Barsbüttel. Anlieger fordern von der Verwaltung, die sanierungsbedürftige Fahrbahn anders einzustufen. Sie wollen keine 1,5 Millionen Euro zahlen.
Die Straße Bei den Tannen im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen ist in desolatem Zustand. Schlaglöcher mit bis zu vier Zentimeter Tiefe übersähen die 380 Meter lange Strecke. Durch die Flickschusterei ist der Belag uneben, bei Regen bilden sich metergroße Pfützen. Ausbessern reicht hier nicht mehr. Es bedarf einer Grunderneuerung. Darin sind sich Anlieger und die Gemeinde einig, nicht aber über die Zahlungsmodalitäten. Womöglich kommt es zu einem Streit, der vor Gericht endet. „Sollten uns Bescheide mit der Klassifizierung Anliegerstraße zugestellt werden, prüfen wir auf jeden Fall eine Klage“, sagt Stephan Börner (60). Der Ingenieur lebt seit 28 Jahren an der Grenze zu Glinde und ist Sprecher der Interessengemeinschaft.
Im Kern geht es um die Höhe der finanziellen Beteiligung für die Bürger. Laut neuer Ausbaubeitragssatzung, für die sich der Finanzausschuss mit der Stimmenmehrheit von Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB), CDU und FDP jüngst ausgesprochen hatte und die in der Gemeindevertretung am 28. Februar abgesegnet werden soll, haben die rund 75 Anlieger 70 Prozent der Sanierungskosten zu tragen. Und das ist nicht wenig. Die Verwaltung hat die Projektsumme grob geschätzt und kommt auf 2,2 Millionen Euro.
Land steuert 377.000 Euro für bessere Infrastruktur bei
Börner und seine Mitstreiter werfen dem Rathaus eine falsche Einstufung ihrer 1955 erbauten Straße vor. Sie sind der Meinung, dass diese eine Haupterschließungsstraße ist. In diesem Fall sollen angrenzende Grundstückseigentümer nach dem neuen Regelwerk mit nur 35 Prozent belastet werden. „Die in direkter Verlängerung liegende Straße Zum Tunnel ist so eingeordnet. Insofern muss das bei uns geändert werden“, fordert Börner. Das obliegt allein der Verwaltung.
Die Bürgerinitiative erinnert auch daran, dass ihre Straße während der Sperrung des Willinghusener Weges wegen Brückenarbeiten mehrere Monate als Umleitungsstrecke genutzt wurde. Mitglied Christiane Kolbe hatte seinerzeit die Fahrzeuge gezählt, die von 8 bis 18 Uhr ihre Straße passierten. „Der Anstieg von 500 Autos pro Tag auf rund 1500 während des Brückenbaus war enorm“, sagt sie. Die Folge seien weitere Schäden gewesen, große Schlaglöcher auf beiden Seiten der Fahrbahn. Diese füllte die Gemeinde notdürftig mit Schotter auf. Inzwischen haben Niederschläge das Material herausgespült. „Der Zustand ist nicht mehr hinnehmbar. Vor allem ist es brandgefährlich für Kinder und Fahrradfahrer“, sagt Börner. Auch ältere Menschen mit Rollatoren müssten ob der Beschaffenheit des Untergrundes um ihre Gesundheit bangen. Einen asphaltierten Gehweg gibt es nicht. Der Bereich zwischen Grundstücken und Straße ist aus Sand.
Politiker schaffen Beiträge wegen hoher Verschuldung der Gemeinde nicht ab
Am liebsten hätten die Anwohner gesehen, wenn die Gemeinde die Straßenausbaubeiträge abgeschafft hätte. Diese Möglichkeit besteht seit 2018 nach einer Gesetzesänderung. Nachbarkommunen wie Glinde und Oststeinbek haben es gemacht. Die Mehrheit der Barsbütteler Politiker ist jedoch dagegen wegen der zwölf Millionen Euro Schulden und weiteren Kreditaufnahmen. Sie werden ihre Meinung erst ändern, wenn das Land Schleswig-Holstein mehr Geld beisteuert und den Bürgeranteil kompensiert.
Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) hatte Städten und Gemeinden Hoffnung gemacht, sie bei der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in die Lage zu versetzen, ihrer Verpflichtung zum Ausbau von Straßen nachzukommen. Bis dahin wird es aber noch zwei Jahre dauern.
Derzeit bekommt Barsbüttel vom Land Geld aus einem Investitionsprogramm für Infrastrukturmaßnahmen. 172.000 Euro waren es laut Kämmerer Holger Fischer 2018, in diesem Jahr sind es 205.000 Euro. Diese Mittel sind nicht zweckgebunden für Straßen, sondern können auch für Kitas und Schulen verwendet werden. Auf jeden Fall ist die Summe zu gering, um damit den Anteil der Anlieger in Willinghusen zu decken.
Im Haushalt sind 100.000 Euro Planungskosten mit Sperrvermerk vorgesehen
Auch der Ortsbeiratsvorsitzende Matthias Lange wohnt in der Straße Bei den Tannen. Der CDU-Politiker plädiert ebenfalls für eine neue Einordnung als Haupterschließungsstraße. Lange hatte im Finanzausschuss für die neue Satzung gestimmt. „Aus Gründen der Fraktionsdisziplin“, wie er sagt. In der Gemeindevertretung werde er den Entwurf so jedoch nicht befürworten, „weil da einige Klinken drin sind“. Die Interessengemeinschaft kritisiert unter anderem, dass jetzt auch Kosten für Bushaltebuchten auf Bürger umgelegt werden können. Lange sagt zudem: „Bei einem Anliegeranteil in meiner Straße von mehr als 35 Prozent würde ich mich einer Klage anschließen.“ Er kündigte an, das Thema auf der Ortsbeiratssitzung am 26. Februar zu besprechen. Börner und seine Mitstreiter sammeln inzwischen Unterschriften.
Für die Grunderneuerung sind 100.000 Euro Planungskosten mit Sperrvermerk im Haushalt, den die Gemeindevertreter in zwei Wochen beschließen wollen, verankert. Doch wird die Straße tatsächlich saniert? „In den Haushalt darf nur das aufgenommen werden, was auch beabsichtigt ist. Außerdem ist es die hoheitliche Aufgabe der Gemeinde, die Straßen instandzuhalten“, sagt Rainer Eickenrodt, Fraktionschef der Wählergemeinschaft BfB.