Ahrensburg/Glinde . Abitur jetzt nach neun Jahren wie an Gemeinschaftsschulen. Diese haben trotzdem stabile Anmeldezahlen.
Die Rückkehr aller neun Stormarner Gymnasien vom Turbo-Abitur zu G9 – wie wirkt sie sich auf die Anmeldezahlen der Schulen aus? Das Abendblatt hat sich bei verschiedenen Einrichtungen im Kreis schlau gemacht.
In den vergangenen Wochen waren Eltern von Viertklässlern vor die Wahl gestellt: Gymnasium oder Gemeinschaftsschule? Jetzt ist die erste von drei Anmelderunden für weiterführende Schulen abgeschlossen. Der erwartete Ansturm auf die Gymnasien blieb allerdings aus. „Wir haben nur 15 Anmeldungen mehr als im Vorjahr“, sagt Eva Kuhn, Leiterin des Gymnasiums Glinde. Am Gymnasium Trittau sind es sogar sechs weniger als 2017.
2500 Stormarner Kinder wechseln bald in Klasse fünf
Vor Kurzem waren die Infoabende für Eltern gerade an den Gymnasien allerorts bis auf den letzten Platz gefüllt. „Viele haben sich im Vorfeld über die Veränderungen informiert“, sagt Kuhn. Nach wie vor sei das Interesse am Gymnasium groß. „Es war bekannt, dass der kommende Jahrgang sehr schülerstark sein wird“, so die Direktorin. Im Kreis Stormarn wechseln zum Sommer mehr als 2500 Kinder auf eine weiterführende Schule.
Eltern haben dabei freie Schulwahl, denn eine Übergangsempfehlung von der Grundschule gibt es nicht mehr. Wer jetzt auf ein Stormarner Gymnasium kommt, macht sein Abitur frühestens nach neun Jahren auf der weiterführenden Bildungseinrichtung und nicht mehr wie bisher nach acht. Über den ersten G9-Jahrgang wurde viel spekuliert – und befürchtet, die Mehrzahl der Eltern entscheiden sich bei der Schulwahl ihres Kindes für ein Gymnasium.
Stenke: „Wir wollen das Elternwahlrecht nicht einschränken“
Bei einem öffentlichen Treffen der Bargteheider CDU mit der parteilosen Staatssekretärin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Dorit Stenke, wurde das Thema heiß diskutiert. „Eltern schätzen die Belastung durch G9 häufig nicht realistisch ein“, sagt Andrea Aust, Lehrerin an der Emil-Nolde-Grundschule in Bargteheide. In den vergangenen Wochen hat sie viele Elterngespräche geführt. „Die Anforderungen an die Schüler werden sich bei G9 nicht wesentlich verändern“, so die Pädagogin. Nur durch die Verlängerung eines Jahres sei diese Schulform trotzdem nicht für jedes Kind geeignet. Aust warnt vor der Gefahr des Abschulens nach der Orientierungsstufe. Sie sagt: „Das ist immer eine persönliche Katastrophe für die Jungen und Mädchen.“ Trotzdem vermutet sie, dass viele Eltern durch G9 das Risiko verstärkt eingehen. „Wir wollen das Elternwahlrecht nicht einschränken“, sagt Stenke, „zurzeit wird über die Wiedereinführung der Übergangsempfehlung diskutiert.“
Als „Versuchskaninchen der schleswig-holsteinischen Bildungspolitik“ sieht sich Catharina Barchanski. Die Bargteheiderin ist Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern. „Beide sind von experimentellen Veränderungen in ihrer Schullaufbahn betroffen“, klagt sie. Bei ihrer Tochter fielen vor einigen Jahren die Noten in der Grundschule weg, bei ihrem Sohn steht in diesem Jahr ein Wechsel auf eine weiterführende Schule an. Barchanski: „Der Übergang zu G9 ist ein nicht vorbereiteter Schnellschuss, der zu Lasten der Kinder geht.“ Sie hat Sorge, dass die Gymnasien zum „Massenbetrieb“ werden, der weder personell noch räumlich aufgefangen werden könne.
140 Anmeldungen bei nur 98 Plätzen in Bargteheide
„Das eine Schuljahr mehr war ein signifikantes Merkmal der Gemeinschaftsschulen. Das fällt nun weg“, sagt Thomas Gehrke, Leiter der Gemeinschaftsschule Am Heimgarten in Ahrensburg – eine von fünf Gemeinschaftsschulen im Kreis, die über keine eigene Oberstufe verfügt. Er ist mit den ersten Anmeldezahlen zufrieden. In Ahrensburg wechseln zum Sommer 303 Kinder aus der Schlossstadt auf eine weiterführende Schulen. Für 47 von ihnen war die Lehranstalt Am Heimgarten erste Wahl. Im vergangenen Jahr meldeten sich in diesem Zeitraum 30 Viertklässler an. Gehrke weiß um die Situation der Stadt, die kontinuierlich wächst. Trotzdem scheinen sich die Sorgen um G9 mit sinkendem Interesse an Gemeinschaftsschulen nicht zu bestätigen.
85 Anmeldungen gab es sowohl für das Eric-Kandel-Gymnasium sowie die Stormarnschule. Die Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule war für 113 Kinder erste Wahl. Allerdings ist die Einrichtung beschränkt auf 72 Plätze. Auch bei der Anne-Frank-Schule in Bargteheide – 140 Anmeldungen und nur 98 Plätze – kommen nicht alle Bewerber zum Zug. In Trittau sieht man dem kommenden Schuljahr gelassen entgegen. „Wir können keine Veränderung zwischen G8 und G9 im Anmeldeverfahren ausmachen“, sagt Edgar Schwenke, Schulleiter des Gymnasiums Trittau. Die benachbarten Hahnheide-Gemeinschaftsschule verzeichnet mit 105 Neuzugängen stabile Anmeldezahlen. Leiter Christian Hack sagt: „Die Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet.“
Auf dem Kopernikus Gymnasium in Bargteheide gibt es 124 Anmeldungen für 116 Plätze. „Es war bekannt, dass 2018 und 2019 mehr Schüler kommen, auch ohne G9“, sagt Leiterin Brigitte Menell. Der Ahrensburger Schulleiter Thomas Gehrke bedauert vor allem eines: „Bildung wird immer noch mit Gymnasien verknüpft, nicht mit Gemeinschaftsschulen.“ Die dritte Anmelderunde endet am 21. März. Mitte April haben alle Schulen verlässliche Zahlen, mit denen sie planen können.