Grosshansdorf. Rund 80 Bürger kommen, fordern von Stapelfelder Betreiber konkrete Zahlen. Großhansdorf will bei Genehmigung mitsprechen.

Welche Auswirkungen hat der Neubau der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld mit einer zusätzlichen Klärschlammverbrennung auf Großhansdorf? Das ist die Frage, die die Bürger bei der Einwohnerversammlung in der Waldgemeinde umtrieb. Rund 80 waren erschienen, um dem Betreiber, der Firma EEW Energy from Waste, auf den Zahn zu fühlen. Zum Teil waren es dieselben Menschen, die dem Unternehmen schon auf vorherigen Veranstaltungen ähnliche Fragen gestellt hatten oder ihr Rederecht zu Statements gegen die Anlage nutzten. Die Antwort, um wie viel sich der Schadstoffausstoß durch die Klärschlammverbrennung erhöhen werde, blieb das Unternehmen allerdings auch an diesem Abend schuldig.

Geschäftsführer Morten Holpert sagte: „Wir betreten mit dieser Anlage Neuland. Darum gibt es noch keine Zahlen.“ Jedoch hätten Vertreter des Unternehmens vergleichbare Anlagen in Hamburg und Kopenhagen besucht. Auf Abendblatt-Anfrage hieß es, dass die Planung der Rauchgasreinigung kurz vor dem Abschluss stehe, entsprechende Daten bis zur nächsten Einwohnerversammlung am 15. März in Stapelfeld nachgereicht werden. Sprecher Ronald Philipp: „An den Emissionswerten dieser Anlagen orientieren wir uns.“

Anlage soll Region Entsorgungssicherheit geben

Baubeginn für die neue Anlage soll noch in diesem Jahr sein.
Baubeginn für die neue Anlage soll noch in diesem Jahr sein. © EEW Energie from Waste,EEW Energie from Waste | EEW Energie from Waste,EEW Energie from Waste

Dabei bemühte sich die Unternehmensführung, auch die Vorteile der neuen Anlage herauszustellen, nachdem die Müllverbrennungsanlage 2013 vor dem Aus gestanden hatte. Projektleiter Holger Heinig sagte: „Wir bieten langfristige Entsorgungssicherheit für die Region, 70 Arbeitsplätze, Strom und Fernwärme für Stapelfeld und den Hamburger Nordosten.“ Außerdem sei ein Parallelbetrieb von alter und neuer Müllverbrennung nur für wenige Monate geplant, versprach Heinig.

Kollege Holpert räumte ein, dass der Klärschlamm, dessen Überreste durch einen gemeinsamen Schornstein entweichen, zu bisherigen Mengen hinzukomme. Auf Fragen, ob es diesen Bedarf überhaupt gebe, sagte er: „Seit diesem Jahr ist die Verwendung von Klärschlamm als Dünger gesetzlich eingeschränkt.“ Um zum Beispiel eine Belastung der Felder zu vermeiden, müsse er verbrannt werden. In Stapelfeld könnte das Unternehmen etwa 50 Prozent des in Schleswig-Holstein anfallenden Klärschlamms entsorgen. Zu viel, wie einige Bürger finden.

Schadstoffausstoß durch Klärschlamm noch unklar

Obwohl andere Betreiber ähnliche Anlagen planen, will EEW selbst noch zwei weitere in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bauen. Umstritten ist weiterhin die Höhe des Schornsteins. Sie soll künftig nur noch 63 statt bisher 110 Meter betragen. Holger Heinig: „Das entspricht den gesetzlichen Vorgaben.“ Ein Bürger: „Dadurch kommt im unmittelbaren Umfeld jedoch mehr herunter.“ Das bestätigt Geschäftsführer Holpert. „Aber auch weniger bei Ihnen in Großhansdorf an.“ Die Gemeinde liege in fünf Kilometer Entfernung außerhalb des Bereichs, für den eine Belastung erwartet werde. Repräsentative Messungen noch ohne die Klärschlammverbrennung hätten „keinerlei Auffälligkeiten“ in der näheren Umgebung der Anlage ergeben.

Uwe Eichelberg, ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter und Bürgervorsteher von Großhansdorf, zeigte sich unzufrieden mit den Ausführungen. Er sagte: „Sie können mir nicht erzählen, dass die Auswirkung der zusätzlichen Anlage null ist.“ Mehrere Bürger klatschten. Dazu versprach Projektleiter Heinig: „Die Werte bleiben aber im für die Umwelt irrelevanten Bereich.“ Einige Bürger fürchten zudem eine Belastung mit giftigen Dioxinen. Damit habe es in den 1980er-Jahren noch vor der Nachrüstung der Anlage Probleme gegeben. Geschäftsführer Holpert sagt: „Damals war die Anlage noch nicht in unserer Hand.“ Sie gehörte der Hansestadt Hamburg und den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Auf Abendblatt-Anfrage sagte das Unternehmen am Freitag: „Wir haben bei der Genehmigungsbehörde nachgefragt, dort sind keine entsprechenden Vorfälle bekannt.“

Großhansdorf will Genehmigung kritisch begleiten

Großhansdorfs Bürgermeister versprach im Anschluss an den EEW-Vortrag, weitere Fragen der Bürger zu sammeln und an das Unternehmen weiterzuleiten. Während noch unklar ist, wann genau und wo die Pläne des Unternehmens öffentlich ausgelegt werden, hat der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde jüngst mit den Stimmen aller Parteien beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass die Gemeinde als Träger öffentlicher Belange in dem Genehmigungsverfahren gehört werden muss. So soll erreicht werden, dass die absolute Schadstoffbelastung für die Waldgemeinde nicht steigt.

Fünf Fragen zur weiteren Planung

Klärschlammbeirat erstellt landesweites Konzept. Info-Nachmittag Mitte März

Ein von der Landesregierung initiierter Klärschlammbeirat arbeitet daran, eine neue bundesweite Verordnung umzusetzen. Danach darf Schlamm aus größeren Klärwerken nicht mehr als Dünger auf den Feldern verteilt werden. Ab dem Jahr 2029 muss der wertvolle Rohstoff Phosphor zurückgewonnen werden, wofür die Verbrennung Voraussetzung ist.

Wo kann Schleswig-Holstein seinen Klärschlamm verbrennen? Die Stapelfelder Anlage ist die erste, sie soll ab Mitte 2022 bis zu 32.500 Tonnen Trockensubstanz verbrennen. Eine ähnlich große Anlage wird bis 2023 in Kiel gebaut. Die Stadt Lübeck will jährlich 30.000 Tonnen ins bestehende Hamburger Werk Vera liefern. „Damit könnte theoretisch langfristig die Entsorgungssicherheit gewährleistet werden“, sagt Tobias Goldschmidt, Umweltstaatssekretär in Kiel und Leiter des Beirats. Dem Gremium gehören Vertreter der Kommunen, der Landwirtschaft und der Wirtschaft an. Landesweit 81 Zwischenlager haben eine Kapazität von rund 45.000 Tonnen.

Wie weit ist das Genehmigungsverfahren?

Holger Heinig leitet das Neubauprojekt in Stapelfeld.
Holger Heinig leitet das Neubauprojekt in Stapelfeld. © Harald Klix | Harald Klix

Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) prüft den Antrag von EEW Energy from Waste. Ist er komplett, werden die Unterlagen voraussichtlich im Frühjahr ausgelegt. Dann können Träger öffentlicher Belange, aber auch Bürger Einwendungen vorbringen. Über die wird bei einem öffentlichen Erörterungstermin entschieden.

Welche Gemeinden müssen beteiligt werden? Grundlage ist der 63 Meter hohe Schornstein. Die Zahl wird mit 50 multipliziert, woraus sich ein Umkreis von rund drei Kilometern ergibt. In diesem Zirkelkreis sind alle Orte automatisch involviert. Der jetzige Kamin ist 110 Meter hoch, was zu einem größeren Kreis führte – in dem unter anderem auch Großhansdorf lag.

Warum ist der neue Schornstein deutlich niedriger als der alte? Die Höhe orientiert sich an den Grenzwerten. Er muss fünf Meter höher sein als das höchste Gebäude. Früher diente ein Schornstein laut EEW dazu, die Abluft zu verdünnen. So waren die Emissionen, die oben gemessen wurden, niedriger. Heute müssen die Grenzwerte unten am Schlot eingehalten werden.

Wie können sich Bürger informieren? Am Freitag, 15. März, beginnt um 16 Uhr ein Info-Nachmittag von EEW im Feuerwehrgerätehaus Stapelfeld (Hauptstraße 69). Techniker haben unter anderem Klärschlammverbrennungen in Zürich und Kopenhagen besichtigt, berichten von tatsächlichen Messwerten. Internet (auch mit aktuellen MVA-Emissionswerten): www.energie-zukunft-stapelfeld.de.