Barsbüttel. Mit der Vorwerker Diakonie steht ein Nachfolger bereit. So einfach ist die Übernahme aber nicht. Gemeinde schaltet einen Anwalt ein.
Seit 1985 betreibt die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde die Barsbütteler Sozialstation. Demnächst wird sie ihr Engagement in diesem Bereich beenden. Mit der Vorwerker Diakonie steht ein Nachfolger bereit. Sie will die Trägerschaft im April übernehmen. Deren Geschäftsführer Fred Mente sagte dem Abendblatt: „Die Unterzeichnung des Vertrags steht unmittelbar bevor.“ Allerdings muss auch Barsbüttel mitspielen. Gemeinde und Kirche sind in Sachen Sozialstation per Kontrakt aneinander gebunden. Beide Seiten lassen das Schriftstück von Juristen prüfen. Dabei geht es ums Geld.
Gerüchten zufolge schreibt die Kirche mit der Einrichtung rote Zahlen und gibt sie auch deswegen auf. Weder Pastor Dino Steinbrink noch Harald Fritze, der stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderates, waren für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Leiterin der Sozialstation, Kirstin Beenders, wollte keine Details nennen und verrät nur soviel: „Die Mitarbeiter wissen seit wenigen Wochen Bescheid, es herrscht eine positive Stimmung.“ Überrascht sei sie nicht gewesen. Die Vorwerker Diakonie will das komplette Personal übernehmen. „Der Standort soll ebenfalls bestehen bleiben“, sagt Mente.
Im nichtöffentlichen Teil des Hauptausschusses am 15. Februar beschäftigt sich die Politik mit dem Thema. Unter Tagesordnungspunkt 13 heißt es „Sachstand zur Vertragsangelegenheit der Sozialstation“.
Barsbüttel unterstützt mit 20.000 Euro pro Jahr
Der mehr als 30 Jahre alte Kontrakt zwischen Kirche und Gemeinde wurde mehrmals modifiziert. Dadurch hat sich zum Beispiel die Zusammensetzung des Kuratoriums geändert, das in Entscheidungen eingebunden ist. Waren früher zwei Vertreter der Kirche, drei Kommunalpolitiker sowie Bürgermeister und eine Person des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Mitglieder, setzt sich das Gremium nun aus vier Kirchen-, zwei Parteimitgliedern und einem DRK-Vertreter zusammen.
Hintergrund der von Bürgermeister Thomas Schreitmüller bestätigten Vertragsprüfung durch die Gemeinde ist nach Informationen dieser Zeitung auch, dass die Kirche nicht für ausreichend Pensionsrückstellungen gesorgt haben soll. Die Rede ist von einem hohen sechsstelligen Betrag. Daran stößt sich die Vorwerker Diakonie. Die Kirche sieht die Kommune hier offenbar in der Mitverantwortung. Diese hat jedoch kein Interesse, Geld nachzuzahlen.
Bau kostete in den 1990ern 4,2 Millionen Mark
Barsbüttel bezuschusst die Sozialstation seit Jahren mit 20.000 Euro pro Jahr. Und auch beim Bau des Gebäudes am Waldenburger Weg in Rathausnähe Anfang der 90er-Jahre, in dem die Einrichtung jetzt untergebracht ist, half die Gemeinde und übergab das entsprechende Grundstück per Erbpacht an die Kirche. Die Immobilie hat seinerzeit 4,2 Millionen Mark gekostet, rund 1,8 Millionen steuerte Barsbüttel bei. Eigentümer ist die Kirche. Sie hat einige Räume vermietet.
Ein Streit mit der Gemeinde könnte die Übernahme der Sozialstation mit ihren rund 30 Mitarbeitern samt Aushilfen verzögern. Denn kündigen kann die Kirche den Vertrag erst zum Dezember 2019. Soll er früher aufgelöst werden, muss Barsbüttel dem zustimmen.
Die Vorwerker Diakonie beschäftigt rund 3000 Menschen und ist einer der größten Arbeitgeber in der Region Lübeck. Sie verteilen sich auf mehr als 70 Einrichtungen, darunter auch welche in den Landkreisen Herzogtum Lauenburg und Ostholstein. Dabei wird ein breites Spektrum angeboten: Es gibt unter anderem Kindertagesstätten, die Suchtkrankenhilfe, ein Hospiz und Fachkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Diakonie wurde 1906 gegründet und 2013 von einem Verein in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt.