Glinde. Mehr Zeit zum Lernen für Jungen und Mädchen an allen neun Stormarner Schulen. Glinde stimmt Dienstag für Rückkehr zu G 9.
Am kommenden Dienstag tagt die Schulkonferenz am Glinder Gymnasium, die sich zu gleichen Anteilen aus Schülern, Lehrern und Eltern zusammensetzt. Auf der Agenda steht der Antrag von dem Vater und der Mutter eines Kindes, beim Abitur nach acht Jahren zu bleiben und damit dem Wunsch der Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen zu widersprechen. Jene möchte eine flächendeckende Rückkehr zu G 9. Die Chancen, dass Glinde ausschert, sind gleich null. „Wir haben auf der letzten Sitzung des Gremiums ein Meinungsbild erstellt. Das war eindeutig. Ich gehe davon aus, dass wir auf neun Jahre umschwenken“, sagt Schulleiterin Eva Kuhn. Auch die anderen acht Gymnasien in Stormarn werden so verfahren.
Der Landtag hatte im vergangenen Dezember eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes beschlossen. Bindend ist das ein Jahr längere Lernen jedoch nicht. Um beim jetzigen System zu bleiben, müssen sich in der Schulkonferenz 75 Prozent dafür aussprechen. Diese stimmt aber nur ab, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. Der kann von einer Person verfasst werden. Wird ein solcher nicht eingereicht, verabschiedet sich eine Schule automatisch von G 8. Gymnasien, die keinen Wechsel wollen, müssen das Bildungsministerium in Kiel darüber bis spätestens 23. Februar informieren.
Drei Stunden weniger Unterricht in der Mittelstufe
Mitteilungen aus Stormarn wird es diesbezüglich also nicht geben. Hier werden Kinder, die im kommenden Sommer als Fünftklässler auf ein Gymnasien wechseln, ihr Abschlusszeugnis bei einem normalen Vorankommen 2027 in den Händen halten und damit die allgemeine Hochschulreife erst nach neun Jahren auf der weiterführenden Bildungseinrichtung erlangen. Das betrifft neben Glinde die Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe, die Reinbeker Sachsenwaldschule, das Gymnasium Trittau, das Emil-von-Behring-Gymnasium in Großhansdorf, die Stormarnschule und das Eric-Kandel-Gymnasium in Ahrensburg sowie die Gymnasien Kopernikus und Eckhorst in Bargteheide.
Offiziell wird G 9 zum Schuljahr 2019/20 eingeführt, erst dann haben die Schüler in den fünften Klassen weniger Unterricht als jetzt. „Ich bin immer ein Freund von neun Jahren gewesen. Die meisten Kinder benötigen mehr Zeit“, sagt Rainer Kuske, Leiter des Emil-von-Behring-Gymnasiums, und verweist dabei auf die Belastungen der jüngeren Schüler. Derzeit hätten Fünftklässler 30 Wochenstunden, nach dem Wechsel seien es 27. In Großhansdorf hat es wie in vielen anderen Schulen keinen Antrag für den Verbleib bei G 8 gegeben.
Zusätzliche Lehrerstellen für Gymnasien bis 2027
Das trifft auch auf die Stormarnschule zu. „Wir haben über Monate beraten, immer wieder hat die Schulleitung informiert. Lehrer hatten bereits im Oktober Fachschaftssitzungen“, sagt Anja Groth von der Schulverwaltung. Nach den Weihnachtsferien sei klar gewesen, dass man wieder zum alten System zurückkehre.
„Die Schüler sind nach 13 Jahren Schule reifer“, sagt Heiko Rahf, stellvertretender Leiter des Gymnasiums Eckhorst. Er halte es für sinnvoll, dass die Kinder künftig in der Mittelstufe drei Stunden weniger Unterricht hätten und das Lernen ausgedehnt werde. In der Bargteheider Schule hatten sich im vergangenen Jahr 65 Jungen und Mädchen für die fünfte Klasse angemeldet. Auch wenn es auf Sicht mehr Klassen gibt, ist laut Rahf genug Platz vorhanden.
Die Landesregierung unterstützt die Gymnasien bis 2027 mit zusätzlichen Lehrerstellen. Außerdem bekommen Kommunen in Schleswig-Holstein mehr Geld für Schulen und Kitas aus Kiel. Vor Kurzem wurde ein Entlastungspaket in dreistelliger Millionenhöhe zugesagt. Wie viel von dem Geld in Stormarn ankommt, steht allerdings noch nicht fest. „Die Mittel sind auch dafür gedacht, im Zuge der Rückkehr zu G 9 neue Räume zu schaffen“, sagt Ministeriumssprecherin Patricia Zimnik. G 8 wurde in Schleswig-Holstein 2007 eingeführt. Eine Mitsprache der Schulen gab es damals nicht.
„Wir hätten für G 8 gestimmt“: Zwei Schülerinnen der Ahrensburger Stormarnschule erläutern ihre Gründe
Ahrensburg Die wohl meist diskutierte Frage der letzten Wochen an der Stormarnschule war die Frage nach G 8 oder G 9. Auch im Unterricht haben wir über das Thema geredet, jeder Schüler konnte bei einer Umfrage der Schülervertretung seine Stimme abgeben. Diese Umfrage ergab, dass es tatsächlich viele Schüler an der Stormarnschule gibt, die G 8 bevorzugen. Dazu gehören auch wir. Später haben uns die Schülersprecher mitgeteilt, dass sich jeweils zwölf Lehrer, Eltern und Schüler versammeln, diskutieren und dann über das Thema abstimmen werden.
Wir bedauern, dass unsere Abstimmung dadurch nicht direkt berücksichtigt wurde und wir nicht die Chance hatten, über dieses doch vor allem für Schüler relevante Thema mitzuentscheiden. Außerdem hatten wir den Eindruck, dass viele Lehrer nicht neutral waren, sondern im Unterricht ihre persönliche Meinung zu der Thematik geäußert und dadurch möglicherweise einige Schüler beeinflusst haben.
Warum sind wir für G 8? Wir wussten bereits, dass sich die meisten umliegenden Schulen schon im Dezember für G 9 ausgesprochen haben. Deswegen stellte sich für uns nicht mehr nur die Frage: „G 8 oder G 9?“ Wir hofften vielmehr auf „G 8 und G 9!“ Denn uns ist klar, dass es viele Kinder gibt, denen ein zusätzliches Jahr auf dem Gymnasium helfen würde. Aber wir halten es für besser, wenn die Schüler eine Wahlmöglichkeit haben. Wir meinen, dass in einem demokratischen Land wie Deutschland der Fokus immer auf einer freien Wahl stehen sollte.
Auslandsaufenthalt sorgenfrei planen
G 8 bietet aus unserer Sicht viele Möglichkeiten für diejenigen, die sich in neun Jahren Gymnasium nicht genug gefordert fühlen. Die Schüler, die zum Beispiel die Ambition haben, an ausländischen Universitäten zu studieren, haben im internationalen Vergleich weniger Chancen, mit den ausländischen Schülern mitzuhalten – schon deshalb, weil sie beim Schulabschluss schon ein Jahr älter sind. Auch einen längeren Auslandsaufenthalt könnte man ohne Sorgen machen. Denn bei G 8 hat man die Möglichkeit, guten Gewissens eine Klasse zu wiederholen.
Zusammenfassend möchten wir also sagen, dass es uns nicht darum geht, leistungsschwächeren Schülern den Weg zum Abitur zu verbauen. Wir sind viel mehr dafür, den Schülern die Chance zu geben, wählen zu können – ob sie eine Schule mit acht oder neun Jahren bis zum Abitur besuchen wollen.