Reinbek. Experten erstellen neue Sanierungskonzepte nach Schäden an Ufermauer beim Schloss. Politik lehnte Erneuerung bisher ab
Neun quadratische Betonblöcke stützen derzeit die Flügelmauer an der Brücke unterhalb des Mühlenteichwehrs am Reinbeker Schloss, ein Dutzend längliche die angrenzende Ufermauer – die Folgen des Hochwassers im Januar. Die Schlossstraße ist auf diesem Abschnitt nur noch einspurig befahrbar bei Wechselverkehr – aus Angst, dass sie sonst wegrutscht. Daran wird sich in den kommenden Monaten auch nichts ändern. Das sagt zumindest Reinbeks Bauamtsleiter Sven Noetzel. „Die Spur bleibt gesperrt, solange wir nicht wissen, was gemacht wird.“
Die Verwaltung plädiert seit Langem für eine Sanierung der historischen Ufermauer und empfahl in einem Zug auch den Bau einer Fischtreppe, um das Projekt mit finanzieller Unterstützung der EU für die Stadt so günstig wie möglich zu halten. Doch die Politik schob das Thema vor sich her, lehnte mehrmals Vorschläge aus dem Rathaus ab. „Das Aussitzen ist jetzt vorbei“, sagt Noetzel. Er sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Parteien stehen unter Druck, müssen Entscheidungen treffen. Egal, welche Variante sie wählen: Die Angelegenheit wird laut Bauamtsleiter teurer als gedacht.
Bedenklicher Zustand der Ufermauer vor Hochwasser
Bereits vor dem Hochwasser war der Zustand der Ufermauer katastrophal. Sie hatte Ausdehnungen. Noetzel glaubt, dass womöglich die Verankerung verrottet ist. Durch die Wetterkapriolen hat sich die Situation verschlimmert. Fugen platzten auf, Wasser gelangte hinter die Mauer. Dadurch lockerten sich Steine und landeten in der Bille. Während die Betonblöcke installiert wurden, stellte sich heraus, dass auch die Flügelmauer in Bewegung gekommen war. Sie stützt Brücke und Straße. „Die untere Wasserbehörde hatte uns aufgefordert, aktiv zu werden“, begründet Noetzel die provisorische Betonvariante für die Standsicherheit. 21 Firmen hatten Anfragen abgelehnt. Eine schnellere Umsetzung als im Mai war deshalb nicht möglich.
Zuletzt hatten Reinbeks Politiker im November vergangenen Jahres einstimmig gegen eine Sanierung der Ufermauer votiert. Eine Verwaltungsvorlage sah im Haushalt 2018 Planungskosten in Höhe von 65.000 Euro vor sowie die Bereitstellung von 450.000 Euro für die Erneuerung in 2019. Die Reparatur war ursprünglich mit dem Bau einer Fischtreppe – sie soll ermöglichen, dass Aale, Schleie und andere Fische künftig zu den Laichgewässern im Oberlauf der Bille gelangen – verbunden, über die lange diskutiert wurde. Zu Beginn waren 1,8 Millionen Euro für das Projekt veranschlagt gewesen. Dann stellte sich heraus, dass Fischaufstiegsanlage, Ufermauer und Wehrsteg rund 2,6 Millionen Euro kosten würden. Einen Großteil davon hätte die EU übernommen. Doch der Eigenanteil von 615.000 Euro war für die Politik nicht akzeptabel. Sie sah 2015 von der Umsetzung ab.
Land oder Stadt:Wer ist für die Sanierung zuständig?
Immerhin wurde inzwischen der Wehrsteg für rund 130.000 Euro fertiggestellt, 60.000 Euro steuerte die Aktivregion Sieker Land Sachsenwald bei. Sie schöpfte das Geld aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes.
Das Thema Ufermauersanierung ist kompliziert. Im Kern geht es um die Frage, ob das Land oder Reinbek zuständig ist. Handelt es sich dabei um eine sogenannte bauliche Anlage, liegt die Unterhaltspflicht bei der Stadt. Dient sie in erster Linie wasserwirtschaftlichen Zwecken, ist Schleswig-Holstein in der Pflicht. Mit der Klärung beauftragte die Verwaltung schon vor Jahren eine Fachanwaltskanzlei. Sie sieht das Land in der Verantwortung. Rechtssicherheit gibt es jedoch nicht. Eine abschließende Einordnung ist nur durch ein Gericht zu klären.
Kommunalpolitiker klammerten sich jedoch an die Aussagen der Juristen und begründeten damit auch ihre ablehnende Haltung gegenüber der großen Lösung. Sie laufen damit immer noch Gefahr, dass die Sache für Reinbek richtig teuer wird. Denn laut Verwaltung ist es möglich, dass die Stadt einen Bescheid vom Land erhält und zum Bau des sogenannten Borstenfischpasses gezwungen wird, gleichzeitig den Anspruch auf Fördergeld verliert.
Wahrscheinlich müssen Spundwände gebaut werden
„Die zuletzt ermittelte Summe für Fischtreppe und Mauer ist ohnehin nicht mehr zu halten“, sagt Reinbeks Bauamtsleiter. Das liege zum einen an den Baukostensteigerungen, andererseits am Schaden der Flügelmauer. Deswegen müssten wahrscheinlich Spundwände an der Böschung zur Straße eingezogen werden. „Diese Arbeiten waren vorher kein Bestandteil des Projekts.“
Derzeit erstellt ein Ingenieurbüro für Geo- und Umwelttechnik ein Sanierungskonzept mit drei Varianten: Eine Version beinhaltet ausschließlich die Sicherung der Straße, eine zweite impliziert die Mauersanierung und die dritte darüber hinaus den Neubau des Fischpasses. Nach den Sommerferien werden die Ergebnisse den Politikern präsentiert. Dann sollen sie entscheiden.
Mit oder ohne Fischtreppe – Sicherung hat Priorität
Für SPD-Fraktionschef Volker Müller ist der momentane Zustand nicht haltbar. Er sagt: „Dass man etwas machen muss, ist vollkommen klar. Wir können die Mauer nicht zusammenfallen lassen, egal wer bezahlt.“ Die Arbeiten sollten noch vor dem Winter erledigt sein. Auch die Fischtreppe müsse wieder diskutiert werden.
Heinrich Dierking, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Forum 21, ist dagegen anderer Meinung: „Erst muss die Böschung des Mühlenteichs befestigt werden, zum Beispiel mit Steinen oder Stahl.“ Dadurch stabilisiere sich auch die Ufermauer. Dann müsse man über die weitere Vorgehensweise sprechen. Eine Fischtreppe ist für den Politiker kein Thema. Dierking sagt: „Sie zerstört den ökologisch guten Zustand der Bille.“
Dadurch, dass jetzt auch die Straße in die Mauerproblematik involviert ist, könnte die Einschätzung der Fachanwaltskanzlei bezüglich der Zuständigkeit ad absurdum geführt sein. Sven Noetzel sagt: „Wir müssen sie sichern, und genau das ist höchstwahrscheinlich Reinbeker Sache.“