Glinde . Marcus Kopplin, Betriebsleiter des Lieegenschaftsmanagements auf Sylt, stellte auf Einladung der FDP alternatives Insel-Modell vor.

Dass Sylt, die Nordseeinsel der Reichen und Schönen, und Glinde sich eine große Gemeinsamkeit teilen, klingt erst mal eher unglaubwürdig. Ist aber dennoch wahr: hier wie dort fehlt es an Wohnungen zu fairen Preisen für die Mieter. Ein Problem, dass beide Kommunen seit Jahren kennen und alle beschäftigt, die vergeblich nach für sie bezahlbarem Wohnraum Ausschau halten. Auf der Suche nach möglichen Lösungen, hatten die Glinder Freidemokraten am Dienstag Marcus Kopplin eingeladen. Der leitet auf Sylt das Kommunale Liegenschafts-Management (KLM), einen Eigenbetrieb der Nordseeinsel – und Sylts Versuch, den akuten Mangel an Wohnungen, die sich auch untere und mittlere Einkommensschichten leisten können, zu beheben.

Wie sehr das Thema in Glinde auf den Nägeln brennt, lässt sich auch daran ablesen, dass Vertreter aller Parteien zu dem nachmittäglichen Vortrag gekommen waren. Vielleicht auch, weil sie sich wertvollen Input für die Sitzung des Bauausschusses erhofften, die am Mittwoch, 5. Juni, um 19 Uhr im Bürgerhaus Glinde, Markt 4, beginnt. Behandelt wird dann auch ein Antrag der Grünen, mit dem sie erreichen möchten, dass geprüft wird, ob mit der Gründung einer stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft das Problem in den Griff zu bekommen wäre.

Marcus Kopplin, Leiter des Sylter Eigenbetriebs Kommunales Liegenschaftsmanagement, beim Liberalen Dialog in Glinde
Marcus Kopplin, Leiter des Sylter Eigenbetriebs Kommunales Liegenschaftsmanagement, beim Liberalen Dialog in Glinde © HA | Katharina Geßler

Pleite der Neuen Heimat gab den Anstoß

Dass sich die Sylter Politik entschied, den Eigenbetrieb KLM zu gründen, hängt mit der Pleite der Neuen Heimat zusammen. Das Wohnungsunternehmen, das dem Deutschen Gewerkschaftsbund gehörte und in den 80er-Jahren spektakulär in die Knie ging, besaß allein auf der Nordseeinsel 600 Wohnungen. Die habe schließlich die Gemeinde gekauft, erzählte Kopplin. Zeitweilig sei überlegt worden, diesen Bestand an eine Genossenschaft zu übergeben. Doch allen Parteien sei wichtig gewesen, Einfluss auf die Entwicklung des Wohnungsmarktes nehmen zu können. Deshalb sei 2001 der Eigenbetrieb gegründet worden. Nach deutschem Recht handelt es sich dabei um die Organisationsform eines kommunalen Unternehmens. Der Eigenbetrieb ist eine besondere öffentlich-rechtliche Unternehmensform auf der Grundlage der Gemeindeordnungen in den jeweiligen Bundesländern. Das entsprechende Pendant auf Landesebene ist der Landesbetrieb.

Sylter Manager rät Glinde zur Gründung eines Eigenbetriebs

Aktuell gehören zum Bestand des Sylter KLM 1100 Wohnungen. Zwei Drittel sind geförderte, ein Drittel frei finanzierte Wohnungen. Im Gegensatz zu privaten Finanzinvestoren verfolge sein Betrieb ein Geschäftsmodell, das auf nachhaltige Miet- und Instandhaltungspolitik sowie langfristiges Engagement setze. Nach Auskunft Kopplins hängt davon nicht weniger ab als die Zukunft Sylts. Denn wenn sich nur noch Reiche und Betuchte Leben und Wohnen auf der Insel leisten könnten, fehlten irgendwann all die, die für eine funktionierendes Gemeinwesen unerlässlich sind: z. B. Handwerker, Hotel- und Gaststättenmitarbeiter, aber auch Ärzte oder Lehrer. „Unser grundlegendes Ziel ist es, einen Beitrag für den Erhalt und die Stärkung der gesellschaftlichen Strukturen zu leisten“, sagt Kopplin: „Sylt muss nicht nur für unsere Gäste, sondern auch für die Einwohner attraktiv sein.“

Platz für Neubauten? „Finden Sie, seien Sie sicher!“

Ebenso wie in Glinde hat Kopplin auch auf Sylt damit zu kämpfen, dass die Flächen, die bebaut werden können, begrenzt sind. Um das zu lösen, reißt das KLM einen Teil der Siedlungen mit viel Platz zwischen den Häuserzeilen ab, die früher zur Neuen Heimat gehörten. Marcus Kopplin ist überzeugt, dass es auch in Glinde noch Platz für Neubauten gibt: „Sie werden Flächen finden, seien sie sicher!“ Man müsse nur ganz genau hinsehen, sagt er – und ebenfalls einen Eigenbetrieb gründen: „Wenn Sie Einfluss nehmen wollen, geht es nicht anders.“