Abendblatt prüft Situation in Kommunen. Serien-Auftaktbericht sorgt für zahlreiche Reaktionen. Lesen Sie hier einige Beispiele.

Stefan Aussum, Hammoor:

Vorgeschrieben, aber nicht erlaubt

Zur Radverkehrsinfrastruktur in Stormarn, insbesondere Ahrensburg, gibt es so einiges zu berichten. Einige Beispiele:

L 225, Lottbek–Hoisbüttel–Rehagen–Bargteheide: Gehweg mit „Radfahrer frei“. Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) ist hier Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben. Will man schneller fahren, muss man auch außerorts auf der Fahrbahn fahren. Das führt zu knappen Überholungen durch Pkw und Lkw mit Tempo 80 und macht die Fahrt eher „ungemütlich“. Die Radwege rechts und meist auch links sind in recht gutem Zustand, es wäre dort problemlos auch eine höhere Geschwindigkeit möglich.

K 106, Beimoorweg, Hammoor–Ahrensburg (und einig andere Straßen im Kreis): Als kombinierte Geh-/Radwege gedachte Wege sind gemäß StVO aber gar nicht für den Radverkehr freigegeben. Insbesondere linksseitig dürften diese Wege von Radfahrern nicht genutzt werden. Der Kreis ist da leider anderer Meinung und lehnt eine Beschilderung mit „Radfahrer frei“ ab. Wird vielleicht von der Polizei toleriert, sollte aber mal was passieren, z.B. bei einem abbiegenden Auto, ist der Radfahrer mit Schuld.

+++ Lesen Sie hier den Serienauftakt-Bericht +++

Bargteheide, Südring: Hier muss in Richtung Hammoor auf der Fahrbahn gefahren werden. Der gute Radweg, der links durch den Grünstreifen führt, darf – hält man sich an die StVO – erst etwa 50 Meter nach der Kreuzung Hamburger Str./Südring benutzt werden, dort befindet sich aber keine Überleitung mehr von der Fahrbahn auf den Radweg. Eine Freigabe für Radfahrer ab der Kreuzung wäre wünschenswert.

Ahrensburg: Offizielle Radwanderwege führen durch die „Ewige Weide“. Schade nur, dass man hier gemäß StVO überhaupt nicht mit dem Rad fahren darf (Zeichen 250, in eine Richtung „Anlieger frei“), man müsste die etwa 800 Meter schieben.

Sowohl in Ahrensburg als auch Bargteheide fehlen bewachte Fahrradparkhäuser. In anderen Städten gibt es Fahrradparkhäuser mit Reparaturservice. Besonders E-Bikes oder hochwertige Fahrräder wird man derzeit kaum an den Bahnhöfen stehen lassen wollen. Ich glaube schon, dass auch gegen Gebühr viele dazu bereit wären, ihr Fahrrad dort sicher abstellen zu können.

Grundsätzlich ist das Radfahren auf der Fahrbahn statistisch gesehen sicherer als auf dem Hochbord, da dort Konflikte mit Fußgängern programmiert sind und dort Radfahrer viel leichter von abbiegenden oder aus Hauseinfahrten kommenden Fahrzeugen übersehen werden. Insbesondere innerorts ist es daher nur zulässig, Benutzungspflichten für Radwege auszusprechen, wenn eine übermäßig hohe Gefahrenlage herrscht. Das hat sich bis Ahrensburg aber noch nicht rumgesprochen.

Hagener Allee: Radwegebenutzungspflicht (Kombinierter Rad-/Fußweg) ist hier Quatsch, da es sich um einen verkehrsberuhigten Bereich handelt

Bogenstraße: Tempo 30 und wenig Verkehr, trotzdem Benutzungspflicht des kombinierten Rad-/Fußweges

Bahnhofstraße: Radwegebenutzungspflicht, aber der Radweg ist nicht gemäß

StVO nutzbar, da er fast schmaler als ein Radlenker ist. Es ist hochgefährlich, da zahlreiche schlecht einsehbare Ausfahrten (Parkhaus, Edeka, Holzhändler, Bahnhof, Bushaltestellen). Die Radwege führen direkt über die Bushaltestellen!

Hamburger Straße: Der Radweg liegt in beiden Richtungen voll im Schwenkbereich der Türen. Radfahrer sollen eigentlich einen Meter von parkenden Autos Abstand halten. Daher ist der Radweg hier ebenfalls nicht sicher nutzbar. Alternative: Bessere Radwege oder breitere Fahrbahn mit Schutzstreifen.

Fritz-Reuter-Straße/Wulfsdorfer Weg: Geringes Verkehrsaufkommen, trotzdem benutzungspflichtiger Radweg in schlechtem Zustand direkt an parkenden Autos. Ebenfalls hochgefährlich!

Bei der Doppeleiche, Kreuzung Reeshoop: Radweg kaum erkennbar. Wäre Ende Juni das Mädchen auf der Fahrbahn gefahren, wäre es nicht vom Lkw übersehen und schwer verletzt worden (siehe großes Foto)

Heinz-Beusen-Stieg: Super Abkürzung zum Bahnhof, aber leider Kopfsteinpflaster (viele fahren ordnungswidrig auf dem engen Fußweg). In Richtung Bahnhof auch suboptimale Verkehrsführung: links abbiegen auf die Hagener Allee und wenige Meter weiter wieder links auf den dann benutzungspflichtigen Rad-/Fußweg.

Bemerkenswert ist, dass sich viele Radfahrer nicht selbstbewusst genug auf die Fahrbahn trauen. Meine Erfahrung ist, dass man auf der Fahrbahn durchweg besser, schneller und komfortabler fahren kann, Konflikte mit dem Fußverkehr reduziert werden und man dem Kfz-Verkehr nicht zwingend „im Weg“ sein muss. Einschüchtern tun gelegentlich unfreundliche und provozierende motorisierte Verkehrsteilnehmer, die nicht in der Lage sind, Verkehrsregeln zu akzeptieren.

Es ist noch viel Potenzial zur Verbesserung da, wenn man ernsthaft den Radverkehr fördern möchte. Auch wenn man bedenkt, dass durch die zunehmende Verbreitung von E-Bikes der schnelle Radverkehr noch zunehmen wird, ist eine Verbesserung der Infrastruktur unabdingbar. Von daher finde ich es sehr gut, wenn Sie sich des Themas weiter annehmen.

Stefan Warda schreibt:

Radfahrer bei Planung vergessen

Ich freue mich, dass das Abendblatt das Thema Radverkehr in Ahrensburg aufgreift. Ihre Redaktion hatte schon mehrmals über die schlechten Radfahrbedingungen in Ahrensburg im Zusammenhang mit der Mobilitätsplanung berichtet. Kritik gab es auch von den beauftragten Gutachtern an den desolaten Radverkehrsführungen. Es gibt mehrere grundsätzliche Probleme, mit denen die Ahrensburger Verwaltung den Radverkehr erschwert und gefährdet:

Rad- bzw. Gehwegbenutzungspflicht:

Ahrensburg scheint grundsätzlich an einem Trennungsprinzip für die Verkehrsarten festzuhalten. Nahezu alle Radwege sind benutzungspflichtig, selbst bei äußerst geringen Verkehrsmengen oder aber bei Radverkehrsanlagen, die nicht die Kriterien erfüllen. Die Rechtsprechung geht aber davon aus, dass eine Radwegbenutzungspflicht nur in Ausnahmefällen angeordnet werden darf, und auch nur dann, wenn die Radverkehrsanlagen bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Sind diese nicht gegeben, muss die Kommune für Abhilfe sorgen, also die Bedingungen für Radfahrer verbessern, oder aber den Radwegzwang aufheben.

Zu schmale und veraltete Radwege:

Nahezu alle Radwege sind in Ahrensburg zu schmal und haben überwiegend Oberflächen, die in den 1990er- und 1980er-Jahren oder früher hergestellt wurden. Überholen von langsamen Radfahrern ist auf Ahrensburgs Radwegen in der Regel unmöglich. Viele Radwege sind sogar zu schmal für Lastenräder oder Anhänger. Viele schmale Radwege, selbst bei Benutzungszwang, verlaufen unmittelbar neben legal parkenden Autos. Diese Radwege sind daher selbst bei Benutzungspflicht unbenutzbar.

„Fahrradweg“ an der Hamburger Straße bei der Stormarnstraße: Die Autos parken mehr oder weniger auf dem nur ein Meter schmalen Pfad. Der notwendige Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos kann auf dem benutzungspflichtigem
„Fahrradweg“ an der Hamburger Straße bei der Stormarnstraße: Die Autos parken mehr oder weniger auf dem nur ein Meter schmalen Pfad. Der notwendige Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos kann auf dem benutzungspflichtigem "Radweg" nicht eingehalten werden © Stefan Warda | Stefan Warda

In der Hamburger Straße besteht nicht nur wegen parkender Autos ein Problem. Die großen Straßenbäume haben den nur ein Meter breiten Radweg stark beschädigt und/oder stark eingeengt. An manchen Stellen ist der Radweg dort nur noch etwa einen halben Meter breit. Die Kommune muss sich um Alternativen kümmern: Bäume entfernen, Parkplätze entfernen, ggf. Tempo 30 anordnen und Benutzungszwang aufheben. Im weiteren Verlauf verschwenkt der Radweg zwischen Bäume und Fahrbahn. Rechts vom Radweg wird jedoch geparkt. Schlägt ein Fahrzeuginsasse auf der Fahrerseite eine Tür auf, kickt er unter Umständen einen Radfahrer auf die Fahrbahn, der dort dann von Fahrzeugen überrollt werden könnte.

Bauliche Trennung zwischen Rad- und Gehwegen:

Fragwürdig sind viele Anordnungen für getrennte Rad- und Gehwege, bei denen allerdings keinerlei Trennung vorhanden ist. Dies betrifft z.B. die Hagener Allee und die Manhagener Allee zwischen Rondeel und Neue Straße. Dort handelt es sich um eine einheitlich gestaltete Gehwegfläche, auf der mittig einige Baumscheiben sind. In den Bereichen, wo die Baumscheiben unterbrochen sind, gibt es keine Trennung zwischen Rad- und Gehweg. An anderer Stelle wiederum gibt es sie, allerdings passt die Verkehrszeichenanordnung nicht.

Bei vielen älteren Radwegen aus Betonsteinen ist die Einfärbung verblichen. Es ist dort kaum mehr ein Unterschied zum Gehweg zu erkennen, trotz Radwegbenutzungspflicht (z.B. in der Manhagener Allee südlich der Bahnlinie).

Gemeinsame Geh- und Radwege:

In Ahrensburg gibt es immer noch zahlreiche gemeinsame Geh- und Radwege, selbst im Stadtzentrum an zentralen Stellen. Gemeinsame Geh- und Radwege haben jedoch oft Nachteile, sowohl für Radfahrer wie auch für Fußgänger. Ab dem Bahnhof Richtung Rondeel sollen Radfahrer und Fußgänger auf der rechten Straßenseite der Bahnhofstraße sich einen Weg teilen, der auch noch über mehrere Bushaltestelleninseln hinwegführt. Die Wegeführung ist dort sehr undeutlich. Auch unmittelbar vor dem Bahnhofseingang gibt es keinen gesonderten Radweg, sondern einen gemeinsamen Geh- und Radweg mit den üblichen Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern. In der Manhagener Allee gibt es ebenso unnötigerweise gemeinsame Geh- und Radwege, wo viele Geschäfte, Auslagen, Eisverkauf zu Konflikten mit Fußgängern führen.

Kreuzungen:

An Kreuzungen werden Radfahrer oftmals sehr schlecht oder regelwidrig geführt. Ein Beispiel gibt es an der Kreuzung Bahnhofstraße/Stormarnstraße. Für die derzeit umgeleiteten Radfahrer ist unklar, wo genau sie von der Bahnhofstraße nach links in die Stormarnstraße abbiegen sollen.

An anderen Stellen stehen auch mal Ampelmasten auf benutzungspflichtigen Radwegen, zum Beispiel in der Hamburger Straße bei der Kreuzung mit dem Waldemar-Bonsels-Weg.

Sensibilität für den Radverkehr:

Die mangelnde Sensibilität für den Radverkehr beweist die Stadt Ahrensburg am Beispiel der Radverkehrsführungen an Baustellen. Derzeit zeigen zwei Baustellen auf der Hamburger Straße exemplarisch, dass sich nicht um den Radverkehr gekümmert wird. Vom Rondeel stadtauswärts werden Radfahrer auf einem benutzungspflichtigem (!) Radweg geführt. Auf halber Strecke bis zur „AOK-Kreuzung“ ist der Radweg durch eine Baustelle blockiert. Es ist keine alternative Verkehrsführung für Radfahrer eingerichtet worden. Sie dürfen dort weder auf den Gehweg ausweichen, noch auf die Fahrbahn, da die Straße dort eine Einbahnstraße ist.

Eine weitere Baustelle befindet sich an der „AOK-Kreuzung“. Für Radfahrer besteht stadteinwärts auf die Kreuzung zufahrend der Radwegzwang. An der Ecke mit Woldenhorn fahren Radfahrer auf eine Absperrung zu. Dort endet die Radverkehrsführung. Eine alternative Führung wurde nicht eingerichtet. Radfahrer, die von dort aus weiter entlang der Hamburger Straße zum Rondeel radeln wollen, müssen also gemäß der StVO auf die Fahrbahn ausweichen. Der Wechsel auf die Fahrbahn ist unmittelbar an der Kreuzung jedoch nicht einfach und nur für sehr geübte Radfahrer empfehlenswert.

Eine weitere regelwidrige Baustelle wurde am Waldemar-Bonsels-Weg eingerichtet. Ab Hamburger Straße zum Hochbahn-Bahnhof und weiter nach Norden ist das Radfahrern wegen ein Baustelle auf dem Geh- und Radweg verboten. Zwar dürfen Autos die Stelle in beide Richtungen passieren, das Radfahren wurde unsinnigerweise verboten.

Fahrbahnbeläge:

Leider gibt es in Ahrensburg viele Straßen mit Kopfsteinpflaster. Der Radverkehr könnte jedoch viel sicherer abgewickelt werden, wenn er auf der Fahrbahn auf Asphalt geführt würde. Dies empfiehlt sich beispielsweise für die Bahnhofstraße zwischen Bahnhof und Hagener Allee und weiter ins Zentrum.