Reinbek. Asbestbelastete Lehranstalt am Mühlenredder bleibt geschlossen und wird im Sommer über mindestens zweieinhalb Jahre saniert.
Das seit dem 5. Dezember gesperrte Reinbeker Schulzentrum am Mühlenredder, in dem krebserregende Asbestfasern gefunden wurden, wird nicht wieder geöffnet. Jungen und Mädchen kehren erst nach der Sanierung und Erweiterung des Gebäudes zurück. Das Projekt soll im Sommer 2019 starten und dauert mindestens zweieinhalb Jahre. Bis dahin ersetzt ein Container-Campus die Schule. Diese Übergangslösung hat die Stadtverwaltung um Bürgermeister Björn Warmer mit Schulleitung, Schülern, Elternvertretung und der Politik abgestimmt.
An der Bildungseinrichtung mit Gemeinschaftsschule und Amalie-Sieveking-Förderschule lernen rund 700 junge Menschen. Sie sind derzeit an verschiedenen Standorten untergebracht. Ein Teil der Gemeinschaftsschüler wird in Containerräumen auf dem Hof unterrichtet, die dort schon länger stehen. Acht gibt es davon.
Ausweichplätze sind auch das Gymnasium, die Grundschule Mühlenredder und eine frühere Lehranstalt in der Nachbarkommune Wentorf im Kreis Herzogtum Lauenburg. Die Förderschüler müssen zur Grundschule Klosterbergen und werden dort auch bis zum Ende der Sanierung bleiben. Sie ziehen auf dem Gelände in Container um.
Beschaffung der Container schwierig
Mindestens 40 weitere Räume in Modulanlagen wird die Verwaltung schnellstmöglich anmieten, um den Campus am Mühlenredder zeitnah zu komplettieren. „Die Beschaffung ist allerdings ein Problem, wir sind in Kontakt mit neun Anbietern“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel. Er rechne mit der Anlieferung nicht vor Februar, womöglich dauere es auch länger. Produktionskapazitäten zweier Firmen seien für Reinbek reserviert.
Wie viel die Übergangslösung kostet, ist noch nicht bekannt. Sven Noetzel sagt: „10.000 Euro Monatsmiete für ein Sechs-Raum-Modul ist ein marktüblicher Preis.“ Bei der Größenordnung, die Reinbek nun ordern muss, ist ein Mengenrabatt denkbar. Die Anlagen werden zwei und optional drei Geschosse haben.
Über die Anordnung herrscht schon Gewissheit. Auf dem Parkplatz der Straßenseite gegenüber dem Schulzentrum werden Container für die fünften bis siebten Klassen bereitgestellt. Das hat den Vorteil, dass die Kinder Mensa und Hof der benachbarten Grundschule nutzen. Ein Verwaltungstrakt mit Lehrerzimmer wird östlich des Gebäudes auf Teilen des Lehrerparkplatzes aufgebaut. Auch hier sind Fachräume angedacht.
Schule benötigt mehr Platz
Auf dem Gelände der BMX-Bahn nördlich der Schule wird Platz geschaffen für die Jahrgänge acht bis zehn. Die jetzigen Klassencontainer auf dem Hof werden nach der Abitur-Prüfung daneben gesetzt. In ihnen eignet sich die Oberstufe Wissen an. „Unsere Priorität liegt darauf, die Schüler aus Wentorf zurückzuholen“, sagt Björn Warmer und beschreibt die Situation auch wegen des hohen organisatorischen Aufwands so: „Es ist für alle eine Energieleistung.“ Die Sporthalle des Schulzentrums ist übrigens nicht gesperrt.
Warum es in 30 Räumen und noch an anderen Stellen wie Flurbereichen extrem hohe Schadstoffbelastung gibt, ist nach wie vor unklar. Werte mit mehr als 1000 Fasern pro Kubikmeter Luft, die der höchsten Dringlichkeitsstufe der Asbestrichtline zugeordnet sind und bei denen sofortiger Handlungsbedarf besteht, wurden ausschließlich in Zimmern des ersten Bauabschnitts ausgemacht, die von jenen im zweiten durch eine Brandschutzwand getrennt sind. Der Höchstwert lag bei 13.130 Fasern im Büro einer Schulsozialarbeiterin.
Um bei der Ursachenforschung voranzukommen, „wird die Fassade beider Bauabschnitte zwecks Erkennung von Unterschieden komplett geöffnet“, erklärt Noetzel. In dem 1970er-Jahre-Bau wurde 1988 sowie 2009 nicht umfangreich und nur in ausgewählten Räumen auf Schadstoffe gemessen. Eine erhöhte Konzentration gab es nicht. Zu weiteren Untersuchungen in zwei Klassenzimmern kam es erst jetzt im Vorfeld der Sanierung, die mindestens 27 Millionen Euro kostet.
Innenministerium ist ständig in Kontakt mit den Reinbekern
Die hohen Werte veranlassten den Bürgermeister, das Gebäude zu schließen. Außerdem ordnete er Messungen im gesamten Gebäude an. Wie hoch der Imageschaden für die Gemeinschaftsschule ist, wird sich nach Ablauf der Anmeldefrist für künftige Fünftklässler zeigen. Dazu sagt Björn Warmer: „Dass eine Containerschule nicht dieselbe Jahrgangsstärke hat wie zuletzt, halte ich für durchaus möglich.“
Die Verwendung von Asbest im Schulzentrum ist seit Langem bekannt und die Regel in öffentlichen Gebäuden aus dieser Zeit. Es gibt jedoch kein Gesetz, welches die Kommunen zum Messen verpflichtet. Das Innenministerium in Kiel ist als oberste Bauaufsicht in ständigem Kontakt mit der Reinbeker Verwaltung und geht womöglich bald auch auf andere Kommunen zu. Ministeriumssprecher Dirk Hundertmark sagte dem Abendblatt: „Wenn wir die Ursachen in Reinbek kennen und es Erkenntnisse gibt, dass diese deckungsgleich sein könnten mit anderen öffentlichen Gebäuden in Schleswig-Holstein, werden wir den Bauträger anschreiben mit der Bitte, dem nachzugehen.“