Steinburg/Trittau. Susanne Schumacher bewirbt sich auf zweite Pfarrstelle in der Martin-Luther-Kirche. Am Sonntag präsentiert sie sich der Gemeinde.
„Mein Puls wird sicher einige Takte schneller schlagen“, sagt Susanne Schumacher. Und das zu Recht, denn die 56-Jährige hat ein ganz besonderes Bewerbungsgespräch vor sich. Ihr wird kein Personalchef gegenübersitzen, sondern eine ganze Gemeinde. Die Pastorin will von Eichede nach Trittau wechseln und stellt sich an diesem Sonntag (27. Januar) mit einem Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche vor. Mitte Februar ist dann der Kirchengemeinderat in Anwesenheit von Probst Hans-Jürgen Buhl zur Wahl aufgerufen. Legt danach innerhalb von sieben Tagen niemand Einspruch ein, kann Susanne Schumacher schon im April die zweite Pfarrstelle der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde übernehmen.
Dass sie ihren Arbeitsplatz wechselt, war nicht geplant. „Jedenfalls nicht so früh“, sagt die zweifache Mutter. Vor vier Jahren hielt sie ihren ersten Gottesdienst in Eichede. Und damit auch den ersten ihres Lebens als Pastorin. Obwohl Schumacher bereits vor 28 Jahren das erste theologische Staatsexamen abschloss, war eine Pfarrstelle nicht ihr vorrangiges Ziel. Mehr als 20 Jahre lang arbeitete sie im Bereich der EDV und der Öffentlichkeitsarbeit. Erst mit Ende 40 entschloss sie sich, die Ausbildung mit einem Vikariat fortzusetzen und sich damit auch praktisch auf den Beruf der Pastorin vorzubereiten. Es brauche im Leben manchmal Umwege, um dort anzukommen, wo man hingehört, sagt Susanne Schumacher.
Ihr liegt die Bildungsarbeit mit Kindern am Herzen
Rein beruflich ist sie angekommen. „Pastorin zu sein, erfüllt mich. Es ist mir wichtig, die Bedürfnisse der Gemeindeglieder wahrzunehmen, ihnen zuzuhören und Wertschätzung entgegenzubringen. Der Mensch steht bei mir an erster Stelle.“ Erst dann komme der religiöse Bezug, sagt Susanne Schumacher, die sich als „theologisch überhaupt nicht konservativ“ bezeichnet. Ihr liege vor allem die Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen am Herzen. Sie mag den regen Austausch und eine gute Kommunikation innerhalb einer Gemeinde.
All das versuchte sie in Eichede umzusetzen. Manches klappte, einiges verlief wieder im Sande. Wie das Projekt ,Gast oder Gastgeber?’, mit dem Pastorin Schumacher die Kirchengemeinde dazu aufrief, einander ganz unverbindlich bei Kaffee oder Tee im eigenen Zuhause zu begegnen. Neugierige sollten sich im Kirchenbüro melden, um sich dort ein passendes Gegenüber vermitteln zu lassen. Schumachers Antrieb: Das Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Eicheder Kirchspiels, zu dem die Orte Rohlfshagen, Lasbek-Gut, Lasbek-Dorf, Stubben, Sprenge, Todendorf und Mollhagen gehören, zu stärken.
„Bei Besuchen in den einzelnen Orten ist mir aufgefallen, dass sich die Gesprächsthemen häufig gleichen. Und dennoch kocht jedes Dorf sein eigenes Süppchen“, sagt die Pastorin. „Ein zwangloser Austausch über Ortsgrenzen hinweg kann hier sehr bereichernd sein.“ Doch das Angebot wurde nicht angenommen.
Trennung vom Mann war einschneidende Veränderung im Privatleben
Und trotzdem blieb die Eicheder Pastorin motiviert. Sie regte zu Veranstaltungen an, rief zur Gemeinschaft auf. „Im vergangenen Jahr haben wir im Pastoratsgarten das Pfingstfest gefeiert“, erzählt sie. „Mit Zelten, Musik und einem kunterbunten Buffet. Das war ungezwungen und wunderschön.“ Solche Erlebnisse wünscht Schumacher sich häufiger. Sie habe jedoch das Gefühl, die Mehrzahl der Eicheder Gemeindeglieder sei Neuem gegenüber eher skeptisch. „Für sie soll der Pastor in erster Linie seine klassische Rolle erfüllen: predigen, taufen, konfirmieren, verheiraten, Trauerreden halten.“ All das macht Susanne Schumacher gern. Aber sie will eben auch mehr. „Ich habe noch elf Jahre bis zur Rente. Da überlegt man schon, was man in dieser Zeit noch alles schaffen will“, sagt die Pastorin.
Zu den Überlegungen gesellt sich eine einschneidende Veränderung im Privatleben. „Mein Mann und ich haben uns getrennt. Plötzlich stand alles Kopf.“ Genau in dieser Zeit besuchte sie eine Konzertveranstaltung in der Martin-Luther-Kirche in Trittau. „Die Umsetzung hat mich begeistert und sehr berührt“, sagt Susanne Schumacher, die selbst gern Klavier spielt. Als sie einige Tage später mit der Trittauer Kirchenmusikerin Barbara Fischer ins Gespräch kommt, fragt diese ganz spontan: „Wir haben eine freie Stelle. Wäre das nicht etwas für Sie?“ Erst da sei ihr der Gedanke gekommen, den privaten Wandel als Anlass für eine berufliche Veränderung zu nehmen, sagt Susanne Schumacher. Wie die Trittauer Kirchengemeinde arbeitet, sei ihr schon lange positiv aufgefallen. „Theologie, Kirchenmusik und Religionspädagogik haben denselben Stellenwert und greifen ineinander. Das spricht mir aus der Seele“, sagt sie.
Im Gemeindesaal gibt es Gelegenheit zum Austausch
Es folgten gute Gespräche mit Pastorenkollegin Anke Schäfer, die die erste Pfarrstelle in Trittau ausfüllt, und weiteren Mitgliedern des Kirchengemeinderats. Sie bestätigten der gebürtigen Ludwigsburgerin, dass es wirklich passen könnte. Davon ist Kreiskantorin Barbara Fischer überzeugt. Ihrer Meinung nach ist die Eicheder Pastorin, die in ihrer Freizeit gern mit Freunden kocht, lange Spaziergänge und guten Rotwein mag, „genau die Teamplayerin, nach der wir gesucht haben“.
Nachdem Pastorin Anja Botta im vergangenen August nach Hamburg gewechselt ist (wir berichteten), unkten viele Gemeindeglieder, dass die Suche nach einem geeigneten Nachfolger wohl ewig dauern könne. „In Zeiten des Pastorenmangels ist diese Befürchtung leider mehr als angebracht“, sagt Barbara Fischer. Umso erleichterter sei der Kirchengemeinderat nun, dass mit Susanne Schumacher eine Bewerberin zur Wahl stünde, die mehr als geeignet sei.
Der Vorstellungs-Gottesdienst beginnt am Sonntag um 10 Uhr in der Trittauer Martin-Luther-Kirche (Kirchenstraße 17). Im Anschluss bietet sich im Gemeindesaal die Gelegenheit für ein Gespräch mit der Pastorin.