Reinfeld. Zehnte Auflage des Planspiels beginnt in Reinfeld. 280 junge Bewohner der Kinderstadt dürfen eine Woche lang alles selbst entscheiden.

Noch bevor der offizielle erste Ferientag am heutigen Montag begonnen hat, sind am Sonntag 280 Jungen und Mädchen zu einer ganz besonderen Reise angetreten – zu einer Reise in eine andere Stadt und in eine andere Welt. Denn in der Kinderstadt Stormini sind es nicht die Erwachsenen, die bestimmen und regieren, sondern die Kinder selbst.

Bürgermeister Heiko Gerstmann (hinten links), Kreisjugendringchef Uwe Sommer (Mütze), und Betreuer von Stormini mit der Jubiläumstorte.
Bürgermeister Heiko Gerstmann (hinten links), Kreisjugendringchef Uwe Sommer (Mütze), und Betreuer von Stormini mit der Jubiläumstorte. © HA | Johanna Helbing

Um 14.30 öffnen sich die Tore der Kinderstadt Stormini, die in diesem Jahr in Reinfeld aufgebaut wurde. Wie am Flughafen bildet sich eine Schlange vor dem Eingang des Geländes der Immanuel-Kant-Schule. Die Kinder bekommen ein Armband und einen Brustbeutel umgehängt, in dem sich ihr Startkapital für die kommende Woche befindet. Strahlende Gesichter blicken den „Teamern“ entgegen. So werden hier die Betreuer genannt, die zum Großteil ebenfalls noch jung sind und in vielen Fällen mal selbst als Bewohner von Stormini angefangen haben.

Die Kinder werden ihren Zelten zugeteilt, geben ihren Steuer- und Krankenkassenbeitrag in Höhe von 30 „Stormark“ ab, bis sie beim „Kiss & Ride“ ankommen. Dort dürfen die Eltern ihren Kindern einen letzten Kuss auf die Wange drücken. Mit dabei ist Familie von Netz aus Reinfeld. Die Töchter Florentine und Marlene dürfen dieses Jahr mitmachen. „Wir sind wahrscheinlich aufgeregter als die Kinder“, sagt Sybille von Netz. Ihr Mann Hilmar schätzt die Entscheidungsfreiheit der Kinder bei Stormini: „Ob in dieser Woche Zähne geputzt wird oder nicht, ist ihnen selbst überlassen“.

Am Sonnabend wird die Kinderstadt aufgebaut

Einen Tag zuvor, am Sonnabend, laufen die Vorbereitungen noch auf Hochtouren. Um zehn Uhr morgens scheint es noch eine schier unlösbare Aufgabe zu sein, rechtzeitig mit dem Aufbau von 100 Festzeltgarnituren, 60 Großzelten, 430 Meter Zaun, 800 Quadratmeter ausgelegtem Hallenboden, zwei Bühnen und Zirkuszelten fertig zu sein. Stormini bringt in diesem Jahre einige Superlative mit sich. Insgesamt 33 Tonnen Material werden am Sonnabend mit geeinter Kraft auf dem 100.000 Quadratmeter großen Gelände aufgebaut. Ohne die Mitarbeit der mehr als 200 freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre das nicht möglich gewesen.

Das Deutsche Rote Kreuz baut die eigene Schlafstätte und ein Krankenhauszelt auf.
Das Deutsche Rote Kreuz baut die eigene Schlafstätte und ein Krankenhauszelt auf. © HA | Johanna Helbing

Dass sich die Arbeit lohnt, weiß die 17 Jahre alte Annalou Kroon aus Rümpel: „Das ist die spaßigste Woche der gesamten Sommerferien“. Sie ist bereits im dritten Jahr in Folge als Teamerin dabei. Und nicht nur Jugendliche haben Spaß daran, die insgesamt 280 Kinder zu betreuen. Auch die 40 Jahre alte Nina Ehlert hilft zum zweiten Mal mit. „Ich hatte das Glück und wurde von der Arbeit freigestellt“. Die Ahrensburgerin kümmert sich mit einem Team von drei anderen Frauen um sämtliche Näh-Arbeiten, die in der Kinderstadt anfallen. Das Deutsche Rote Kreuz hat ein Behandlungszelt aufgebaut und wird Tag und Nacht für das Wohlergehen der Kinder sorgen. „Wir sind die ganze Woche da und rund um die Uhr ansprechbar, auch in der Nacht“, sagt der 28 Jahre alte Jan-Mirco Ruschke vom DRK.

Feuerwehrleute aus Reinfeld helfen beim Aufstellen der Zelte

Auch Reinfelds Bürgermeister Heiko Gerstmann lässt sich die Vorbereitungen an diesem Sonnabend nicht entgehen. Mit Megafon in der Hand eröffnet er am Vormittag offiziell den Aufbau der Kinderstadt. Die Stimmung – ausgelassen. Applaus schallt über den Schulhof, als zwei Teamerinnen mit einer großen Torte um die Ecke kommen. Ein Schriftzug ziert das rechteckige Gebäck: „10 Jahre Stormini“, steht dort geschrieben. „Eine Erdbeer-Joghurt-Torte, weil wir dieses Jahr zehnjähriges Bestehen feiern“, sagt Silke Niemeyer. Die 47 Jahre alte Seniorenbetreuerin hatte die Idee für die Leckerei. 16 Eier, sechs Kilo Erdbeer-Joghurtcreme und ein Kilo Marzipan wurden verarbeitet. Mit solchen süßen Aussichten können sich die Freiwilligen an die Arbeit machen.

Die Kinder werden von ihren Eltern am Sonntag zum Eingang der Kinderstadt gebracht.  
Die Kinder werden von ihren Eltern am Sonntag zum Eingang der Kinderstadt gebracht.   © HA | Johanna Helbing

Die elf Kernteamer, 67 Zeltbetreuer, 55 Logistiker, 66 Teamer und das Deutsche Rote Kreuz bekommen beim Aufbau Unterstützung von der Reinfelder Feuerwehr. „Wir sind mit 30 Mann hier“, sagt Gemeindewehrführer Gerd-Heinrich Riemann. Die Freiwilligen unterstützen vor allem beim Aufstellen der Zelte. „Die Schlafstadt der Kinder wird als erstes aufgebaut, danach kommen unsere eigenen Zelte dran“, so Maia Els aus Buchholz. Bereits zum dritten Mal ist die 16-Jährige Betreuerin in der Kinderstadt Stormini.

Wie beliebt das Planspiel ist, wird durch Bürgermeister Heiko Gerstmann deutlich. „Bis gestern hatte ich einen argentinischen Austauschschüler zu Gast, der gern länger geblieben wäre, nur um bei Stormini als Betreuer dabei zu sein“.

Am Sonntagnachmittag ist mittlerweile auch Familie Stein aus Barsbüttel eingetroffen und entsprechend aufgeregt, weil die 10 Jahre alte Sofia nun in die andere Welt reist. „Wir haben von Stormini in der Stormarn-Ausgabe des Abendblatts gelesen und fanden die Idee klasse“, sagt Mario Stein.