Bargteheide. Die Stormarner Kindertage sind mit 104 Veranstaltungen deutschlandweit die größte Aktion für Kinderrechte.

Wer an seine Kindheit zurück denkt, erinnert sich möglicherweise häufig an ein sicheres und glückliches Zuhause. Aber nicht alle können auf eine sorglose Kindheit zurückblicken. In Stormarn leben nach Berechnungen des Kinderschutzbundes 7000 Kinder in Armut. Jedes sechste Kind erhält nur eingeschränkte Möglichkeiten in Bezug auf Sicherheit, Medizin oder Bildung. Fünf Prozent leiden nach wie vor unter häuslicher Gewalt. Deshalb werden von Montag, 17. September, bis Freitag, 28. September, die Stormarner Kindertage auf die Kinderrechte aufmerksam machen.

„Es ist die größte Aktion dieser Art im Land“, sagt Birgitt Zabel. Die Kreisvorsitzende des Kinderschutzbundes Stormarn sagt: „Es kann nie genug getan werden.“ Mit 104 kostenlosen Veranstaltungen setzen sich viele Beteiligte in diesem Jahr wieder für die kleinen Bewohner Stormarns ein. Damit ist der Kreis Vorreiter in ganz Deutschland. „Bei der Gründung der Kindertage ging es ursprünglich ausschließlich um gewaltfreie Erziehung, heute stehen weitaus mehr Themen im Fokus“, so Zabel.

Am Montag werden die Kindertage eröffnet

Bargteheides Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht sagt: „Es ist gut, wenn Kinderrechte gesetzlich verankert sind.“ Aber es sei auch wichtig, sie zu leben. „Das ist ja letztlich der Kerngedanke der Stormarner Kindertage.“ Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung und Verwahrlosung stünden Kindern rechtlich zu. Auch angemessene Lebensbedingungen, soziale Sicherheit und ein Recht auf Bildung sind im Gesetz verankert. Es sei wichtig, Kinder in Konversationen, zum Beispiel bei dem Bau eines Spielplatzes, einzubeziehen, so Kruse-Gobrecht. Ihr liegen deshalb die Kindertage besonders am Herzen. „Kinder haben ein Recht auf eine Stimme“, so die Bürgermeisterin. Sie setzt sich deswegen unter anderem für einen Jugendbeirat in Bargteheide ein.

Den Auftakt der Kindertage macht die „KinderRechteKette“ am Montag, 17. September, gegen 10.30 Uhr in Bargteheide. Kita-Kinder starten die Großveranstaltung mit einer Kette am Rathaus. Dort wird sich dann auch die Bürgermeisterin mit den kleinen Bürgern über ihre Rechte austauschen und ihre Fragen beantworten. In Lütjensee gibt es unter anderem ein Angebot für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Am Freitag, 21. September, besteht für sie die Möglichkeit, im Kletterpark Lütjensee ungeahnte Höhen zu erreichen, natürlich mit Unterstützung von erfahrenen Trainern.

Kinderrechte

Schutz vor Gewalt und Armut steht Kindern zu. Minderjährige haben unter anderem auch ein Recht auf Bildung, die Fürsorge beider Elternteile, auf Mitbestimmung, auf Zugehörigkeit zu Familie und Staat, sowie auf Privatsphäre. Kinder haben das Recht auf Gleichbehandlung und darauf, von ihren Eltern liebevoll und respektvoll behandelt zu werden. Auch das Recht zu spielen, zu basteln, sich auszuruhen und Freunde zu treffen, gesund und gut leben zu können, steht Minderjährigen in Deutschland zu.

Eltern haben das Recht, Unterstützung von ihren Kindern im Haushalt anzufordern. Denn im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1619) steht: „Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört (...), verpflichtet, in einer seinen Kräften entsprechenden Weise (...) den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten.“

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Auch in diesem Jahr werden an gut sichtbaren Orten erneut Fähnchen für Kinder in Armut gesteckt. Jedes Fähnchen soll stellvertretend für ein in Armut lebendes Kind stehen. Die Fähnchen werden in Ahrensburg, Bad Oldesloe, Bargteheide, Glinde, Reinfeld und Trittau stehen. In Bad Oldesloe werden es am meisten Fähnchen mit 1453 Stück sein. Zum Ende der zweiwöchigen Veranstaltung wird ein Kinderrechte-Abschlussfest am Freitag, 28. September, in Bargteheide gefeiert. Vor Ort wird es viele Spiele, Aktionen, Musik, Essen und Getränke geben.

Mehr Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen kann man den bereits 7000 verteilten Programmheften oder der Internetseite www.stormarner-kindertage.de entnehmen.

Ingo Loeding rief die Veranstaltung ins Leben

Bereits vor achtzehn Jahren erkannte Ingo Loeding vom Deutschen Kinderschutzbund die Missstände in Bezug auf Kinderechte und rief die Stormarner Kindertage ins Leben. „Dieses Jahr sind wir erwachsen geworden“, sagt er. Im Laufe der Jahre habe sich das Projekt weiterentwickelt, jedoch gehe es im Kern nach wie vor um die Lebensqualität und die Rechte der Minderjährigen. Loeding ist sich nach wie vor sicher: „Wir müssen mehr tun.“

Die Kindertage bieten ein breites Spektrum an Veranstaltungen für Kinder, Eltern, Verwaltungskräfte und Lehrer. Im Vordergrund steht immer die Fragestellung: Was brauchen Kinder in Stormarn? Loeding: „Die Beachtung der UN-Kinderrechte heißt ganz konkret: Wenn ein Kind hier im Kreis Stormarn geboren wird, geben wir ihm das Versprechen, dass es gut aufwachsen kann, dass es lernen kann, dass es medizinische Hilfe bekommt und gesunde Nahrungsmittel. Jeder Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Stormarn hilft dabei mit, die Rechte der Kinder im Blick zu haben und zu verwirklichen.“

Budget der zweiwöchigen Veranstaltung liegt bei 20.000 Euro

Um dieses Versprechen für alle Kinder zur Realität zu machen, gibt es auch nun wieder zwei Wochen, in denen Kinder im Vordergrund stehen. Insgesamt werden am Ende die Stormarner Kindertage innerhalb von 18 Jahren schon 1645 Veranstaltungen in nahezu allen Städten und Gemeinden Stormarns ausgerichtet haben.

„In diesem Jahr wurden für die Veranstaltung circa 20.000 Euro ausgegeben“, schätzt Ingo Loeding. In jeder Gemeinde hängen Plakate der Kindertage aus. Auch Bargteheider Geschäfte engagieren sich und zeigen von Kindern gestaltete Poster über Kinderrechte.