Barsbüttel. Hamburg sperrt Barsbütteler Straße stadtauswärts für mehrere Monate. Unverständnis in der Gemeinde. Jetzt schaltet sich der Kreis ein.
Die ab dem 20. August geplante Sanierung der Barsbütteler Straße auf Hamburger Gebiet (wir berichteten) schlägt hohe Wellen. Zahlreiche Barsbütteler sind verärgert ob der Verkehrseinschränkungen mit Umwegen von bis zu 20 Kilometer Länge. Die Gemeinde wird über diese Strecke für sechs Monate nicht mehr zu erreichen sein, das Befahren mit Autos ist bis Jahresende nur stadteinwärts möglich. Der Groll der Bürger richtet sich gegen die zuständige Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) in der Hansestadt, bei der die Entscheidungshoheit liegt. Jetzt schaltet sich auch der Kreis ein. Die Hoffnung, eine andere Lösung zu finden, tendiert gegen Null.
Vor Kurzem hatte sich der Kreisverkehrsausschuss mit dem Thema befasst. „Wir werden uns erkundigen, ob noch Alternativen zu prüfen sind. Das ist der Wunsch der Politik“, sagt Dirk Willhoeft, Leiter der Verkehrsaufsicht. Noch in dieser Woche wird er ein Gespräch mit dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) führen. Er ist der BWVI zugeordnet. Barsbüttels Gemeindevertretung hatte zuvor eine Resolution verabschiedet und gefordert, dass Hamburg in Abstimmung mit der Verwaltung Änderungen beim Projekt vornimmt. „Ich habe daraufhin den Landesbetrieb und Bürgermeister Peter Tschentscher angeschrieben“, sagt Verwaltungschef Thomas Schreitmüller. Die Einbahnstraßenregelung sei eine große Beeinträchtigung.
Unmut bei Barsbütteler Bürgerverein und Bürgerstiftung
Auch beim Barsbütteler Bürgerverein mit seinen rund 600 Mitgliedern kommt der Plan nicht gut an. „Es gibt großen Unmut bei uns“, sagt der Vorsitzende Peter Frank. „Wir sind enttäuscht, dass sich Hamburg so stur zeigt.“ Ähnlich klingt es bei der Bürgerstiftung mit ihren 200 Aktiven. Der Vorsitzende Detlef Bösch: „Hamburg hat noch nie Rücksicht auf die Interessen Barsbüttels genommen.“ Sorgen machen sich zudem örtliche Firmen. „Wir fürchten Umsatzrückgänge“, sagt Tankstellenbetreiber Patrick Meyer und berichtet von Unverständnis bei einer Zusammenkunft von Unternehmern am vergangenen Sonntag.
In den zurückliegenden Monaten gab es mehrere Treffen beim LSBG. Dabei waren auch Vertreter des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), des Bezirksamts Wandsbek, der Polizei sowie Barsbütteler Verwaltungsmitarbeiter. Die letzte Verkehrsbesprechung war am 22. Februar in Anwesenheit von Barsbüttels Bauamtsleiterin Rita Dux. Sie sagt: „Wir sind mehrmals von Hamburg angehört worden und haben unsere Bedenken eingebracht.“
CDU-Landtagsabgeordneter Kilian attackiert Hansestadt
In einer Stellungnahme vor geraumer Zeit hatte die Gemeinde darum gebeten, auch während der Grunderneuerung Fahrzeuge in beide Richtungen zuzulassen, zum Beispiel mit Wechselspurverkehr samt Ampelschaltung. Das wurde jedoch abgelehnt. Auf der Barsbütteler Straße sind täglich rund 19.000 Fahrzeuge unterwegs, vier Prozent davon Lastwagen.
Eine verbale Breitseite für ihr Vorgehen erhält die Hamburger Behörde auch aus der Hansestadt. „Gute norddeutsche Zusammenarbeit sieht anders aus“, sagt André Trepoll, CDU-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft. „In der Metropolregion müssen alle Teamplayer sein.“ Derartig einseitige Entscheidungen ließen das nötige Fingerspitzengefühl vermissen. Trepolls Parteikollege Lukas Kilian, Landtagsabgeordneter für Südstormarn, spart ebenfalls nicht mit Kritik: „Die aktuellen Planungen sind inakzeptabel und werden in Barsbüttel und Jenfeld ein erhebliches Verkehrschaos verursachen. Statt mit der Gemeinde über eine sinnvolle Aufteilung der Bauarbeiten oder eine Baustellenampel und beidseitigen Verkehr zu diskutieren, kappt Hamburg hier unsere Anbindung.“
Ursprünglich war die Sanierung des 720 Meter langen Teilstücks der Barsbütteler Straße zwischen Holsteiner Tor an der Landesgrenze und Ratiborweg ab März kommenden Jahres vorgesehen. Grund für den vorzeitigen Start sind Arbeiten in 2019 auf Ausweichwegen wie der Möllner Landstraße. Die Einbahnstraßenregelung hat auch Folgen für den öffentlichen Personennahverkehr. Busse aus Hamburg in Richtung Barsbüttel werden über die Autobahnen 24 und 1 fahren. Die offizielle Umleitungsstrecke verläuft über den Schiffbeker Weg, Oststeinbek, Glinde und die Kreisstraße 80. Wer in die 13.700-Einwohner Kommune gelangen will, muss also weite Wege in Kauf nehmen.
Behörde rechtfertigt Konzept auch mit kürzerer Bauzeit
Barsbüttels Grünen-Fraktionschef Joachim Germer bereitet zudem Sorgen, dass ab Anfang September und damit parallel die Landesstraße 222 zwischen den Ortsteilen Stemwarde und Stellau saniert und bis zu vier Wochen voll gesperrt wird. „Dadurch können Autos nicht über die Autobahnanschlussstelle Stapelfeld in die Gemeinde kommen, müssen in Barsbüttel runter. Bei einer Sperrung dieser Abfahrt wegen eines Unfalls fällt noch ein weiterer Zubringer weg“, so der Politiker. Germer schlägt für die Barsbütteler Straße folgende Variante vor: eine umgedrehte Verkehrsführung, also Richtung Barsbüttel, zu bestimmten Zeiten. Etwa gegen 18 Uhr, wenn viele Pendler von ihrer Arbeit aus der Hansestadt zurückkehren.
Die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation rechtfertigt ihr Konzept. Auf Abendblatt-Anfrage sagt Sprecher Christian Füldner: „Natürlich haben alle Beteiligten intensiv abgewogen, wie der Verkehr während der Bauzeit geführt werden kann. Auch ein Blockverkehr mit Ampelschaltung zur Aufrechterhaltung beider Fahrtrichtungen wurde in Betracht gezogen. Der hätte aber erhebliche Einschränkungen und wahrscheinlich auch Staus in beiden Richtungen mit sich gebracht, sodass diese Variante nicht in Frage kam.“ Zudem würde sie nur ein sehr kleinteiliges Arbeiten ermöglichen, wodurch sich die Bauzeit wesentlich verlängert hätte.
Um den Verkehr Richtung Westen, also nach Oststeinbek und Glinde, im Fluss zu halten, wird laut Füldner an der Ampel der Kreuzung Rodigallee/Schiffbeker Weg ein Sonderprogramm geschaltet. Zu besänftigen sind die Barsbütteler damit allerdings nicht.