Ahrensburg. Jeder kann im Schnitt 26.624 Euro ausgeben. Kreis fällt im bundesweiten Vergleich von Platz 17 auf 24. Was Wirtschaftsexperten sagen.
Die Menschen im Kreis Stormarn können gut 16 Prozent mehr Geld ausgeben als im bundesweiten Durchschnitt. Das geht aus der Kaufkraftstudie 2019 der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hervor. Rein rechnerisch hat jeder Stormarner – vom neu geborenen Baby bis zur mehr als 100 Jahre alten Uroma – dieses Jahr ein verfügbares Nettoeinkommen von 27.624 Euro. Deutschlandweit sind es pro Kopf 23.779 Euro. Die Kaufkraft definiert sich als die Summe aller Nettoeinkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit sowie Kapitalerträge und staatliche Zahlungen wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld.
Der Kreis von Reinbek im Südwesten bis Reinfeld im Nordosten ist in der Prognose für das gerade begonnene Jahr aus den Top 20 in Deutschland herausgerutscht. Die GfK notiert Stormarn unter 401 Landkreisen und Städten auf Rang 24 – nach Platz 17 im Vorjahr und Platz zehn von 2015 bis 2017. Für die Marktforscher ist das kein Grund zur Besorgnis, da die Kaufkraft weiter steigt – nur nicht so dynamisch wie in anderen Gegenden. Die regionalen Daten sind eine wichtige Grundlage der Vertriebs- und Marketingplanung in Unternehmen vieler Branchen.
Landesweit vor den anderen drei Hamburger Randkreisen
Entscheidend sei dabei eine realistische Abbildung der regionalen Verteilung der Kaufkraft. „Der Fokus der Studie liegt entsprechend nicht in der Vergleichbarkeit der Daten über Jahre hinweg“, sagt GfK-Sprecher Stefan Gerhardt. „Da es sich um Prognosen handelt, wird ausdrücklich davon abgeraten, die Daten eins zu eins miteinander zu vergleichen.“
Tatsächlich ist Stormarn in Schleswig-Holstein weiterhin mit Abstand spitze. Der Kaufkraftindex (Bundesdurchschnitt gleich 100) beträgt 116,2 Punkte. Landesweit folgen die anderen Hamburger Randkreise Pinneberg (112,0 Punkte; bundesweit Platz 42), Segeberg (106,3; 85) und Herzogtum Lauenburg (104,0; 109). Schleswig-Holstein liegt mit 99,7 Punkten und 23.701 Euro fast genau im Bundesschnitt.
Landkreis Starnberg liegt wie im Vorjahr auf Platz eins
Deutschlandweit dominieren die Großräume München und Frankfurt die Rangliste. Im Landkreis Starnberg (143,4 Punkte) ist der Kaufkraftindex am höchsten. Es folgen der Hochtaunuskreis (Hessen, 137,9), der Landkreis München (137,0) und die Stadt München (134,3). Hinter dem hessischen Main-Taunus-Kreis (131,2) liegen vier weitere bayerische Regionen mit Ebersberg (130,3), Fürstenfeldbruck (123,1), Dachau (122,5) und Miesbach (120,3) sowie als Zehnter der Landkreis Böblingen bei Stuttgart. Schlusslicht der Tabelle ist wie bisher der Landkreis Görlitz (78,7) im Osten von Sachsen mit 18.721 Euro.
Der vom Marktforschungsinstitut prognostizierte Kaufkraftzuwachs stützt sich auf steigende Löhne in vielen Branchen und den stabilen Arbeitsmarkt. Auch bei den Renten wird ein Plus erwartet. Wie viel vom nominalen Kaufkraftzuwachs real übrig bleibt, hängt davon ab, wie sich die Verbraucherpreise entwickeln. „Vom verfügbaren Einkommen sind noch nicht Ausgaben für Lebenshaltungskosten, Versicherungen, Miete und Nebenkosten wie Gas oder Strom, Bekleidung oder das Sparen abgezogen“, sagt GfK-Sprecher Gerhardt. So liegen Mieten und Immobilienpreise in München und Umgebung drastisch über dem Bundesschnitt. Im Hamburger Umland sind sie ebenfalls deutlich höher.
Alle Wirtschaftsdaten geben Anlass zu Optimismus
Wirtschaftsexperten sehen die Entwicklung entspannt. „Die Kaufkraft im Kreis Stormarn ist weiterhin überdurchschnittlich hoch. Auch in anderen Bereichen ist der Kreis spitze“, sagt Nils Thoralf Jarck, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck. „Aufgrund unserer Kontakte zu Unternehmen wissen wir, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung weiter anhalten wird.“
Diese Einschätzung teilt Landrat Henning Görtz: „Generell sind alle Wirtschaftsdaten super.“ Die Arbeitslosenquote ist mit 2,9 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Erhebung der Kreisdaten 1997. Für Fachleute ist das Vollbeschäftigung. „Auch die Kaufkraft wächst weiter deutlich“, sagt Görtz. Andere Regionen holten offensichtlich auf. Tatsächlich sind die Steigerungsraten laut GfK in allen östlichen Bundesländern überdurchschnittlich.
Neuer Mindeslohn lässt Zahl weiter steigen
Der neue Mindestlohn – seit Jahresanfang 9,19 Euro pro Stunde (plus 35 Cent) – lässt die Kaufkraft in Stormarn um rund 791.000 Euro wachsen. Das hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit Bezug auf eine Analyse des Pestel-Instituts aus Hannover ausgerechnet. 3170 Menschen bekommen mehr Geld. Für Silke Kettner von der NGG-Region Hamburg-Elmshorn ist es trotzdem selbst für eine Vollzeitkraft extrem schwer, damit klarzukommen. Erst bei mehr als zwölf Euro werde die Lohnuntergrenze „langsam armutsfest“.