Ahrensburg. In Stormarn gestohlene Luxusfahrzeuge verfügen über Keyless-Technologie. ADAC warnt Besitzer. Wie sich Halter schützen können.
Sie benötigen weder einen Hammer zum Einschlagen der Autoscheibe noch einen Schraubendreher zum Aufstechen des Türschlosses und Starten des Fahrzeugs. Professionelle Autodiebe setzten auf moderne Technik, mit der sie – ohne das Auto zu beschädigen – binnen Sekunden mit ihrer Beute davonfahren.
Möglich macht dies das Keyless-Go-System. Wie der Name schon verrät, braucht der Autofahrer dabei keinen klassischen Schlüssel zum Öffnen oder Starten seines Fahrzeugs. Er trägt einen Funkschlüssel bei sich. Nähert er sich dem Auto, öffnet sich dieses automatisch. Gestartet wird das Fahrzeug dann per Knopfdruck. Es ist eine Technologie, die insbesondere in hochwertigen Autos verbaut ist und für mehr Komfort sorgen soll. Doch es ist auch eine unsichere Technologie, was auch immer mehr Menschen in Stormarn zu spüren bekommen.
Diebstähle in Stormarn haben sich zuletzt gehäuft
So haben Unbekannte in den vergangenen drei Wochen in Siek einen weißen Mercedes C 250 im Wert von etwa 35.000 Euro gestohlen und in Barbüttel einen circa 95.000 Euro teuren weißen Audi Q 7 sowie einen schwarzen Mercedes 218 AMG, der etwa genauso viel wert ist wie der Audi. Wie viele Autos mit einem Keyless-System genau in Stormarn in den vergangenen Monaten gestohlen worden sind, kann die Polizei nicht sagen. „Das wird in unserem System bei der Anzeige nicht explizit erfasst“, erklärt Polizeisprecher Holger Meier. Zudem gebe es auch keinen Einheitsbegriff, sollte der Sachbearbeiter einen Vermerk machen. „Die einen schreiben Keyless, die anderen schlüsselloses System.“ Dennoch schätzt Meier, dass etwa fünf Prozent der gestohlenen Autos ein Keyless-System haben.
Wie viele Autos im vergangenen Jahr gestohlen worden sind, dürfe die Stormarner Polizei nicht sagen. Dies sei dem Innenminister vorbehalten, der die Zahlen erst in einigen Wochen vorstellen wird. Ein weiteres Problem der Polizei bei der Erfassung von Autodiebstählen. „Wir wissen nicht, wie die Diebe vorgegangen sind, ob sie tatsächlich das Keyless-Go-System überwunden haben“, sagt Meier.
Der ADAC ist sich hingegen sicher, dass Autos mit einem Keyless-Schließ- und Startsystem deutlich leichter zu stehlen sind als Fahrzeuge mit normalem Funkschlüssel. Der Automobilclub hat dafür rund 160 Autos unterschiedlicher Modelle getestet. „Mit einer selbst gebauten Funk-Verlängerung konnten alle bisher untersuchten, mit Keyless ausgestatteten Autos sekundenschnell geöffnet und weggefahren werden“, erklärt Christian Hieff, Sprecher beim ADAC Hansa in Hamburg.
Die Komponenten gibt es in jedem Baumarkt für 100 Euro
Autodiebe hätten dabei besonders leichtes Spiel. Die Geräte, mit denen die verschlüsselten Signale der Funkschlüssel verlängert werden, ließen sich einfach zusammenbauen. „Die Komponenten gibt es in jeden Elektromarkt für rund 100 Euro“, sagt Hieff. Ferner würden entsprechende Geräte auch im Internet zum Kauf angeboten.
Diese fangen das Signal ein und verlängern die Reichweite um mehrere hundert Meter. Normalerweise öffnet sich ein Auto mit dem Keyless-System, sobald der Original-Schlüssel in der Nähe ist. Empfängt der Bordcomputer das Signal, lässt sich der Wagen auch per Knopfdruck starten. „Sobald der Motor läuft, muss der Funkschlüssel nicht mehr in der Nähe sein“, erklärt Hieff. Wie die Kriminellen vorgehen, zeigen diverse Überwachungsvideos. Mit der selbstgebauten Funk-Verlängerung stellt sich ein Täter an die Eingangstür eines Einfamilienhauses und fängt das Signal des Autoschlüssel auf, der zum Beispiel auf einer Kommode liegt. Ein Komplize steht mit einem weiteren Gerät am Auto und leitete das Signal an den Bordcomputer weiter.
So können sich Autobesitzer besser schützen
Schützen können sich Autobesitzer, indem sie die Schlüssel in eine Metalldose legen oder in Alufolie wickeln. „Das widerspricht jedoch dem Grundgedanken eines Komfort-Extras“, sagt Hieff und rät vom Kauf eines Autos mit diesem System ab. Ferner sieht der ADAC die Automobilhersteller in der Verantwortung. „Wenn man eine Technik nicht sicher machen kann, dann darf man sie nicht auf den Markt bringen“, sagt Hieff und kritisiert, dass bei den Autobauern nicht einmal das Bemühen zu erkennen sei, die Sicherheitslücke zu schließen.
Dem widerspricht Eckehart Rotter, Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Die Hersteller würden die Schutzmechanismen ständig weiter entwickeln und seien dabei im Dialog mit den Sicherheitsbehörden. Rotter: „Auch wenn einzelne Fälle hohe Aufmerksamkeit erlangen: Kunden, die Keyless-Go-Systeme nutzen, müssen sich keine Sorgen machen, dass ihre Autos stärker gefährdet sind, als andere.“ Dennoch hätten jetzt neueste Keyless-Go-Schlüssel einen Knopf zum Ausschalten des Signals.