Ahrensburg. Anlage nimmt an Pilotprojekt des Umweltministeriums teil. Erste Ergebnisse auch zu Arzneistoffen soll es Ende Februar geben.
Das Ahrensburger Klärwerk ist eines von acht in Schleswig-Holstein, die an einer Untersuchung des Umweltministeriums zu multiresistenten Keimen teilnehmen. Die Bakterien, gegen die viele Antibiotika nicht mehr wirken, waren jüngst vom NDR auch in zwölf niedersächsischen Bächen, Flüssen und Seen nachgewiesen worden.
Die Landesregierung will mit dem Forschungsprojekt „Spurenstoffe und multiresistente Bakterien“ herausfinden, welche Keime auf welchen Eintragswegen in die Umwelt gelangen, um dann umfassend handeln zu können. „Multiresistente Keime können auch in Schleswig-Holstein ein Problem darstellen“, sagt Umweltminister Robert Habeck (Grüne). „Von Krankenhäusern über die Haushalte bis zur Nutztierhaltung – wir brauchen eine umfängliche Antibiotika-Reduktionsstrategie.“
Jeden Tage werden rund sieben Millionen Liter gereinigt
Im Ahrensburger Klärwerk wird das Abwasser von rund 34.000 Einwohnern aus der Stadt und etwa 4000 Menschen aus den Ammersbeker Ortsteilen Bünningstedt und Daheim sowie aus Firmen gereinigt. Im Vorjahr kamen knapp 2,5 Millionen Kubikmeter Schmutzwasser an – jeden Tag etwa sieben Millionen Liter. Das Abwasserkanalnetz ist 105 Kilometer lang. Hinzu kommen 110 Kilometer Rohre für den Regen von Straßen und Grundstücken. Das gereinigte Wasser läuft über den Bornteich in die Aue und weiter zur Alster.
„Im August wurden bei uns eine Woche lang an mehreren Stellen der Anlage täglich Wasserproben genommen“, sagt Klärwerksleiter Olaf Grönwald. Das Wasser von allen acht Projekt-Teilnehmern hat das Umweltministerium im Labor untersuchen lassen. Dabei geht es neben den Keimen auch um Arzneistoffe. Bei Stichproben waren an den Abläufen von Klärwerken (darunter Ahrensburg und Bargteheide) neun Wirkstoffgruppen festgestellt worden – unter anderem Antibiotika, Schmerzmittel und Antidepressiva. „Erste Hinweise aus den Untersuchungen werden Ende Februar erwartet“, sagt Ministeriumssprecherin Jana Ohlhoff. Welche Auswirkungen die Ergebnisse auf die Kläranlagen im Land haben, ist noch nicht absehbar.
Besser Filterung ist technisch möglich
„Das ist auch für uns ein sehr spannendes Thema“, sagt Henning Wachholz, Werkleiter der Stadtbetriebe Ahrensburg. Den Eigenbetrieb der Stadt bilden die Entwässerung und der Bauhof. „Leider gehören wir nicht zu den vier Anlagen, die für den nächsten Teil des Projektes ausgewählt wurden“, so Wachholz. Im zweiten Schritt werden Proben über ein Jahr gezogen und analysiert, um den Einfluss des Jahresverlaufs auf die Ergebnisse zu untersuchen.
„Rein technisch besteht jetzt schon die Möglichkeit für eine bessere Filterung“, sagt der Ahrensburger Klärwerkchef Olaf Grönwald. „Aber es gibt noch keine gesetzlichen Vorgaben.“ Man könne Bioaktivkohle einsetzen und Ozon zugeben. Dafür sei allerdings eine vierte Reinigungsstufe nötig, die bisher nur wenige der deutschlandweit mehr als 10.000 Anlagen haben. Grönwald schätzt, dass bei einem Ausbau die Gebühren für jeden Einwohner um etwa zehn Euro jährlich steigen würden.
Kreis kontrolliert Qualität des Wassers an fünf Badestellen
Für die Kontrolle der Badegewässer ist in Schleswig-Holstein das Gesundheitsministerium zuständig. Es hat als Ergänzung des Forschungsprojektes Untersuchungen in einem See im Einzugsgebiet von Kläranlagen eingeleitet. Das Gewässer liegt nicht in Stormarn.
Generell werden Bäche und Teiche bisher nicht speziell auf multiresistente Keime untersucht. Während der Saison vom 1. Juni bis 15. September kontrolliert das Land allerdings die allgemeine Badewasserqualität. In Stormarn nimmt das Gesundheitsamt der Kreisverwaltung im Vier-Wochen-Rhythmus Proben an folgenden fünf Stellen: Herrenteich in Reinfeld, Poggensee in Bad Oldesloe, der Bredenbeker Teich in Ammersbek, Freibad Südstrand in Großensee, Baggersee im Tangstedter Ortsteil Wilstedt.
Aktuelle Messergebnisse lassen sich im Internet abrufen
Ermittelt werden unter anderem Wasser- und Lufttemperatur, Sichttiefe, Algenvorkommen und die Grenzwerte bei den Indikatorkeimen Escherichia Coli (EC) und Intestinale Enterokokken (IE). „Diese Indikatoren dienen unter anderem der Erkennung von Verschmutzung fäkalen Ursprungs, zum Beispiel durch Abwassereinflüsse“, sagt Ministeriumssprecher Christian Kohl. „Wenn diese Grenzwerte überschritten werden, wird an der betroffenen Badestelle ein Badeverbot verhängt, und zwar unabhängig davon, ob normale oder möglicherweise multiresistente Keime im Wasser sind.“ An den fünf überprüften Stormarner Seen war die Wasserqualität in den vergangenen Jahren stets „ausgezeichnet“.
Auch nach starkem Regen kann die Keimbelastung in Seen deutlich steigen – wenn zum Beispiel das Wasser von einer Kuhweide voller Fäkalien abläuft. Grundsätzlich können darunter auch multiresistente Erreger sein. Die können von allem für ältere oder chronisch kranke Menschen mit einem geschwächten Immunsystem gefährlich werden. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist die weltweite Zunahme antibiotika-resistenter Bakterienstämme eine der größten Herausforderungen. Denn dadurch kann die Zahl der Krankheitserreger steigen, gegen die kein Medikament hilft.
Aktuelle Messergebnisse von Juni bis Mitte September auf www.badewasserqualitaet.schleswig-holstein.de