Ahrensburg. Carsten Pusch vom Naturschutzbund rät zu besonnenem Handeln. Bisher ist in Stormarn kein erhöhtes Aufkommen zu erkennen.

Steht dem Kreis Stormarn in diesem Jahr eine Wespenplage bevor? Mit solchen Prognosen sind die Experten eher zurückhaltend. „Ein erhöhtes Wespenaufkommen scheint es bisher nicht zu geben, die Zahl der Anrufe besorgter Bürger ist nicht höher als in den vergangenen Jahren“, sagt Joachim Schulz von der unteren Naturschutzbehörde Stormarn. „Allerdings steht uns der Höhepunkt der jährlichen Wespenpopulation im Monat August erst noch bevor.“

Für alle Fälle hier wichtige Kontakte im Kreis: Der Fachdienst Naturschutz (Tel. 04531/16 00) oder auch der Imker Wolfgang Zander (Tel. 04531/183 55 56) sind in Stormarn für Fragen rund um die gelb-schwarz gestreiften Insekten zuständig. Weitere Informationen erhalten Ratsuchende auch bei Carsten Pusch vom Naturschutzbund (NABU) Schleswig-Holstein (Tel. 04522/21 73).

Allein ihr Anblick treibt Menschen Sorgenfalten auf die Stirn

Carsten Pusch zeigt ein Wespennest in einem Vogelhaus
Carsten Pusch zeigt ein Wespennest in einem Vogelhaus © HA | Henrik Bagdassarian

Die Wespe hat offenbar ein Imageproblem. Allein ihr Anblick treibt etlichen Menschen die Sorgenfalten auf die Stirn, manch einer gerät regelrecht in Panik. Ist die weitverbreitete Angst vor der Deutschen Wespe, der Gemeinen Wespe oder der größeren Hornisse aber nun begründet oder nicht? Das Abendblatt hat nachgefragt. „Sie ist maßlos überzogen“, sagt Pusch, Vize-Landesvorsitzende des NABU. „Das Paradoxe ist: Menschen verbringen ihren Urlaub in den exotischsten Ecken der Welt, ohne sich Gedanken zu machen, was dort alles auf dem Boden krabbelt oder durch die Luft fliegt. Angesichts dieser Gefahren machen wir uns mit der Wespenhysterie lächerlich.“ Auch Pusch spricht nicht von einer Wespenplage. „Natürlich profitieren die Tiere von der warmen Witterung. Auch wir Menschen nutzen unsere Balkone, Gärten und Terrassen viel intensiver als in vergangenen Jahren und nehmen daher weitere Mitbewohner eher wahr“, sagt er.

Da nur wenige Menschen mit der Lebensweise der Insektenart vertraut sind, ist Aufklärung wichtiger denn je. Durch eine bessere Einschätzung der Insekten können Menschen und Wespen sogar in friedlicher Nachbarschaft leben. Hält der Mensch einen Sicherheitsabstand von zwei bis drei Metern zum Nest der Wespen ein und versperrt deren Flugbahn nicht, fühlen sich die kleinen Tiere nicht bedroht. „Feststellen kann ich bisher nur, dass außergewöhnlich viele kleine Wespen unterwegs sind“, sagt Pusch. „Das könnten Hinweise auf die schlechte Nahrungssituation der Tiere und ein Insektensterben sein.“

Hektische Bewegungen sollten vermieden werden

Er warnt vor schnellen und hektischen Bewegungen, wer in der Nähe von Wespen ist. „In der Regel reagieren sie bei der Nahrungssuche nicht aggressiv. Wespen werden wehrhaft, wenn sie sich bedroht fühlen“, sagt der Experte. „Deshalb sollte man nicht nach einer Wespe schlagen, sondern die Ruhe bewahren und sie mit einer langsamen Bewegung wegschieben.“ Auch das Wegpusten der Tiere ist keine gute Idee: Das in der Atemluft enthaltene Kohlendioxid löst bei Wespen ein Alarmsignal aus.

Wird ein Säugling oder Kleinkind von einer Wespe gestochen, rät der Experte dazu, sofort einen Arzt aufzusuchen. Gleiches gilt für Menschen mit bekanntermaßen allergischen Reaktionen – das sind drei bis fünf Prozent der Bevölkerung. Sie zeigen nach einem Stich Symptome, die weit über eine lokale Schwellung hinausgehen. Die von der Allergie betroffenen Menschen führen in der Regel für den Notfall eine Erste-Hilfe-Ausrüstung und Medikamente mit sich. Bei gesunden Menschen dagegen löst ein Wespenstich eine etwa zwei Tage andauernde druckempfindliche Hautschwellung aus und hat einen anfangs ziehenden Schmerz zur Folge. Dieser kann gelindert werden, indem die Stelle mit Zitronensaft oder einer halben Zwiebel behandelt wird.

Auch Kaltkompressen wirken Wunder. Sollten Symptome wie Ohnmacht, Schwindel oder Übelkeit auftreten, ist ein schneller Arztbesuch ebenso ratsam wie bei Stichen im Mund- und Halsbereich. Um Letzterem vorzubeugen, sollten auf der Terrasse oder im Garten Speisen gut abgedeckt und süße Getränke stets verschlossen werden. Pusch: „Ein erheblicher Teil der umherfliegenden Wespen im Spätsommer ist völlig harmlos. Dabei handelt es sich um männliche Tiere, die gar keinen Stachel besitzen. “

Insekt spielt wichtige Rolle in der Nahrungskette

In der Natur spielen Wespen als natürlicher Gegenspieler anderer Wirbelloser eine wichtige Rolle. Ein Wespenstaat vertilgt bis zu 500 Gramm Fliegen, Mücken, Blattläuse, Motten, Spinnen und andere Kleintiere am Tag. Wer im Spätsommer oder Herbst im Garten oder am Haus ein Wespennest entdeckt, sollte erst einmal gelassen bleiben. Das Problem ist zeitlich befristet.

„Wespenvölker überleben nur einen Sommer“, erklärt Pusch. „Die aus Speichel und Holzspänen kunstvoll zusammengeklebten Behausungen werden nicht wieder besiedelt.“ Das gesamte Volk stirbt nach und nach. Lediglich einzelne befruchtete Weibchen überwintern in einer geschützten Unterkunft, um im folgenden Jahr an einem anderen Ort einen neuen Wespenstaat zu gründen. Pusch: „Wir raten zunächst, sich mit den Tieren zu arrangieren. Sie umzusiedeln oder von einem Schädlingsbekämpfer vernichten zu lassen ist oft gar nicht nötig.“

Zerstörung der Nester kann mit Bußgeld geahndet werden

Ist der Aufwand vertretbar, werden Nester umgesiedelt. Der letzte Schritt ist ihre Vernichtung. „Wespen und Hornissen stehen unter Artenschutz und dürfen nur im Notfall sachkundig vernichtet werden. Bei Hornissen als besonders geschützte Art muss sogar eine Genehmigung der Behörde vorliegen“, sagt Pusch.

Das leichtfertige Fangen, Verletzen oder Töten der Tiere sowie die Beschädigung oder Zerstörung der Nester kann in Schleswig-Holstein mit einem Bußgeld bis zu 5000 Euro, bei besonders geschützten Gattungen mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein warnt vor sogenannten Notdiensten unseriöser Schädlingsbekämpfer. Sie werben im Internet mit günstigen Preisen. Am Ende nutzen sie aber die Stresssituation der Betroffenen aus und stellen deutlich überzogene Preise in Rechnung.