Reinbek. Konkurs abgewendet. Luxemburger Konzern hat Omega Diagnostics übernommen. 20 von 43 Arbeitsplätzen fallen aber weg.
Nicht alles, was am Wirtschaftsstandort Reinbek passiert, wird auch tatsächlich hier entschieden. Für die Zukunft des Pharmaunternehmens Omega Diagnostics, das auf die Herstellung und den Verkauf von In-vitro-Allergietests spezialisiert ist, wurden die Weichen in Schottland gestellt. Die dort ansässige börsennotierte Muttergesellschaft hatte im Juni 2018 beim Amtsgericht Reinbek Insolvenzantrag für die Tochter gestellt.
Ein halbes Jahr hatten der Insolvenzverwalter, Peter Borchardt von Reimer Rechtsanwälte, und Senior-Manager Reinhard Krause (67) versucht, einen Käufer für Omega Diagnostics zu finden. „Es gab viele Interessenten“, sagt Krause, aber nur etwa drei von zwölf, die am Ende nicht nur daran interessiert waren, die Filetstücke aus dem Unternehmen herauszulösen.
Neuer Mutterkonzern ist weltweit tätig
Um so erleichterter war er, als der Kaufvertrag mit der international führenden Labor-Gruppe Eurofins Scientific aus Luxemburg am 20. Dezember unterzeichnet werden konnte: „Das war ein Weihnachtsgeschenk für uns.“ 23 von 43 Arbeitsplätzen konnten gerettet werden. Über die Höhe des Kaufpreises wurde Stillschweigen vereinbart.
Eurofins ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich bioanalytischer Dienstleistungen mit 650 Laboratorien in 45 Ländern und weltweit mehr als 45.000 Beschäftigten. Die Gruppe wird das Reinbeker Unternehmen unter dem Namen Immunolab Clinical Diagnostics GmbH fortführen.
Allergopharma trennte sich 2010 von Diagnostiksparte
Der Insolvenzverwalter Peter Borchardt hatte den Produktionsbetrieb auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. September 2018 fortgeführt, um notwendige Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen und um die Investorensuche fortzusetzen. „Wir freuen uns für die Belegschaft, dass wir einen so renommierten und finanzkräftigen Investor aus der Branche gefunden haben“, sagt Borchardt. Dies sei auch eine gute Nachricht für die Metropolregion Hamburg: „Durch die Fortführung konnten wir hoch qualifizierte Arbeitsplätze in der Medizintechnik erhalten, was die wirtschaftliche Attraktivität der Region stützt.“
Dennoch: Acht betriebsbedingte Kündigungen wurden ausgesprochen, einige Mitarbeiter haben in der Hängepartie der Insolvenz von selbst gekündigt. Viele waren lange Jahre dabei, schon zu Allergopharma-Zeiten. Denn 2010 hatte sich das benachbarte Unternehmen Allergopharma, das inzwischen zur Merck-Gruppe gehört, von der Diagnostiksparte getrennt. Reinhard Krause hatte diese 1990 noch bei Allergopharma gegründet. Die Sparte wurde als eigenständiges Unternehmen im Gewerbegebiet weitergeführt und wechselte nun erneut den Besitzer.
Know-how bleibt in der Region
Mit dem neuen finanzstarken Partner aus Luxemburg blickt Betriebsleiter Karsten Brenzke (46) optimistisch in die Zukunft: „Wir haben jetzt wieder eine sehr gute Basis.“ Das hoch spezialisierte Unternehmen am Herrengraben macht pro Jahr Millionenumsätze und stellt mehr als eine Million Scheibchen für 600 Allergene her. Es gibt nur eine Hand voll Firmen, die das Know-how dafür haben. Die Substanzen, die Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems auslösen können, werden an die chemisch aktivierten Papierscheibchen gebunden. Mit dem aus dem Blut des Patienten gewonnenen Serum kann der Facharzt die Allergien präzise bestimmen.
Der Rohstoff, Allergenextrakte aus Pollen, Nahrungsmitteln oder Schimmelpilzen, lagert gut gekühlt in der „Schatzkammer“. Allein auf diese hatten Interessenten aus China ein Auge geworfen. „Zum Beispiel Insektengifte sind so teuer wie Gold und müssen aufwendig gewonnen werden“, erklärt Krause.
Doch nicht nur Datenbank und Rohstoffe, auch das Know-how der langjährigen Mitarbeiter wäre bei einer Firmenzerschlagung verloren gegangen. „Zum Glück konnte das verhindert werden“, so Brenzke.