Glinde. Stadt bietet Kurse zum „Mieterführerschein“ an. Es geht um Rechte und Pflichten, um die Mülltrennung und die Treppenhausreinigung.

Flüchtlinge können in der Stadt Glinde ab sofort einen sogenannten Mieterführerschein machen. Sie sollen damit ihre Chancen auf dem Wohnungsmarkt erhöhen können. Denn sie haben es in der ohnehin angespannten Situation besonders schwer. In einer Vortragsreihe lernen die Interessenten an fünf Terminen ihre Pflichten aber auch Rechte als Mieter kennen. Das Pilotprojekt startet im Juni und wird von der Flüchtlingskoordinatorin der Stadt sowie der Awo Interkulturell Kreis Stormarn initiiert.

Oft prallen in Mietshäusern die Kulturen aufeinander

Mahtab Keiany lebt seit zweieinhalb Jahren in Deutschland und teilt sich mit ihrer Mutter ein Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft. Ihr Traum: Eine Wohnung zu zweit, in der sie genügend Ruhe für das anstehende Abitur finden kann. Doch die Suche gestaltet sich schwierig. Bisher bekam die 18 Jahre alte Afghanin nur Absagen, ohne einen Grund nennen zu können. Ähnliche Probleme kennt auch Mir Ahmat Faizi. Der Familienvater aus Afghanistan hat vier Kinder, eines davon schwerbehindert. Eine größere Wohnung ist trotz eines Empfehlungsschreibens des behandelnden Arztes nicht in Sicht. „Nachts schlafen wir zu sechst in einem Zimmer“, beschreibt Faizi die Situation. „Da unser kranker Sohn viel schreit, sind die anderen Kinder in der Schule oft müde. Doch das Sozialamt hat keine passende Wohnung für uns.“

Nicht nur in Glinde ist der Wohnungsmarkt seit längerer Zeit insbesondere im Niedrigpreissektor angespannt. Im gesamten Kreis ist die Nachfrage nach Sozialwohnungen wesentlich höher als das Angebot. Derzeit gibt es in Glinde 264 Sozialwohnungen, 66 sind davon für Senioren reserviert. Bis 2019 sollen insgesamt 102 zusätzliche Wohnungen in den Neubauprojekten Am Gleisdreieck sowie Holstenkamp fertiggestellt werden.

Demgegenüber stehen jedoch 387 Personen auf einer Warteliste für öffentlich geförderten Wohnraum – mit steigender Tendenz. Anfang 2017 waren es noch lediglich 300 Suchende. Unter den Suchenden sind auch viele Flüchtlinge. 112 Asylbewerber leben in der Stadt zurzeit in Notunterkünften wie den Modulhäusern am Willinghusener Weg. 62 sind bereits anerkannt und müssten in eine eigene Wohnung umziehen. Doch die Alternativen fehlen.

Tipps zu Wohnungssuche, Übergabeprotokoll, Umzug

„Bei den vielen Bewerbern können Kleinigkeiten ausschlagkräftig sein“, sagt Initiatorin Birte Schweins von der Migrationsberatung der Awo. „Damit wir den Menschen aktiv helfen und nicht nur Listen der ansässigen Wohnungsanbieter herausgeben können, haben wir nun das Projekt ,Mieterführerschein’ geplant“, sagt sie. In den verschiedenen Blöcken geht es beispielsweise um Tipps bei der Wohnungssuche, Übergabeprotokolle und den Umzug aber auch um den Umgang mit den neuen Nachbarn sowie Themen wie Mülltrennung oder die Hausordnung.

Denn oftmals prallen in den Mehrfamilienhäusern die verschiedenen Kulturen aufeinander. „Missverständnisse entstehen, wenn Menschen die örtlichen Regeln noch nicht gelernt haben“, so Schweins. „Damit das Miteinander funktionieren kann und Vorurteile abgebaut werden, sollen uns eingeladene Experten wie die Abfallwirtschaft oder Schuldnerberatung unterstützen.“

Durch das von den verschiedenen Akteuren ausgestellte Zertifikat können Flüchtlinge künftig ihre Kenntnisse und Bemühungen bei der Wohnungssuche vorzeigen.

Interessenten können sich bei Carina Kinski, Flüchtlingskoordinatorin der Stadt Glinde, anmelden. Telefonnummer: 040/71 00 22 28. Gute Deutschkenntnisse werden vorausgesetzt.