Bargteheide/Braak/Siek. Warme Frühlingstage lösen großen Andrang in den Gärtnereien aus. Ein Trend in diesem Jahr sind insektenfreundliche Blumen und Pflanzen.
Etliche Stormarner haben es vermutlich bemerkt: Die Sonnenstrahlen erregen die Zirbeldrüse im Zwischenhirn, die wiederum die Bildung des Schlafhormons Melatonin reduziert. Anders ausgedrückt: Das erste durchgehend warme Frühlingswochenende sorgte für viele wache und glückliche Gesichter. Und für volle Gärtnereien.
„Guck mal, Mama, wie schön die sind!“ Die achtjährige Alessa hält einen Topf mit lila-weißen Hornveilchen in der Hand. Die gibt es in der Landgärtnerei Beier in Siek derzeit zu Hunderten, in allen möglichen Farben. Alessas Mutter Isabell Vincks hat eine rosablühende Kamelie im Visier. Gemeinsam mit der Tochter und Ehemann Thorsten ist die Lütjenseerin auf der Suche nach Pflanzen für die Terrasse.
„Wir sind leider nicht sehr entscheidungsfreudig“, sagt Thorsten Vincks lachend. „Das ist wie beim Möbelkauf.“ Einig sind sich die drei aber darüber, dass es bunt werden darf. „Wir haben kein strenges Farbmotto“, sagt Isabell Vincks, die auch nach Aufhängevorrichtungen und Übertöpfen Ausschau hält.
Heutzutage sind die Kunden mutiger
Gärtnereichef Olaf Beier freut sich, dass das breite Sortiment gut angenommen wird. „Früher wurden um diese Zeit überwiegend Hornveilchen und Stiefmütterchen nachgefragt. Heutzutage sind die Kunden mutiger und probieren auch Neues aus.“ Für Sommerblüher sei es jedoch zu früh. „Die frieren, wenn es draußen nicht konstant mindestens 13 Grad hat“, so der Experte.
Wie gut, dass es die Primeln gibt. Die meisten Arten nehmen auch Spätfröste nicht übel. „Davon nehmen wir auf jeden Fall eine Kiste mit“, sagt Regina Beier aus Hamburg, die mit Olaf Beier weder verschwägert noch verwandt ist. In der Gärtnerei fühlt sie sich trotzdem wie zu Hause. „Die Atmosphäre ist toll, und den Pflanzen geht es augenscheinlich sehr gut“, sagt Regina Beiers Ehemann
Im vergangenen Sommer sind vielerorts Pflanzen vertrocknet
Für Jenny und Armin Knaffel ist die Gartenarbeit weitgehend Neuland. Vor einem Jahr sind sie nach Delingsdorf gezogen. Jetzt besorgen sie in der Bargteheider Gärtnerei von Jörn Andresen die ersten Pflanzen für ihre neue Terrasse. Das Paar hat sich für Zwerg-Rhododendron, Sommerflieder und Azaleen entschieden. „Es macht Spaß, sich inspirieren zu lassen“, sagt Jenny Knaffel.
Überall dort, wo es auf dem 10.000 Quadratmeter großen Verkaufsgelände bereits blüht, summt es auch. „Bienenfreundlichkeit ist ein absolut positiver Trend in diesem Jahr“, sagt Jörn Andresen. Fast jeder Kunde frage explizit nach Pflanzen, die Bienen, Hummeln und Schmetterlinge anziehen.
Ungefüllte Blüten sind leichter in der Pflege
„Idealerweise blüht ein Garten das ganze Jahr“, sagt Andresen. Er rät daher, beim Kauf auf unterschiedliche Blühzeiten zu achten. „Zudem sollten die Blüten ungefüllt sein. Nur dann haben die Insekten quasi freien Zutritt zu Nektar und Pollen.“ Außerdem seien Pflanzen mit ungefüllten Blüten nicht überzüchtet und daher häufig robuster und pflegeleichter.
Pflegeleicht soll auch der Garten von Brigitte und Hartmut Sass aus Ahrensburg sein. Seit 30 Jahren hegt das Paar die 300 Quadratmeter große Fläche, die sich im Lauf der Zeit immer wieder verändert hat. „Zuerst war der Garten Spielplatz für die Kinder“, sagt Brigitte Sass. Die sind mittlerweile groß und ausgezogen. „Jetzt ist er zu unserer Oase geworden.“
Bei Baumschulen Riechers in Braak suchen sie dafür nun grünen Nachwuchs. Besonders angetan ist die leidenschaftliche Hobbygärtnerin von Cornus Controversa Variegata. Der kegelförmig wachsende Laubbaum blüht in cremeweiß, die grünweißen Blätter leuchten im Herbst orange. „Na, mal sehen“, sagt Hartmut Sass. Doch der Ehemann weiß: Wenn seine Frau sich so verguckt hat, hat er nahezu keine Chance, Nein zu sagen.
Beim Pflanzenkauf gibt es oft eine klare Rollenverteilung
Laut Christian Böhlje, Betriebsleiter bei Riechers, ist das eine häufige Rollenaufteilung beim Pflanzenkauf: Die Frau entscheidet, der Mann stimmt zu. Böhlje schmunzelt und sagt weiter: „Viele Kunden kaufen nach dem vergangenen trockenen Sommer Ersatz für eingegangene Pflanzen. Der eine oder andere nutzt das, um vom Altbewährten auf Neues umzuschwenken.“ Statt der Thujahecke wachse dann beispielsweise Liguster. Auch der ist bienenfreundlich und passt zum Naturnah-Trend, den alle drei Gärtnereien bestätigen.
Tipps von Experten:
Als Bienen-Magnete gelten unter anderem Spitzwegerich, Akelei, Mädesüß, Wilde Malve, Echter Salbei, Blutweiderich, Kornblume, Minzen, Zitronenmelisse, Vogelkirsche, Schwarzer Holunder, heimische Rosen und Wildkräuter. Je wilder, desto besser: Hochgezüchtete Pflanzen mit gefüllten Blüten bieten Schmetterling & Co. nur wenig bis keine Nahrung. Einfache Wildformen dagegen umso mehr. Häufig duften die Pflanzen intensiver und sind weniger anfällig für Krankheiten.
Um Gehölze zu pflanzen, ist das Frühjahr perfekt: Das Pflanzloch sollte doppelt so breit und tief wie der Wurzelballen sein. Gehölz einsetzen, Loch zuschütten, in die obere Schicht etwas Kompost einarbeiten. Erde leicht antreten, gut angießen. Größere Pflanzen benötigen einen Stützpfahl. Vögel und Insekten freuen sich folgende Gehölze: Gemeiner Schneeball, Schlehe, Felsenbirne, Kornelkirsche, Berberitze.
Der Rasen verdient eine besondere Frühjahrskur. Nach einem ersten Schnitt kommt durch gründliches Rechen wieder Luft an die Graswurzeln. Wer zum Vertikutierer greift, sollte die Grasnarbe nicht zu tief (maximal drei Millimeter) einritzen. Wenn nötig, kann gleich nachgesät werden. Mineralischer Dünger gibt den einzelnen Graspflanzen zusätzliche Kraft für die kommende Gartensaison. Reifer Kompost sorgt im Frühjahr für den ersten Wachstumsschub bei Pflanzen. Dafür wird er nur flach mit Harke oder Kultivator in die Beete eingearbeitet. Vorsicht: Moorbeetpflanzen wie Rhododendren und Azaleen mögen den Naturdünger nicht