Bad Oldesloe . Trockene Sommer und extremes Wetter bedrohen Moore und Insekten in Stormarn. Pumpen, Rot-Ahorn und Solarstrom sollen helfen.

Dürre, Sturzfluten und lokal begrenzte Unwetter – der Kreis Stormarn wappnet sich mit Hochdruck gegen die Folgen des Klimawandels. „Er bedroht den Lebensraum vieler Menschen, Tiere und Pflanzen“, warnt Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) im Klimareport Schleswig-Holstein, der in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) entstand.

Als der Himmel seine Schleusen öffnete: Am Himmelfahrtstag 2018 waren Feuerwehr und THW in Oststeinbek und Havighorst im Einsatz
Als der Himmel seine Schleusen öffnete: Am Himmelfahrtstag 2018 waren Feuerwehr und THW in Oststeinbek und Havighorst im Einsatz © picture alliance / rtn - radio t | dpa Picture-Alliance / rtn, peter wuest

Vor allem in Oststeinbek stehen seit kurzem die Alarmzeichen auf Rot: Die sintflutartigen Niederschläge am Himmelfahrtstag hatte Straßen und Gebäude zerstört. Zum Schutz vor den Fluten werden künftig mehr Sandsäcke, Nass-Sauger und Gummischieber zur Verfügung stehen. Außerdem erwägt die Kommune den Einsatz einer leistungsstarken Schmutzwasserpumpe. „In Oststeinbek“, sagt Stormarns Klimaschutz-Managerin Isa Reher, „soll im nächsten Jahr zusammen mit dem Klimaschutz-Konzept die Anpassung an den Klimawandel untersucht werden.“

Bis 2055 längere Sommer und deutlich mehr Niederschläge

Computermodelle prognostizieren in den nächsten Jahrzehnten noch mehr solcher Starkregen-Ereignisse und Sommertage mit Tagestemperaturen von mindestens 25 Grad Celsius. Schon jetzt ist es in Schleswig-Holstein seit dem Jahr 1881 um 1,3 Grad wärmer geworden. Und die durchschnittliche Temperatur wird weiter steigen: um bis zu vier Grad in den nächsten 100 Jahren. Für das Naturschutzgebiet Billetal hat das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung dieses Szenario entwickelt: Lag die jährliche Zahl der Sommertage bis 1990 bei 17, so werden es im Jahr 2055 zwischen 37 und 42 sein. Während im Sommer – wie in den vergangenen Wochen – Dürre droht und der östliche Teil Stormarns immer mehr unter Einfluss kontinentalen Klimas gerät, gilt eine Zunahme des gesamten Jahresniederschlags um zehn Prozent bis zum Jahr 2100 als „praktisch sicher".

Besonders gefährlich ist es, wenn Starkregen auf ausgetrockneten Boden trifft und in der Erde nicht versickern kann. Klimaschutz-Managerin Reher engagiert sich schon seit mehr als 20 Jahren beruflich für Umweltprojekte, um die Folgen der globalen Erwärmung abzumildern. Sie empfiehlt, dass in den Kommunen weniger Flächen versiegelt werden. „Denn nur auf offenen Flächen kann Wasser versickern“. Wichtig seien darüber hinaus Regenrückhaltebecken für Starkregen – sie gibt es schon im Kreis – sowie Ausbreitungsflächen bei Überflutungen (Retentionsflächen).

Flussauen sind natürlicher Hochwasserschutz

Regionale Äpfel für den Klimaschutz: Klimaschutzmanagerin Isa Reher an der Mündung der Beste in die Trave in Bad Oldesloe
Regionale Äpfel für den Klimaschutz: Klimaschutzmanagerin Isa Reher an der Mündung der Beste in die Trave in Bad Oldesloe © HA | Johanna Helbing

„Wir haben im Kreis Stormarn für den Hochwasserschutz einige Retentionsflächen, Flussauen und Niederungsgebiete, in denen sich Hochwasser ausbreiten kann, anstatt Siedlungsflächen zu überschwemmen“, sagt Isa Reher. Solche Flächen, fügt sie hinzu, liegen beispielsweise an der Bille bei Trittau. Sie sollten dringend erhalten werden, fordert die Wirtschafts-Ingenieurin aus Bad Oldesloe.

Ende September ist die 5. Regionalkonferenz des Bundes und der norddeutschen Länder zur Anpassung an den Klimawandel geplant. Der Landkreis kann dabei auf zahlreiche Erfolge verweisen. Von den rund 100 Zielen aus dem Klimaschutzprogramm wurden bereits 80 realisiert. Dazu gehört die Kooperation mit Kitas, Schulen und Berufsschulen. Die größte Photovoltaik-Anlage der Kreisverwaltung steht auf dem Dach der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe. Jährlich werden dort rund 110.000 Kilowattstunden Strom erzeugt und damit rund 60 Tonnen Kohldioxid vermieden. Inzwischen rufen immer mehr Bürger Fördermittel für die energetische Optimierung von Bauten ab. Im vergangenen Jahr war es eine Gesamtsumme von 94 Millionen Euro der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die energetische Gebäudesanierung. Neben Info-Veranstaltungen zur Elektromobilität und Aktionen rund um das Stadtradeln wächst das Umdenken bei der Gestaltung des öffentlichen Grüns. Der perfekte Baum für die Stadt muss resistent gegen Umwelteinflüsse sein und zudem mit großer Hitze und wenig Wasser auskommen, sagen Baumexperten. Wie der Rot-Ahorn mit der brillanten roten Herbstfärbung.

Die Stiftung Klimawald wird Ende September die Stadtschule Bad Oldesloe zur „Klimawaldschule“ küren. Das bedeutet, dass die Schule im Unterricht die Aspekte Klimaschutz und Klimawandel intensiv behandelt. Geplant ist bei dieser Gelegenheit auch, einen Rotahorn zu pflanzen.

Zwergschwimmkäfer in der Hahnheide ist akut bedroht

Trockene und warme Sommer sind nach Prognosen der Klimaforscher bald die Regel. Die Landwirtschaft muss sich auf Dürreperioden einstellen
Trockene und warme Sommer sind nach Prognosen der Klimaforscher bald die Regel. Die Landwirtschaft muss sich auf Dürreperioden einstellen © dpa | Bernd Wüstneck

Denn der Klimawandel hat auch Folgen auf die regionale Fauna und Flora. Nabu-Experten wie der Ammersbeker Biologe Thomas Behrends warnen vor dem Aussterben heimischer Insektenarten. „Akut bedroht ist in der Hahnheide bei Trittau der kleine Zwergschwimmkäfer“, sagt Behrends. Das Insekt liebt kühle, schattige Quellbäche mit Laub und Torfmoosen. Doch dieser Lebensraum schwindet. Bedroht seien durch Hitze und Dürre einzelne Moore. Wie das Nienwohlder Moor. „Hier hat man 30 Jahre lang versäumt, die ursprünglich geplante stetige ,Vernässerung’ zu verbessern und zu kontrollieren“, kritisiert der Nabu-Mitarbeiter. „Heute ist es viel zu stark ausgetrocknet.“

Mit dem Klimawandel fliegen derweil neue Insektenarten auf Stormarn – bestimmte Nachtfalter, Käfer, Wildbienen, Libellen dringen jedes Jahr ein Stück weiter nach Norden vor. Wissenschaftler gehen davon aus, dass jährlich zehn bis 20 solchen wärmeliebenden Insektenarten pro Jahr erstmals in Schleswig-Holstein beobachtet werden.