschutzbund gemeldet sind, können sie durch ein spezielles Zahlenlesegerät ihrem Halter zugeordnet werden. Über ein solches verfügt das Großhansdorfer Heim. Die Prüfung geht mit dem Tierarztbesuch nächste Woche einher.