Ahrensburg. Politiker und Verwaltungsmitarbeiter aus den betroffenen Städten und Gemeinden entlang der Bahnstrecke sollen sich zusammenschließen.

Die Städte und Gemeinden an der Bahnstrecke Hamburg–Lübeck sollen jetzt gemeinsam für einen besseren Lärmschutz kämpfen. Der Verkehrsausschuss des Kreises wird zu diesem Zweck einen Arbeitskreis gründen, dem Politiker und Verwaltungsmitarbeiter aller betroffenen Kommunen und des Kreises angehören sollen. Ziel ist es, die Forderungen aus den einzelnen Orten zu bündeln, gemeinsame Anträge zu stellen und deren Umsetzung zu kontrollieren.

Einen entsprechenden Antrag will die CDU-Kreistagsfraktion in der nächsten Sitzung am Montag, 24. Juni, stellen. Dass er beschlossen wird, scheint sicher. Denn SPD und Grüne signalisieren bereits ihre Zustimmung. „Unsere Hoffnung ist, dass wir die Deutsche Bahn mit gebündelter Kraft beeindrucken und uns so mehr Gehör verschaffen“, sagt Gesa Dunkelgut (CDU), stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses.

Rund 320 Züge werden später täglich durch Stormarn fahren

„Unsere Hoffnung ist, dass wir die Deutsche Bahn mit gebündelter Kraft beeindrucken und uns so mehr Gehör verschaffen“, sagt Gesa Dunkelgut (CDU), Kreistagsabgeordnete aus Reinfeld.
„Unsere Hoffnung ist, dass wir die Deutsche Bahn mit gebündelter Kraft beeindrucken und uns so mehr Gehör verschaffen“, sagt Gesa Dunkelgut (CDU), Kreistagsabgeordnete aus Reinfeld. © HA | Jürgen Müller

Wenn der Fehmarnbelttunnel in voraussichtlich zehn Jahren fertiggestellt ist, sollen laut Prognosen täglich rund 320 Züge durch den Kreis Stormarn rollen, darunter bis zu 120 XXL-Güterzüge mit bis zu 835 Meter Länge. Trotz des starken Verkehrsanstiegs lehnt die Bahn zusätzlichen Lärmschutz an der Trasse vehement ab – das machten Vertreter Ende April im Kreisverkehrsausschuss noch einmal deutlich. Der Grund ist, dass keine neuen Gleisanlagen gebaut werden. „Es kann nicht sein, dass plötzlich kein Geld mehr da ist, um die Menschen rechts und links der Bahnstrecke zu schützen“, sagt Dunkelgut.

„Bei der Sitzung wurden viele Fakten genannt, die uns Politikern in dieser Härte bis dahin nicht bewusst waren“, sagt Wiebke Garling-Witt (Grüne), Kreistagsabgeordnete aus Bargteheide. „Wir haben daraus das Fazit gezogen, dass da etwas auf Stormarn zukommt, um das wir uns jetzt gemeinsam und intensiv kümmern müssen.“ In Bargteheide habe die Verwaltung bereits den Auftrag bekommen, die Auswirkungen der festen Fehmarnbeltquerung auf die Stadt genau zu prüfen. Zudem soll sie mit Hilfe des Kreises beim Bund übergesetzlichen Lärmschutz einfordern.

Etwas anders sieht die Situation in Ahrensburg aus. Durch den Neubau der S 4 hat die Stadt Anspruch auf zusätzlichen Lärmschutz, den die Bahn nach derzeitigem Stand mit bis zu sechs Meter hohen Wänden erfüllen will. Andere Optionen, etwa eine Tieferlegung der Gleise in eine Art Trog, lehnt der Konzern bislang ab. Bürgermeister Michael Sarach fordert daher schon länger: „Um erfolgreich zu sein, müssen wir nach dem Vorbild der Ostseebäder in Ostholstein alle an einem Strang ziehen.“

Bahn lässt Kommunen auf Antwort warten

Für Christian Schmidt (Grüne), Stadtverordneter und Vorsitzender des zuständigen Umweltausschusses, steht außer Frage, dass sich Ahrensburg an dem Arbeitskreis aktiv beteiligen wird. Er sagt: „Es ist besser, das Vorgehen zu koordinieren, als dass jede Kommune für sich allein werkelt.“ Auch die Außenwirkung sei eine ganz andere.

Dass in Stormarn bisher keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen umgesetzt wurden, liege nicht an den Verwaltungen oder den Politikern in den Kommunen, betont Kirstin Krochmann, Sprecherin der CDU-Kreistagsfraktion. „Dort wurden und werden Anträge gestellt und Gespräche gesucht.“ Von der Deutschen Bahn gebe es aber keinerlei Antworten. Sie spricht von einem „Nicht-Zuständigkeits-Ping-Pong“, das der Konzern mit den Kommunen spiele. Die Folge sei, dass Politiker und Verwaltungsmitarbeiter immer wieder bei Null anfangen müssten. Dabei gehe es um Anträge, die verschärften Lärm-Grenzwerte durch Schutzmaßnahmen einzuhalten, sagt Dunkelgut. In ihrer Heimatstadt Reinfeld habe es dafür extra einen Ortstermin mit der Bahn gegeben. „Doch danach ist einfach nichts passiert. Das können wir nicht weiter hinnehmen.“

Politiker schlägt Deckel über Ahrensburgs Bahngleisen vor

Das kritisiert auch Reinhard Niegengerd. „Mit dem bisherigen Verhalten der Bahn bin ich überhaupt nicht zufrieden. Wir müssen mehr Druck machen“, sagt der Großhansdorfer, der für die SPD im Kreistag und im Verkehrsausschuss sitzt. Er wünscht sich zudem, dass noch einmal intensiver über alternative Streckenführungen diskutiert wird. Gesa Dunkelgut fordert, dass die reinen Transitzüge über Büchen und Lüneburg geführt werden, um den Kreis Stormarn zu entlasten. „Die Strecke hier ist schon so stark ausgelastet, dass zusätzliche Züge nur noch nachts fahren könnten.“ Sie hat hochgerechnet, dass dadurch bis zu drei Stunden mehr nächtlicher Bahnlärm entstehen würde. Diese erhebliche Mehrbelastung für etwa 100.000 Stormarner sei nicht hinnehmbar.

Für die Lärmschutz-Problematik in Ahrensburg hat der Großhansdorfer Reinhard Niegengerd einen Vorschlag: Nach dem Vorbild der Hamburger Deckel an der A 7 könnten die Bahngleise im Ahrensburger Stadtgebiet in einem Lärmschutztunnel verschwinden, sagt der Bauingenieur. „So könnte das Ganze vielleicht etwas hübscher gestaltet werden als mit den meterhohen Lärmschutzwänden.“

Züge im Fünf-Minuten-Takt

Bald wird alle fünf Minuten ein Zug durch Stormarn fahren. Zu diesem Ergebnis kommen Gutachter, die für die Realisierungsstudie zur Ahrensburger Südtangente auch den Bahnverkehr analysiert haben. Die Experten rechnen mit 173 Nahverkehrszügen (aktuell 124), 121 Güterzügen (36) und 22 Fernzügen (16). Das entspricht einem Plus von 80 Prozent. Die Zahl der Züge würde sich von derzeit 176 auf 316 pro Tag erhöhen. Lärmschutzmaßnahmen sieht die Deutsche Bahn bislang aber nur für den Neubau der S 4 vor. Deren Inbetriebnahme ist für 2027 geplant. Zuvor werden zwei neue Gleise von Hamburg-Hasselbrook bis Ahrensburg gebaut. Auf elf Kilometer Länge sollen für 30 Millionen Euro Lärmschutzwände errichtet werden.