Ahrensburg. Wer sich fürs Gemeinwohl einsetzt, soll Vorzüge haben, sagt das Sozialministerium. Doch im Kreis mischen zu wenig Unternehmen mit.

In Stormarn sind viele Menschen ehrenamtlich aktiv. Sie engagieren sich bei den Freiwilligen Feuerwehr, bei Stiftungen, teilen bei den Tafeln Essen an Bedürftige aus oder sind als Gruppenleiter in kirchlichen und sozialen Einrichtungen tätig. Um all diesen Helfern im Land Schleswig-Holstein Danke zu sagen, gibt es seit 2012 die Ehrenamtskarte. Sie wurde von einer Gemeinschaftsinitiative des Sozialministeriums, der Sparkassen in Schleswig-Holstein und des Ehrenamtnetzwerks Schleswig-Holstein entwickelt. Wer sie besitzt, bekommt Vorteile zugesprochen. Beispielsweise einen vergünstigten Eintritt in ein Schwimmbad, 20-Prozent-Rabatt beim Bäcker oder er erhält Theaterkarten zu einem niedrigeren Preis. Doch was gut klingt, wird von den Ehrenamtlern in Stormarn bisher kaum genutzt. Der Grund: Es beteiligen sich zu wenig Unternehmen. Doch genau das soll sich nun ändern.

Seit Anfang des Jahres setzt sich Anne-Rose Sieland, die im Leitungsteam der Initiative „Engagierte Stadt“ in Ahrensburg tätig ist, für die Verbreitung der Ehrenamtskarte in der Schlossstadt ein. Warum sie das tut, erklärt sie so: „Durch diese Karte erfährt der Ehrenamtler eine unmittelbare Anerkennung für seine hohe und unentgeltliche Arbeitsbereitschaft.“ Jedoch fehle aktuell in Ahrensburg diese Art von Anerkennung. Die mangelnde Bereitschaft der Unternehmen, eine Rabattaktion anzubieten, sorge ihrer Meinung nach dafür, dass die Nachfrage nach der Ehrenamtskarte beim Land bisher so gering ausfällt. „Für Stormarner lohnt sich die Karte nicht wirklich. Das soll sich schnell ändern“, sagt Sieland.

In Kiel sind 700, in Stormarn nur 80 Karten im Umlauf

Landesweit haben rund 2600 Ehrenamtler eine solche Bonuskarte. Allein in Kiel sind es 700, in Stormarn nur 80. „Kein Wunder“, sagt Anne-Rose Sieland, „denn Ehrenamtler aus Stormarn müssten momentan erst einmal in die Hochburgen fahren, um die Karte nutzen zu können – also nach Kiel, Lübeck oder Scharbeutz.“

Während die Auswahl in den genannten Orten riesig ist, machten in Ahrensburg bislang nur die Unternehmen Woodstocking und NordFit Sporternährung mit. Ganz frisch dabei ist die Niederdeutsche Bühne. Das ist ein erster kleiner Erfolg für Anne-Rose Sielands. Vorsitzender Dennis Klimek sagt: „Wir sind selbst Ehrenamtler und wissen, wie viel Zeit man investiert hat und wie wenig Unterstützung es gibt.“ Darum freue er sich, ebenso wie die Mitglieder, über diese Form der Unterstützung. Die Idee der Karte sei sehr gut, dafür müsse fleißig weiter Werbung gemacht werden. Klimek: „An jeder Ecke gibt es Bonuskarten, warum nicht mal die belohnen, die etwas für die Gesellschaft tun?“

Mindestens drei Stunden pro Woche ehrenamtlich tätig sein

Barmann Florian Hansen (l.) mit Inhaber Ramon Loizou in der Bar RamRob in der Hagener Allee
Barmann Florian Hansen (l.) mit Inhaber Ramon Loizou in der Bar RamRob in der Hagener Allee © HA | Marc R. Hofmann

Im Februar hat Anne-Rose Sieland beim Stadtforum in Ahrensburg vorgesprochen. „Richtig begeistert war keiner, viele hatten Zweifel“, so die Großhansdorferin. Manch einer sagte zum Beispiel: „Was ist, wenn die Karte missbraucht wird?“ Dabei ist das aus ihrer Sicht sehr unwahrscheinlich. Denn es gibt bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um sie zu erhalten. So muss der Ehrenamtler einen entsprechenden Antrag von seiner Organisation ausfüllen lassen, die bestätigt, dass er sein Amt seit zwei Jahren unentgeltlich ausübt. In dieser Zeit muss sich der Antragssteller mindestens drei Stunden pro Woche oder 150 Stunden pro Jahr engagiert haben. Das Mindestalter liegt bei 16 Jahren.

Aber es gibt auch Ausnahmen bei der Antragsstellung. So sind Inhaber einer „Juleica“ (Jugendleiter-Card) sowie Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr oder des Katastrophenschutzes sofort berechtigt, eine Ehrenamtskarte zu erhalten. „Und es können mehrere Tätigkeiten zusammengerechnet werden“, weiß Sieland, die sich selbst sehr für den Tierschutz einsetzt.

Nicht alle Kaufleute sind so zögerlich

Seit Kurzem bekommt Sieland Unterstützung bei ihrem Vorhaben, die Ehrenamtskarte bekannter zu machen. Es hat sich eine kleine Arbeitsgruppe gebildet. „Wir werden nun noch einmal gezielt auf Unternehmen zugehen und ihnen Beispiele anderer Firmen vor Augen führen“, sagt sie hoffnungsvoll. Ihr Ziel ist es, weitere Bonuspartner in der Stadt zu finden. Zudem hat sie schon eine weitere Idee, die in Ahrensburg sicher gut ankommen dürfte: zwei Parkplätze nur für Ehrenamtler. Anstatt einer Parkscheibe könnte die Ehrenamtskarte hinter der Windschutzscheibe ausreichen. Noch wartet Anne-Rose Sieland auf eine Antwort der Stadtverwaltung, ob diese Idee umsetzbar ist. Gewiss ist nur: Sieland wird sich weiter für Ehrenamtler engagieren. Ehrenamtlich, versteht sich. Die Skepsis, mit der der Vortrag von Sieland im Stadtforum aufgenommen wurde, bestätigt sich zum Teil auch bei zufällig ausgewählten Geschäften in der Ahrensburger Innenstadt. In zwei Gastronomiebetrieben, die nicht namentlich genannt werden wollen, hieß es, dass der wirtschaftliche Druck zu groß sei, um Rabatte zu gewähren. Andere Inhaber sind noch unentschlossen oder unsicher, wie so ein Pauschalrabatt bei anderen Kunden ankommen würde.

Angelika Rehmke, Inhaberin des Blumengeschäfts Blütenzauber in der Großen Straße, findet die Idee gut und würde mitmachen.
Angelika Rehmke, Inhaberin des Blumengeschäfts Blütenzauber in der Großen Straße, findet die Idee gut und würde mitmachen. © HA | Marc R. Hofmann

Überzeugt ist hingegen Angelika Rehmke vom Blumenladen „Blütenzauber“ an der Großen Straße. „Ich finde die Idee gut“, sagt sie. Sie könne sich einen Rabatt von zehn Prozent zumindest auf einen Teil des Sortiments vorstellen. Ramon Loizou, Betreiber der Gaststätte RamRob zeigt sich begeistert. „Ich habe von der Idee schon beim Vortrag im Stadtforum gehört und würde sogar 15 Prozent geben“, sagt er.

Einige Geschäftsleute können nicht allein entscheiden

Andere Geschäftsleute geben an, mitmachen zu wollen, müssten dies als Filiale jedoch erst mit der Unternehmensleitung abklären. Schwer wird es mit dem Rabatt zum Beispiel bei Büchern. Gabriele Niebuhr von der Buchhandlung Stojan sagt: „Die unterliegen der Preisbindung.“ Sie dürfe deswegen auf einen Großteil ihres Sortiments keinen Nachlass geben, wiewohl sie die Idee mag. Für den guten Zweck engagiere sich das Geschäft trotzdem. „Ein Euro von jedem verkauften Ahrensburg-Kalender geht jedes Jahr an eine gemeinnützige Einrichtung“, sagt Niebuhr.

Für Riikka Wartiainen vom nordischen Einrichtungshaus RWConcept an der Hagener Allee ist die Idee richtungsweisend: „Die Menschen werden immer egoistischer“, sagt sie. Darum sei es wichtig, denjenigen, die ehrenamtlich aktiv sind, Anerkennung zu zollen. Das sieht auch Basir Yamrali vom Früchtestübchen an der Hamburger Straße so. Er möchte die Gemeinschaft stärken, spendet für die Tombola der Lions und sagt: „Mit zehn Prozent wäre ich dabei.“ Nach dieser Umfrage zu urteilen, stehen die Chancen für eine breitere Akzeptanz der Ehrenamtskarte in Ahrensburg möglicherweise nicht schlecht.