Bad Oldesloe. Serie Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank und stellen sie vor. Heute: Klimaschutzmanagerin Isa Reher.

„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragt Isa Reher die Gäste in ihrem Büro. Die Wirtschaftsingenieurin arbeitet seit 1996 als Klimaschutzmanagerin des Kreises Stormarn im Landratsamt und ist damit im weitesten Sinne für ein besseres Weltklima zuständig. Und das beginnt, wenn man es genau nimmt, im Kleinen – zwischen Trave und Beste und in den öffentlichen Gebäuden. Wo immer es um schädliches Kohlendioxid, alternative Energien, staatliche Fördermittel und den schonenden Umgang mit Ressourcen geht, steht die frühere Unternehmensberaterin im Auftrag der Kreisverwaltung mit Rat und Tat zur Seite.

Das Getränk, das sie wenig später auf dem schmalen Tisch zwischen vielen Akten in einer Porzellantasse serviert, ist eine Überraschung. Dass sie auf die Verwendung von Kaffeekapseln verzichtet, erwartet man. Statt dessen nutzt sie umweltfreundlich einen französischen Kaffeebereiter. Der braucht weder Filtertüten noch Filtervlies. „Der Kaffee kann sich setzen, und das ist bekömmlich“, sagt sie und öffnet danach eine Schachtel mit Gewürzen. Denn jetzt folgen die wichtigsten Zutaten für den Kaffee: Zimt, Kardamom, Kurkuma, Ingwer und Nelken.

„Nordlicht“ seit dem zweiten Lebensjahr

Der heiße Gewürzkaffee verströmt im Büro einen exotischen Duft. Der Besucher wähnt sich für einen Augenblick im Suk, einem arabischen Markt. Selbstverständlich hat Isa Reher die Bohnen unverpackt in einem Lübecker Spezialgeschäft gekauft. Denn Müll zu vermeiden ist für die 58-Jährige eine Selbstverständlichkeit. Schließlich hat sie ihre Diplomarbeit über das Thema Entsorgungslogistik geschrieben und bereits in den 1990er-Jahren ein verursachergerechtes Rücknahmesystem entwickelt. Inspiriert vom Gewürzkaffee bittet die Klimamanagerin - sie trägt Jeans, Stiefel und einen Wollschal – zu einem Herbstspaziergang. Der führt unter Eichen- und Kastanienbäumen vorbei zum Kurpark und zu ihrer Lieblingsbank.

Isa Reher, in Konstanz am Bodensee geboren, aber seit ihrem zweiten Lebensjahr ein „Nordlicht“, wie sie sagt, sprudelt nur so von Ideen. Obwohl sie in einer Behörde arbeitet und Akten studieren muss, ist sie das Gegenteil eines Büromenschen. Sie liebt es, bei jeder erstbesten Gelegenheit draußen in der Natur zu sein, und lässt sich in ihrer Freizeit von ihrem Longboard genauso faszinieren wie von einer ungewöhnlichen pädagogischen Idee.

Sie spinnt und webt, färbt Wolle mit Pflanzen

Die Mutter von zwei Kindern, verheiratet mit einem Altenpfleger, kommt nämlich ins Schwärmen, als sie vom Mittelalter erzählt. Damals, als die Menschen noch alles selbst machen mussten und die Arbeitsteilung noch nicht so weit fortgeschritten war wie heute. Ein besonderes Faible hat die Lübeckerin für die Wikingerzeit vor mehr als 1000 Jahren. Harte Zeiten, raue Sitten, ständiger Kampf ums Überleben. „Die Menschen wussten damals sehr genau, wie sie die natürlichen Lebensgrundlagen für ihr eigenes Überleben nutzen konnten. Dieses Wissen ist heute leider vielfach verloren gegangen“, sagt sie auf der Bank im Oldesloer Kurpark.

Schon als kleines Kind hatte sich Isa Reher die Frage gestellt: „Was mache ich, wenn es keinen Strom gibt? Oder was mache ich, wenn kein Laden geöffnet hat?“ So kam sie später auf die Idee, altes Handwerk zu pflegen. Sie spinnt und webt, färbt Wolle mit Pflanzen. „Wissen Sie“, sagt Isa Reher, „in meinem Beruf als Klimaschutzmanagerin sitze ich viel am Schreibtisch und vor dem Computer, entwerfe Pressemitteilungen, berate am Telefon Bürger bei der energetischen Sanierung ihres Hauses und entwerfe Klimaschutzkonzepte für Kommunen.“ Etwas ganz Praktisches mit den Händen zu tun, sei für sie ein willkommener Ausgleich.

Mittelalter-Projekt für Kinder

So entstand die Idee, ein Mittelalter-Projekt für Kinder zu entwickeln, das übrigens vor gut zehn Jahren als Dekade-Projekt der Unesco für „Nachhaltigkeit lernen“ ausgezeichnet wurde. Dabei müssen die Mädchen und Jungen Wasser in Holzbottichen schleppen. Laut Bundesumweltamt verwendet jeder Einwohner in Deutschland im Schnitt täglich 121 Liter Trinkwasser etwa für Körperpflege, Kochen, Trinken, Wäschewaschen oder auch für das Putzen. „Wenn die Kinder wie im Mittelalter Wasser schöpfen, die Holzeimer per Hand mit Joch tragen und die verbrauchte Menge messen, bekommt das Wasser für sie einen anderen Stellenwert, als wenn sie nur den Wasserhahn aufdrehen“, sagt Isa Reher. Zudem lernen die Kinder, Feuer mit Feuersteinen und Feuerschläger zu entfachen.

Die pädagogischen Effekte sind frappierend. Auf dem Weg wieder zurück ins Büro berichtet sie von Schülern, die vor einiger Zeit ganz aufgeregt den Hausmeister aufsuchten. Mit Nachdruck machten sie ihn darauf aufmerksam, dass er dringend etwas gegen einen tropfenden Wasserhahn in der Schultoilette tun müsse. Und das nur dem Weltklima zuliebe.