Bad Oldesloe. Die Polizisten schossen offenbar auf den Mann, weil dieser sie mit einem langen Messer attackiert hatte.
Einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf einen 21 Jahre alten Obdachlosen in Stormarns Kreisstadt Bad Oldesloe sind die genauen Hintergründe des Geschehens vom Sonntag noch unklar. „Wir müssen das, was sich vor Ort abgespielt hat, erst einmal genau klären“, sagte der für die Ermittlungen zuständige Lübecker Staatsanwalt Christian Braunwarth am Montagmorgen auf Anfrage des Abendblattes. Die beiden beteiligten Polizeibeamten, die insgesamt drei Schüsse abfeuerten, konnten nach Angaben Braunwarths noch nicht vernommen werden.
Am Nachmittag konkretisierte die Polizei dann in einer Meldung, dass der Obdachlose nach Zeugenaussagen die Beamten angegriffen habe. Trotz mehrfacher Aufforderung, sein Messer wegzulegen, sei er mit Stichbewegungen auf die Polizisten zugegangen, auch dann noch, als sie Pfefferspray einsetzten. Die Polizei hatte das Alter des Mannes zunächst mit 22 angegeben.
Was war zuvor geschehen? Um 11.25 Uhr schrecken Anwohner der zentrumsnahen Schützenstraße in Stormarns Kreisstadt auf, weil vor ihren Häusern Schüsse krachen. Sekunden zuvor, so berichten Augenzeugen dem Abendblatt am frühen Nachmittag, habe ein Polizist gerufen: „Legen Sie die Waffe weg!“
Obdachloser lief mit Messer herum
Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen fühlten sich Anwohner bedroht, weil ein stadtbekannter Obdachloser nahe dem Oldesloer Hallenbad mit einem18 Zentimeter langen Messer herumgelaufen war. Über den Notruf 110 alarmierten sie die Polizei. Die Beamten rückten mit zwei Streifenwagen aus Bad Oldesloe sowie einem weiteren aus Bargteheide an der Schwimmhalle an.
Doch der nach Auskunft der Ermittler psychisch kranke Mann war inzwischen etwa 300 Meter weitergelaufen, befand sich nun an der Schützenstraße. Vor einem Mehrfamilienhaus eskalierte die Situation dann. Staatsanwalt Braunwarth sagt: „Was wir bisher wissen ist, dass zwei Beamte mit einem Messer mit langer Klinge bedroht wurden. Die Polizisten gaben drei Schüsse ab. Ein Polizist feuerte einen Warnschusss ab. Der zweite Beamte schoss zweimal, beide Kugeln trafen den 21-Jährigen in den Oberkörper.“ Der Obdachlose erlag seinen schweren Verletzungen.
Opfer war wegen mehrerer Straftaten polizeibekannt
Ob es sich dabei um Notwehr handelte, müsse noch zweifelsfrei geklärt werden, so der Staatsanwalt. Darüber werde ein sogenanntes „Todesermittlungsverfahren“ Aufschluss geben. Noch seien beide Polizisten nicht vernommen worden, sie stünden unter Schock. Auch sei nicht klar, ob sie zeitnah zur Sache aussagen. Denn sie könnten von ihrem Recht Gebrauch machen, sich zuvor anwaltlich beraten zu lassen. Über das Alter der Polizisten machte Christian Braunwarth keine Angaben.
Dort wo der Obdachlose starb, hat eine Anwohnerin Blumen und eine Kerze aufgestellt: Egal, was genau passierte und zu dem tragischen Ereignis führte, stehe für sie im Vordergrund, dass ein Mensch, den so viele aus dem Stadtbild kannten, sein Leben verloren hat. Vor Ort war von vielen Menschen zu hören, dass sie den jungen Mann kannten. Einige erzählten, dass sie ihm manchmal halfen, Kleidung spendeten oder Zigaretten schenkten. Andere hätten darüber nachgedacht, was sie für den offensichtlich psychisch Kranken tun könnte. Doch diese Hilfe habe er abgelehnt.
Laut Staatsanwaltschaft war das Opfer wegen mehrerer Straftaten polizeibekannt. Der Leichnam des Mannes wurde zur Rechtsmedizin nach Lübeck gebracht, die Ermittlungsbehörde hat eine Obduktion angeordnet.