Basthorst. Vater Enno hat das Unternehmen 35 Jahre geleitet, will aber noch weiter mitarbeiten. Mutter Vicky Leandros passt auf die Enkel auf.
Zwei Männer in grünen Latzhosen stehen am Tor, blicken hoch, nicken zur Begrüßung und widmen sich wieder ihrer Arbeit. Geschäftig, aber nicht hektisch. Kein Schnickschnack, kein Stadtlärm, keine Geste und kein Wort zu viel. Willkommen auf Gut Basthorst, das jetzt eine neue Herrin hat.
Sie heißt Milana Freifrau von Ruffin, ist die älteste Tochter des ehemaligen Gutsherren Enno Freiherr von Ruffin (65) und seiner Ex-Frau Vicky Leandros. Und sie bringt, trotz adliger Abstammung und internationaler Ausbildung, für ihre neue Aufgabe den norddeutschen Charme der grünen Latzhose mit. Auch wenn sie für gewöhnlich zu feinerem Zwirn greift – heute etwa eine schmucke Kombination aus Karo-Blazer, -Weste und -Schal.
Das Anwesen ist 600 Hektar groß
Bereits vor einem Jahr hat die 34-Jährige das Gut von ihrem Vater übernommen. Damit führt sie das 600 Hektar große Anwesen, das sich in den letzten Jahrzehnten zu einem mittelständischen Unternehmen gemausert hat (siehe nebenstehender Text rechts), jetzt in der 13. Generation. Eine große Sache haben die beiden damals aus dem Wechsel an der Spitze nicht gemacht. „Das ist ein fließender Übergang“, sagt Milana von Ruffin. Vater und Tochter teilen sich übergangsweise die Arbeit.
Der Hausherr, der die Geschicke des Gutes mit 29 Jahren übernahm, hat noch immer ein Auge auf den landwirtschaftlichen Teil des Betriebs. Tochter Milana erneuert vor allem Arbeitsprozesse in Restaurant und Hotel und kümmert sich um Veranstaltungen und Konzerte.
Dass die 34-Jährige das Gut irgendwann übernehmen wird, sei schon früh klar gewesen, sagt sie. In der sogenannten Höfeordnung ist geregelt, dass nur eines der Kinder den landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen kann. Ihre jüngere Schwester Sandra, die heute als Schauspielerin arbeitet, hatte sich beruflich mehr für künstlerische Themen interessiert. Milana selbst konnte sich mit der Gutsübernahme immer besser anfreunden. „Das ist eine unausgesprochene Verantwortung, die man übernimmt“, sagt Ruffin.
„Bevor es zurück nach Basthorst gehen sollte, wollte ich aber noch etwas von der Welt sehen.“ Also hat sie Internationale Beziehungen in England studiert und dann Agrarwissenschaft in Göttingen und an der kalifornischen Universität Berkeley sowie ein Trainee-Programm bei der Europäischen Kommission absolviert.
Es folgten sechs Jahre bei der Hamburger Niederlassung der Unternehmensberatung McKinsey, in die die Geburten von drei Jungen fielen, die heute fünf, drei und ein Jahr alt sind. Seit die Kinder da sind, wohnt sie mit ihrem Ehemann Léon von Brasch auf Gut Basthorst. „Eine Familienentscheidung“, sagt sie. Eine Entscheidung gegen anstrengenden Treppenhäuser, für Platz, frische Luft und die Nähe zur Verwandtschaft.
Mutter Vicky Leandros hat eine Wohnung auf dem Gut
Nicht nur Vater Enno lebt auf dem Gut. Auch Mutter Vicky Leandros hat hier eine Wohnung. Der Schlagerstar passe auf die Kinder auf, koche und stehe mit Tat und Rat zur Seite, sagt von Ruffin. „Wir haben eine sehr enge Beziehung.“ Ihre Mutter sei ihr in vielen Dingen Vorbild. Von Ruffin: „Sie ist eine sehr starke Frau.“
Mittlerweile sieht sich Milana von Ruffin in ihrer neuen Rolle gut angekommen. Probleme als Frau in der Landwirtschaft ernst genommen zu werden, habe sie nicht. Von Ruffin lacht: „Es kommt schon mal vor, dass jemand den Chef sprechen will“, sagt sie, „aber das bringt mich nicht aus der Ruhe. Es gibt immer mehr Frauen, die Betriebe allein oder mit ihren Männern zusammen leiten.“
Viel Zeit für Hobbys bleibt ihr momentan nicht
Trotz der ruhigen Lage am Rande der Großstadt – viel Zeit zum Durchatmen bleibt der neuen Gutsherrin nicht. Die Leitung des Gutes ist ein Fulltime-Job. „Wenn die Kinder im Bett sind, arbeiten wir meistens noch weiter“, sagt von Ruffin. Viel Zeit für Hobbys bleibe derzeit also nicht. Für Nino Haratischwilis „Das achte Leben“ – ein 1281 Seiten umfassendes Familienepos, das auf ihrem Nachtisch liegt – bleibt also kaum Zeit. Auch das Tennisspielen und weite Reisen stehen derzeit hinten an. „Dafür habe ich eine tolle Familie und eine tolle Arbeit“, sagt sie. Auch mit Blick auf die eigenen Erfahrungen aus Brüssel und Hamburg. „Ich sitze jetzt zwar auch im Büro, habe aber viel mehr Freiheiten.“ Zudem fühle sie sich auf dem Gut in einer Gemeinschaft aufgehoben und mit der Natur verbunden. „Wer wie wir als Landwirt abhängig vom Wetter ist, lernt demütig zu sein.“ Grüne Latzhose halt.
+++ Info: Das ist das Gut Basthorst +++
Seit 800 Jahren wird auf Gut Basthorst im Kreis Herzogtum Lauenburg landwirtschaftlich gearbeitet. Heute ist der Betrieb zu einem Familienunternehmen mit rund 50 Mitarbeitern angewachsen, das Milana von Ruffin jetzt in der 13. Generation führt.
Zum Konzept gehören neben Forst- und Landwirtschaft auch der Betrieb von Hotel- und Ferienwohnungen, eines Restaurants und die Vermietung von Festsälen zu Hochzeiten und Tagungen. Außerdem werden Feste, Sportveranstaltungen und Konzerte ausgerichtet.
600 Hektar umfasst das Gut, in einigen der über 30 Gebäude haben auch andere Unternehmer eine Heimat gefunden: unter anderem ein Büchsenmacher, ein Antiquitätenhändler und eine Schnaps-Brennerei. Sie stellen vor Ort her und bieten hier auch ihre Waren an.
Noch bis zum 5. Mai ist Frühjahrsmarkt auf Gut Basthorst: Kunsthandwerker und Händler sind zu Gast. Unter anderem gibt es dazu Livemusik, Kinderkarussell und Reitponys. Kinder zahlen keinen Eintritt, Erwachsene (über 16 J.) 3,- (Do+Fr) oder 6,- Euro (Sa+So).