Reinfeld. Eine Woche lang haben die jungen Bürger von Stormini in Reinfeld selbstbestimmt gelebt, gearbeitet und gefeiert. Eine Bilanz.
Mit einem Teilnehmerrekord von 280 Kindern endet an diesem Wochenende das Planspiel des Kreisjugendrings (KJR) Stormarn für 9-bis 13-Jährige, das seit 2008 jeweils in der ersten Sommerferienwoche in wechselnden Kommunen des Kreises stattfindet. Seit vergangenen Sonntag war das 100.000 Quadratmeter große Gelände rund um die Immanuel-Kant-Schule in Reinfeld Schauplatz für die Kinderstadt Stormini. Insgesamt 60 Großzelte dienten als Schlafstätte und Arbeitsort für die Jungbürger aus ganz Stormarn und ihre Betreuer. Nun ziehen sie und die mehr als 200 freiwilligen Helfer wieder aus, um etliche Erkenntnisse und Erfahrungen reicher. Mit Parlament, Agentur für Arbeit, Finanzamt und Krankenkasse führte ihnen die vom KJR gesteuerte Selbstverwaltung den Kreislauf von Arbeit, Geldverkehr und Konsum ebenso vor Augen wie die Instrumente der Demokratie.
Etliche Neuerungen prägten Stormini 2018: Mit dem Motto „Du bist, was du aus dir machst“ beschritt der KJR erstmals das Feld der positiven Psychologie. So zierten Motivationsposter mit Sprüchen wie „Lächle. Glücklich steht dir gut“ Wände und Zäune. Auf Abreißzetteln gab es jede Menge Komplimente zum Mitnehmen, und die traditionellen Stormini-Hymnen wurden mit „Ich lieb mich so wie ich bin“ von Nils Vandeven um ein weiteres Lied ergänzt.
Auch zehn Flüchtlingskinder mit dabei
„Die Stimmung war die ganze Woche sehr gut“, sagt KJR-Geschäftsführer Uwe Sommer. Das Motto habe nicht nur dazu beigetragen, die persönliche Gemütslage zu erhellen, sondern auch zur gegenseitigen Wertschätzung, sowohl bei den Kindern als auch bei den Betreuern. „In Anbetracht der aktuellen politischen Debatten, die ohne jede Wertschätzung stattfinden, haben die Stormini-Kinder in dieser Woche einen echten Gegenpol gesetzt.“
Schon zum Auftakt der Woche war klar: Hier treffen sich 280 junge Superhelden, davon 70 aus Reinfeld und zehn Flüchtlingskinder. Denn für ihre Selbstvorstellung setzten die Neubürger ihr Konterfei auf eine Superheldenvorlage, ergänzt um drei persönliche Stärken und eine Schwäche. „Wir wollten weg von der Defizitorientierung, hin zu den Stärken“, sagt Christian Wenzel vom KJR, zuständig für Kommunikation, pädagogische Ausrichtung und Kinderschutz bei Stormini. „Die Kinder sollten ihre Stärken entdecken und nutzen. Ziel war es, dass sie nun mit gestärktem Charakter durchs Leben gehen.
Im nächsten Jahr kommt Stormini nach Barsbüttel
Gelegenheiten zur Selbsterfahrung gab es mehr als genug. Mit 61 verschiedenen Berufen stellte Stormini einen neuen Rekord auf. Zahlreiche neue Jobs wie Luftverbesserer, Imker oder Augenarzt waren hinzugekommen, für die sich die Kinder täglich aufs Neue bewerben konnten. „Wir konnten dieses Mal mehr Jobs anbieten, weil in Reinfeld und Umgebung so viele Arbeitgeber bereit waren, mitzumachen und Stormini-Kinder zu beschäftigen“, sagt Projektleiterin Johanna Mierendorff.
Emmy aus Reinfeld machte davon gern Gebrauch. „Als TV-Moderatorin habe ich gelernt, Leute zu interviewen und eine Kamera zu bedienen. Bei der Schneiderin habe ich mir einen Turnbeutel genäht und als Malerin habe ich den Schulhof verschönert.“ Die Elfjährige findet es „cool“, verschiedene Jobs ausprobieren zu können. Und mit jeder Tätigkeit hat sie Stormark verdient, die Stormini-Währung. Davon ließen sich auf dem Markt Produkte von Mitbürgern erwerben, Schulen in Afrika oder die Reinfelder Tafel unterstützen und Freizeitaktivitäten bezahlen. Auch hier gab es Neues: Mit zwei sogenannten Escape Rooms, die sehr gut besucht waren, kamen auch Freunde des Abenteuerspiels auf ihre Kosten. Und dank des hiesigen Sportvereins Preußen Reinfeld konnten sich die Kinder im Fechten ausprobieren.
Prominenter Besucher in der Kinderstadt
„Es ist aufregend zu erkunden, wie es im echten Leben abläuft“, sagt Emma-Penelope aus Bad Oldesloe. „Wenn man nicht so viel Geld hat, muss man genau überlegen, wie man das Geld verteilt.“ Darüber entschieden für die Gemeinschaft Nachwuchsparlamentarier, die erstmals auch Ausschüsse eingerichtet hatten. So organisierte der Kulturausschuss die Abschlussparty am Freitag, der Finanzausschuss kümmerte sich um die Finanzierung von Neuerungen und der Wahlausschuss überwachte, dass bei der Wahl von Bürgermeisterin Hannah, 13, aus Reinbek alles mit rechten Dingen zuging.
Prominenten Besuch bekamen die Kinder am Donnerstag unter anderem von Kreishandwerksmeister Björn Felder, vom CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens und Kreispräsident Hans-Werner Harmuth. Letzterer lud die Stormini-Parlamentarier zum Besuch des Kreistags ein. Reinfelds Bürgermeister Heiko Gerstmann war täglich Gast und schließt nun offiziell die Stadttore am Bischofsteicher Weg. Sein Fazit: „Ich bin begeistert. Wahnsinn, wie perfekt die Organisation lief. Feuerwehr und Firmen halfen beim Aufbau, es gab kaum Proteste von Anwohnern und noch nie so viele Ausbildungsberufe. Es war ein sehr positives Event für Reinfeld.“ 2019 zieht die Kinderstadt in den Süden. Barsbüttel wird Gastgeber für das Projekt, das von der Bürger-Stiftung Stormarn, der Sparkassen Stiftung und dem Kreis gefördert wird.