Ahrensburg. Vertreter der Bahn im Umweltausschuss: Zu den sechs Meter hohen Mauern in Ahrensburg gibt es keine finanzierbaren Alternativen.
An sechs Meter hohen Lärmschutzwänden entlang der Bahnstrecke in der Ahrensburger Innenstadt führt kein Weg vorbei. Das haben Vertreter der Deutschen Bahn (DB) bei der Präsentation der Pläne zum Bau der S 4 und des Fehmarnbelttunnels im Umweltausschuss bekräftigt. „Die Wände sind für Wohngebiete die effektivste Lösung“, sagte Gutachter Bernd Burandt (Lairm Consult), „Wir gehen damit in das S-Bahn-Planfeststellungsverfahren.“
Grundlage sind dreidimensionale Rechenmodelle, in denen auch Daten zur Lage und Höhe von Gebäuden in den Computer eingegeben wurden. „Demnach gibt es in Ahrensburg rund 3600 Schutzfälle“, so Burandt. Ein Haus kann zwei Schutzfälle auslösen, wenn die Lärm-Grenzwerte sowohl tags (6 bis 22 Uhr) als auch nachts überschritten werden. Die Zahl der Schutzfälle ist allein in Ahrensburg (rund 34.600 Einwohner) fast genauso hoch wie im Kreis Ostholstein, wo die Strecke Puttgarden–Lübeck teilweise neu gebaut wird
Audio-Visualisierung lässt Züge durch den Saal donnern
Die Berechnungen ergaben, dass in der Innenstadt Wände mit sechs Metern und im Bereich Brauner Hirsch mit drei Metern aufgestellt werden sollten. „Damit sind 85 Prozent der Fälle zu lösen“, so Burandt. Übrig blieben 600 Fälle. In die Häuser müssten zusätzlich Schallschutzfenster und spezielle Lüftungen eingebaut werden. Sogenannte Flüsterbremsen, mit denen bereits 60 Prozent aller Güterwaggons ausgerüstet seien, und Schienenstegdämpfer („Die sind sehr teuer, haben ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis“) seien ergänzende Vorhaben mit weniger Effekt.
Der Experte nannte auf Nachfrage Vergleichszahlen: Bei fünf Meter hohem Lärmschutz steigt die Zahl der Schutzfälle auf 900, bei drei Metern wären es sogar 1700. Würde man an den Sichtachsen in der City 50 Meter lange Lücken lassen, kämen 170 Schutzfälle hinzu.
In einer Audio-Visualisierung ließ Janine Korczak, bei der DB Expertin für Lärmschutz und Erschütterungen, Güterzüge durch den Sitzungssaal im Peter-Rantzau-Haus donnern. Über die Lautsprecheranlage hörten Kommunalpolitiker und Gäste, wie Waggons mit 90 km/h klingen, wenn man 25 Meter neben den Gleisen steht: Ungefähr 90 Dezibel zeigt das Messgerät. Mit Flüsterbremsen sind es zehn Dezibel weniger, mit Lärmschutzwänden 30 Dezibel. „Es ist ganz signifikant, was Schallschutz bringt“, so Korczak.
Bei einem zweiten Treffen geht es um Naturschutz
Die Bahnvertreter machten noch einmal deutlich, dass Ahrensburg einzig wegen der neuen S-Bahn gesetzlichen Anspruch auf zusätzlichen Lärmschutz habe. „Zur Anbindung der Fehmarnbeltquerung gibt es nur ein Verfahren für Puttgarden bis Lübeck“, sagt Peter Mantik, Bahnsprecher für ebendiese Hinterlandanbindung und die S 4. In Stormarn gebe es kein Projekt, da sich an der Strecke selbst nichts verändere.
Tatsächlich erwartet das Bundesverkehrsministerium auf den Gleisen Hamburg–Lübeck im Jahr 2025 täglich 121 Güterzüge (ein Drittel nachts), momentan sind es weniger als 40. Hinzu kommen 74 Nahverkehrszüge (zehn nachts) und 19 Fernverkehrszüge (drei nachts). Andere Gutachter gehen für den stark frequentierten Abschnitt Hamburg-Hauptbahnhof–Ahrensburg von 172 Nahverkehrszügen aus.
Christian Schmidt (Grüne) kritisiert die Argumentation
„Es ist nicht nachvollziehbar, dass es in Ostholstein ein Verfahren zum Lärmschutz gibt und in Stormarn nicht, obwohl hier sogar noch mehr Züge fahren“, sagte Christian Schmidt (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses. Die Argumentation aus rein rechtlicher Sicht lasse sich Tausenden Anwohnern nur schwer vermitteln.
Für die Strecke von Fehmarn bis Lübeck wurde sogar ein Forderungskatalog für übergesetzlichen Lärmschutz erstellt, der im April ans Bundesverkehrsministerium übergeben wurde. „Ostholstein ist gerade noch in das Programm reingerutscht“, so Peter Mantik. Die Entscheidung liege beim Bundestag.
Der Stadtverordnete Christian Schmidt hofft nun, dass Stormarn ebenfalls mehr erreichen kann. „Von Ahrensburg über Bargteheide bis Bad Oldesloe und in den Kreistag tut sich gerade etwas, da sollten wir geschlossen auftreten“, sagt er. Eine von Bürgermeister Michael Sarach schon vor Jahren vorgeschlagene Troglösung scheint allerdings unrealistisch. „Dafür müsste die Strecke über Kilometer abgesenkt und der Bahnhof sieben Meter unter die Erde verlegt werden“, sagt Bahnsprecher Mantik. Das sei nicht finanzierbar.
Überholgleis am Ahrensburger Bahnhof soll verlängert werden
Wegen der neuen XXL-Güterzüge – sie sind 835 statt jetzt 740 Meter lang – soll auch das Überholgleis am Ahrensburger Bahnhof verlängert werden. Dem Vorschlag, es nach außerhalb in Richtung Delingsdorf/Bargteheide zu verlegen, wurden aus Kostengründen wenig Chancen eingeräumt. Die DB-Vertreter zeigten sich optimistisch, dass die S-Bahn trotz Klageandrohung einer Bürgerinitiative im Dezember 2027 erstmals fährt. „Das Horrorszenario von Hunderten Enteignungen wird nicht kommen“, so Peter Mantik. Fast alle Flächen gehörten der Stadt oder der Bahn.
Bei einem weiteren Treffen im Umweltausschuss soll es um Naturschutz und das Ahrensburger Tunneltal gehen.