Ahrensburg. Verbindungen rund um Lübeck werden gestrichen. Zugausfälle auch im Kreisgebiet. Pendler und Politiker sind sauer.

Dass es der Deutschen Bahn an Personal mangelt, ist schon länger bekannt. Jetzt allerdings hat das Unternehmen diesbezüglich einen neuen Tiefpunkt erreicht: Weil es massiv an Lokführern fehlt, fallen einzelne Verbindungen in Schleswig-Holstein ab Montag komplett aus. Betroffen sind die Strecken RE 83, RB 84, RB 85 und RB 86 von und nach Lübeck.

Verbindungen, die durch den Kreis Stormarn führen, bleiben von dieser drastischen Maßnahme vorerst verschont. Doch auch hier macht sich der Lokführermangel an den Bahnsteigen längst bemerkbar. Allein in den vergangenen sieben Tagen kam es laut Deutsche-Bahn-Pressesprecher Egbert Meyer-Lovis zu zehn Zugausfällen, die auf das Fehlen von Triebfahrzeugführern zurückzuführen sind.

In Stormarn sind derzeit keine Streichungen geplant

Angst davor, dass bald auch Verbindungen ab Ahrensburg, Bargteheide oder Bad Oldesloe komplett gestrichen werden, sollen Stormarns Bahnfahrer im Moment aber nicht haben. „Stand jetzt wird das nicht passieren“, sagt Meyer-Lovis. Bei der Auswahl der wegfallenden Leistungen habe das Unternehmen darauf geachtet, dass nur Zugverbindungen entfallen, die aufgrund von „Tagesrandlagen“ von deutlich weniger Fahrgästen genutzt werden.

Betroffen sind Bahnfahrer im Kreis Stormarn aber trotzdem. Maren Pfüller pendelt täglich mit der Bahn von Ahrensburg nach Bargteheide, wo sie als Lehrerin arbeitet. „In den letzten drei Wochen ist die Bahn drei Mal ausgefallen“, sagt die 52-Jährige dem Abendblatt am Ahrensburger Bahnhof. Gründe dafür seien nicht kommuniziert worden. „Ein Lokführermangel erklärt mir so einiges.“

Busverkehrsunternehmen fehlt es ebenfalls an Fahrern

Birger Wolter vom Fahrgastverband Pro Bahn kann den Ärger der Bahnreisenden nachvollziehen, zeigt aber auch für die Situation der Deutschen Bahn Verständnis. „Dass einige Strecken jetzt ganz gestrichen sind, ist aus Sicht der Fahrgäste natürlich mehr als nervig“, sagt er. „Aber mit dieser Information kann man wenigstens planen.“ Schlimmer sei es, erst am Bahnsteig von Ausfällen zu erfahren.

Dass die Deutsche Bahn sich dazu entschieden hat, das Thema Personalmangel derart offen zu kommunizieren, hält Wolter daher für einen Schritt in die richtige Richtung. „Die Personalsituation im Personenverkehr ist ein bundesweites Problem“, sagt er. „Nicht nur auf Schienen sondern auch auf der Straße und in der Luft.“ Dass er mit dieser Einschätzung richtig liegt, zeigt das Beispiel Bus: Ein Personalengpass zeichnet sich etwa auch bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH) ab, die rund 153 Buslinien betreiben, 47 davon im Kreis Stormarn. „Wir sind immer auf der Suche nach neuen Busfahrern“, sagt VHH-Sprecherin Christina Sluga dem Abendblatt. Jährlich seien 60 neue Stellen zu besetzen. „In diesem Jahr sind es sogar 100.“ Das Problem: Während der Bedarf an Stellen immer größer wird, nimmt die Anzahl der Bewerber ab.

Bahn hat Rekrutierungsanstrengungen verstärkt

Aber warum ist das so? Für Klaus Schroeter vom Fachbereich Verkehr der Gewerkschaft Ver.di ist die Antwort auf diese Frage klar. „Das liegt vor allem an den Arbeitszeiten und dem Gehalt“, sagt er. „Busfahrer und Lokführer müssen oft dann arbeiten, wenn andere Leute frei haben.“ Im Verhältnis zu derlei Bedingungen sei die Vergütung nicht attraktiv genug.

Nichtsdestotrotz sei es die Aufgabe der Deutschen Bahn, rechtzeitig Stellen zu besetzen. In ihrer Mitteilung zu den gestrichenen Verbindungen versichert die DB Regio Schleswig-Holstein, dass sie ihre Rekrutierungsanstrengungen bereits deutlich verstärkt hat. „Dafür ist es aber zu spät“, sagt Hartmut Petersen von der Lokführergewerkschaft GDL. Letztere habe schon vor Jahren auf den Personalmangel hingewiesen. „Aber ohne Erfolg.“

Anfang des Jahres wird das Netz neu vergeben

Anfang nächsten Jahres wird das Netz Ost, das die Strecken von und nach Lübeck umfasst, neu vergeben. Ob die Deutsche Bahn den Zuschlag erneut erhält, entscheidet der Schleswig-Holsteinische Landtag. „Es ist erschreckend, dass die Zuverlässigkeit bei solch einem großen Unternehmen nicht gegeben ist“, sagt Ahrensburgs Landtagsabgeordneter Tobias Koch (CDU). „Das ist ein weiterer Minuspunkt für die Deutsche Bahn, der mit in die Entscheidung einfließen wird.“