Trittau/Bad Oldesloe. Nur zwei Drittel der Stormarner Grundschulen erfüllen die Zielvorgaben des Bildungsministeriums. Immer weniger Kinder können schwimmen.
13 von 35 Grundschulen in Stormarn haben im Schuljahr 2017/2018 keinen Schwimmunterricht angeboten. Das entspricht etwas mehr als einem Drittel der Lehranstalten. Kein Wunder also, dass immer weniger Kinder schwimmen lernen. „Viele erlangen mit Abschluss des vierten Schuljahrs nicht einmal das Seepferdchen-Schwimmabzeichen, beklagt Eka von Kalben, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Schleswig-Holsteiner Landtag, die auf ihrer Sommertour unter dem Motto „Schwimmen lernen!“ am Dienstag Station im Schönaubad Trittau und in Bargteheide machte.
Die Zielvorgabe des Bildungsministeriums ist klar formuliert: „Jeder Schüler in Schleswig-Holstein soll spätestens am Ende von Jahrgangsstufe sechs mindestens das Schwimmabzeichen in Bronze erworben haben“, heißt es in einem Brief an die Schulleiter des Ministeriums vom 10. Oktober 2017. Wie wichtig dieses Anliegen ist, untermauern erschreckende Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG): In den ersten sieben Monaten dieses Jahres sind in Deutschland 279 Menschen ertrunken, 37 mehr als im gesamten Jahr zuvor. Besonders tragisch, wenn die Opfern jung sind: Zwölf Kinder der Altersgruppe bis fünf Jahre, acht Kinder zwischen sechs und zehn Jahren und zwölf weitere unter 16 Jahren fanden den Tod durch Ertrinken.
Ursachenforschung per Umfrage an den betroffenen Schulen
Doch warum bieten nicht alle Schulen Schwimmunterricht an? In einer Umfrage des Schulamtes Stormarn führten die betroffenen Schulen verschiedene Gründe auf. „Keine Schwimm-Lehrkräfte, zu hohe Fahrtkosten für den Bus, keine Schwimmbäder in erreichbarer Nähe, im Stundenplan müssten mehr als zwei Stunden Sport angerechnet werden, keine Schwimmzeiten am Vormittag“, zählt Schulrat Michael Rebling auf.
„Aktuell haben wir eine neue Umfrage gestartet“, sagt Rebling, der selbst Schulleiter in Schwarzenbek war und das Problem aus eigener Erfahrung kennt. „Die Fahrt bis nach Lübeck zur nächsten Schwimmhalle lohnte sich einfach nicht.“
Land unterstützt Ausbildung der Lehrkräfte zu Schwimmlehrern
„Der Unterricht ist ein gesellschaftliches Anliegen“, sagt von Kalben. Mehr als die Hälfte der Kinder in Schleswig-Holstein könne nach der vierten Klasse nicht schwimmen. „Wir würden ja auch nicht akzeptieren, wenn jedes zweite Kind nicht angeschnallt im Auto mitfährt“, sagt sie. Ihre Tour diene der besseren Unterstützung derer, die sich um die schwimmerische Ausbildung kümmerten.
Wie zum Beispiel Schwimmmeister Peter Naujoks, der zusammen mit seinem Kollegen Kai Kobus sieben Kurse pro Saison anbietet. Eka von Kalben nutzte die Gelegenheit, um sich das Schwimmbad zeigen zu lassen und suchte im Gespräch mit Naujoks, Bürgermeister Oliver Mesch und Dany Rühe, Disziplinkoordinatorin Schwimmen im Herzogtum Lauenburg, nach Lösungsansätzen.
Im Freibad lernen auch Trittauer Grundschüler das Schwimmen
„Ich bin begeistert, dass es dieses Schwimmbad in Trittau gibt und es mit Unterstützung durch Landesmittel energetisch saniert werden konnte“, sagte die Politikerin. „Wir haben vor uns hingeträumt, wie ein mobiles Dach sich hier auswirken würde.“ Damit könnten das ganze Jahr über Schwimmkurse angeboten werden.
Immerhin waren die Vorgaben für den Schwimmunterricht 2015 gelockert worden. Haben die Schulen keine ausreichenden Lehrkräfte, so können jetzt auch Personen, die über eine ausreichende Qualifikation verfügen, zur Unterstützung hinzugezogen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass mindestens ein Lehrer mit Schwimmlehrbefähigung dabei ist. Dazu müssen die Lehrer allerdings in regelmäßigen Abständen die Rettungsfähigkeit nachweisen.
Druck auf die Schulen, Kindern Schwimmen beizubringen, steigt
Trotzdem sei das Interesse groß, die Kurse zur Erlangung der Schwimmlehrerbefähigung des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein ausgebucht, es gebe bereits eine Warteliste, berichtete Disziplinkoordinatorin Dany Rühe. Leider gebe es auch Schulleitungen, die sich mit der Freistellung der Kollegen für die Kurszeit von zwei Wochen schwer täten.
Andere Lösungsansätze wie Projektwochen oder eine zusätzliche Klassenfahrt zum Schwimmenlernen sind laut von Kalben denkbar. „Land, Kommunen und Gesellschaft müssen Hand in Hand arbeiten, um das Ziel zu erreichen“, sagte Bürgermeister Mesch. „Wir werden alle Schulen unterstützen, den richtigen Weg zu finden“, verspricht Rebling, der sich nicht vorstellen kann, dass unter den Schulen Komplettverweigerer sind, die grundsätzlich keinen Schwimmunterricht anbieten wollen. „Es gibt immer einen Weg.“