Ahrensburg. Ahrensburger Politik vertagt Entscheidungen. Grund: Anteil an Sozialwohnungen zu gering. Nachbesserung des Investors reicht nicht aus.

Die Pläne für die Bebauung der Alten Reitbahn und die damit verbundene Errichtung eines Kinos an der Bahnhofstraße in Ahrensburg haben einen Rückschlag erlitten. Die Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses haben noch keine Bebauungspläne für die beiden Areale im Ahrensburger Zentrum aufgestellt. Nach langer Diskussion vertagten sie die Entscheidung darüber genauso wie eine Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich „Alte Reitbahn“.

So könnte nach den Vorstellung von Ivestor Melvhers die Bebauung der Alten Reitbahn zur Stormarnstraße hin aussehen
So könnte nach den Vorstellung von Ivestor Melvhers die Bebauung der Alten Reitbahn zur Stormarnstraße hin aussehen © HA

Ein Grund: Die Mehrheit war mit den Nachbesserungen des Investors Melchers nicht zufrieden. Im März hatten die Fraktionen von CDU, FDP und WAB den damals vorgestellten Plänen noch zugestimmt und ihnen damit eine Mehrheit verschafft. Sie sehen vor, an der Alten Reitbahn 77 Wohnungen, davon zehn öffentlich geförderte, eine Tiefgarage mit 184 Stellplätzen und einen Edeka-Markt zu errichten. Der Einzelhändler soll von der Bahnhofstraße umziehen. Auf dem dortigen Gelände, das dem Bremer Investor bereits gehört, soll dann ein Kino gebaut werden.

Politiker wirft Verwaltung „Rechentricks“ vor

Der Bauausschuss forderte im März Nachbesserungen bezüglich der Zahl der Sozialwohnungen und der Höhe der Gebäude in Richtung Adolfstraße. Laut Stadtverwaltung ist es möglich, die im hinteren Bereich des Geländes geplanten Häuser von drei auf zwei Stockwerke zu reduzieren. Auch sei der Investor bereit, die Zahl der Sozialwohnungen um drei bis vier Stück zu erhöhen. Politiker von SPD, Linken, FDP und WAB kritisierten im Ausschuss, dass damit die einst beschlossene 30-Prozent-Quote bei Weitem nicht erreicht werde.

Ali Haydar Mercan (Linke) warf der Verwaltung „Rechentricks“ vor. Auslöser war eine Präsentation von Stadtplanerin Stefanie Soltek. Sie betonte darin, dass das Bauprojekt zum Zeitpunkt des 30-Prozent-Beschlusses nur aus 47 Wohnungen bestanden habe, die Vergrößerung Richtung Adolfstraße sei erst später dazugekommen. Also müsse diese bei der Berechnung ausgeblendet werden. Bezogen auf das Ursprungsvorhaben seien 14 Sozialwohnungen fast 30 Prozent, so ihre Argumentation.

Neue politische Mehrheiten erschweren die Entscheidung

„Eine Zufallsmehrheit darf nicht die Gundlage werden“, sagt Thomas Bellizzi
„Eine Zufallsmehrheit darf nicht die Gundlage werden“, sagt Thomas Bellizzi © HA | Cornelia Hansen

Auch bei anderen Fraktionen stieß dieses Vorgehen auf Kritik. „Das ist ein Projekt, da kann man doch nicht einfach Wohnblöcke ausblenden, um sich die Zahl schönzurechnen“, sagt Thomas Bellizzi (FDP). Ähnlich sieht das die WAB. „Die Vorgabe von 30 Prozent Sozialwohnungen bezieht sich auf alles“, sagt deren Vertreter Detlef Steuer.

Ein weiterer Grund für die Vertagung des Themas: Die Vorstellungen der Fraktionen liegen bei dem Bauvorhaben sehr weit auseinander, seit der Kommunalwahl haben sich zudem die politischen Mehrheiten verändert. SPD und Linke fordern deutlich mehr Sozialwohnungen, die SPD will zudem keinen Einzelhändler am Standort Alte Reitbahn. Die Grünen bestehen darauf, dass der Knick in Richtung Adolfstraße erhalten bleibt. Die FDP möchte mindestens 240 statt der geplanten 184 Parkplätze.

Levenhagen: „Die Fronten momentan verhärtet“

CDU und WAB haben im Bauausschuss als einzige ihre Zustimmung zu den B-Plänen signalisiert. WAB-Mann Detlef Steuer kündigte aber eine Kehrtwende an, wenn der Investor die Nachbesserungen bei Sozialwohnungen und Geschossen nicht einhalte. Die CDU äußerte sich entsetzt über die Vorbehalte der anderen Fraktionen. „Wir können doch jetzt nicht die geleistete Arbeit der vergangenen Jahre über den Haufen werfen“, sagt Carola Behr. Die Fraktionen einigten sich im Bauausschuss schließlich darauf, noch einmal intern über ihre Wünsche nachzudenken und anschließend gemeinsam über Kompromisse zu diskutieren – auch mit Verwaltung und Investor. „Es gibt Forderungen, die sind nicht kompatibel“, sagt Bauamtsleiter Peter Kania dem Abendblatt. 50 bis 100 Prozent Sozialwohnungen, dazu 100 öffentliche Parkplätze und die Erhaltung des Knicks – das sei zusammen nicht realisierbar.

Und wie sehen die Fraktionen die Chance auf eine Einigung? „Die Fronten sind momentan verhärtet, das stimmt“, sagt Nadine Levenhagen (Grüne). Obwohl ihre Fraktion das Projekt zuletzt abgelehnt hat, will sie sich nun für eine Rettung einsetzen. „Wir finden das Vorhaben unterstützenswert, sind für ein Kino und eine Bebauung der Alten Reitbahn“, sagt sie. „Ich glaube, dass wir eine Lösung finden werden, aber dafür muss jede Fraktion sehr viele Kompromisse eingehen.“ Die Grünen wollten weiterhin den Knick erhalten, seien aber bereit, bei der Zahl der Sozialwohnungen Abstriche hinzunehmen.

Investor will sich noch nicht äußern

Die FDP stimmte im März noch für die Pläne des Investors, sprach sich nun aber wegen fehlender Nachbesserungen gegen den B-Plan aus. Die Liberalen wollen nicht, dass „eine Zufallsmehrheit die Grundlage für ein Bauprojekt wird, das Ahrensburgs künftiges Stadtbild prägen wird“, sagt der Fraktionsvorsitzende Thomas Bellizzi. „Wenn wir keinen breiten Konsens finden, sollten wir das Vorhaben lieber auf Eis legen.“

Die SPD sprach sich am Mittwochabend vehement gegen das Projekt aus. „Wir sollten den Tag nutzen, um die unselige Planung endlich zu stoppen“, sagte Gerhard Bartel. Sein Fraktionskollege Andreas Plässer, neuer Vorsitzender des Bauausschusses, stimmt mildere Töne an. „Wir sind trotz allem noch diskussionsbereit, lehnen das Vorhaben nicht kategorisch ab“, sagt er dem Abendblatt. Das wichtigste sei der SPD, dass die 30-Prozent-Quote für Sozialwohnungen als Mindestmaß eingehalten werde.

Arne Meemken, Geschäftsführer des Investors, wollte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht zu den neuen Entwicklungen äußern, da er aus Zeitgründen noch keine Möglichkeit zu einer Rücksprache mit der Verwaltung gehabt habe. Bauamtsleiter Peter Kania sieht das Projekt trotz der jüngsten Ereignisse nicht gefährdet. „Ich denke, dass es grundsätzlich von allen Fraktionen gewollt ist“, sagt er. Seine Zuversicht nehme er aus der anschließenden Entscheidung des Bauausschusses, im Nachtragshaushalt 20.000 Euro für die Vorbereitungen zum Umbau der Stormarnstraße einzuplanen, der für das Bauvorhaben nötig wird.