Bargteheide/Delingsdorf. Neuwinzer von Delingsdorf sind zufrieden: Trotz Regensommers gedeihen die Pflanzen gut auf Schatoh Feldmark. Erste richtige Ernte 2020.

Unser Patenkind misst knapp 1,70 Meter, hat kräftige, sattgrüne Blätter und windet sich vorbildlich an seinem drahtigen Erziehungssystem empor. Die Weinrebe, für die das Abendblatt Anfang Mai eine Patenschaft übernommen hat, könnte sich kaum besser entwickeln. „Sie bekommt ja auch die beste Pflege“, sagt Jörn Andresen. Dem Bargteheider Baumschul- und Gärtnereibesitzer steht der Stolz ins Gesicht geschrieben, wenn er über die 1,3 Hektar große Fläche blickt, auf der rund 5400 Pflanzen wachsen.

Die Gewächse bilden das erste Weingut Stormarns, das sich zum größten Weinanbaugebiet Schleswig-Holsteins entwickeln wird. In den nächsten zweieinhalb Jahren folgen auf zwei weiteren Hektar Fläche nochmals 10.000 Reben. So nehmen die Pläne von Jörn Andresen, Leon Zijlstra und Sven Dohrendorf, die von manchen anfangs belächelt wurden, Gestalt an. Der Gartenfachmann, der studierte Weinprofi und der Weinhändler wollten Winzer werden, in ihrem Heimatkreis ein Weingut gründen. „Zu flach, zu kalt, zu wenig Sonne“, sagten Zweifler.

Helfer buddelten die ersten Pflanzen im April ein

Doch die Männer hatten einen ausgereiften Plan, der ihnen im September 2016 die Zusage der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) einbrachte. Sie ist für die Prüfung und Vergabe von Weinanbauflächen zuständig und wies den Stormarnern mit 3,3 Hektar den größten Teil der zu vergebenden Fläche zu. „Obwohl wir von unserer Bewerbung überzeugt waren, war die Zusage eine Riesenüberraschung“, erinnert sich Jörn Andresen.

Dann ging die Arbeit los: Der Boden musste vorbereitet, die Weinstöcke bestellt, das Erziehungssystem aufgebaut werden. Ende April wurden dann auf die ersten Pflanzen für das „Schatoh Feldmark“ getaufte Weingut zwischen Bargteheide und Delingsdorf gesetzt. In Teams aufgeteilt, buddelten mehr als 150 fleißige Helfer Pflanzlöcher und versenkten die - damals noch ziemlich unscheinbar aussehenden - Rebstöcke darin. „Die Pflanzen müssen mit viel Wasser richtig schön eingeschlämmt werden“, sagt Jörn Andresen. Das schließe Hohlräume und lasse auch feine Wurzeln mit dem Boden in Kontakt kommen. Die Helfer hatten Glück. „Statt schwere Gießkannen schleppen zu müssen, hat ein kräftiger Regenschauer das Einschlämmen übernommen“, sagt der diplomierte Landschaftsgärtner.

Die Neuwinzer Jörn Andresen (l.) und Leon Zijlstra haben bisher viele Hunderte von Arbeitsstunden in ihr Weingut gesteckt. Mit wachsendem Erfolg HA Verena Künstner Es wird biologischer Weinanbau betrieben

Und es sollte nicht der letzte Regen in diesem Jahr gewesen sein. „Wir mussten bisher kein einziges Mal wässern“, sagt Leon Zijlstra, der als Markenbotschafter spanische Weingüter vertritt. „Das hat uns einige Arbeitsgänge erspart.“ Doch es sei einigen Pflanzen anzumerken, dass sie sich nach mehr Trockenheit, Sonne und Wärme sehnen. Etwa ein Drittel der Reben sei noch keinen Meter hoch und brauche wohl ein weiteres Jahr Entwicklungszeit. „Das haut uns aber nicht um. Wir haben das von Anfang an mit einberechnet“, sagt Jörn Andresen. Auf der Fläche gedeihen neben der Hauptsorte „Solaris“ noch die ebenfalls weißen Rebsorten „Johanniter“ und „Riesel“. Und zum Leidwesen der Neuwinzer auch eine ganze Menge an Sauerampfer, Ackerwinde und Gräsern. Da „Schatoh Feldmark“ für biologischen Weinanbau stehen soll, wird kein Unkrautgift eingesetzt. Stattdessen fahren Andresen, Zijlstra und deren tatkräftige Unterstützer derzeit regelmäßig mit einem Schmalspur-Schlepper durch die Reihen, um den Boden zu lockern und den Wildwuchs einzudämmen. Und auch an jedem einzelnen Weinstock muss Hand angelegt werden. Beim sogenannten Ausgeizen werden unerwünschte Austriebe entfernt, um den vorhandenen Rebentrieben mehr Kraft zu geben. „Die heften wir dann an den gespannten Draht“, erklärt der Weinfachmann Leon Zijlstra gegenüber dem Abendblatt. „So entwickelt sich dann nach und nach ein gerader Stamm.“ Einige Reben hätten schon kleine Träubchen gebildet. „Die haben wir aber abgeknipst“, sagt Jörn Andresen. Die Pflanzen sollen sich erst einmal aufs Wachsen konzentrieren, sagt der 53-Jährige.

Und wann gibt es ihn endlich, den ersten Stormarner Wein? „Die erste richtige Ernte haben wir für 2020 geplant“, sagen Zijlstra und Andresen. „Und wenn alles weiter so gut läuft, können wir bereits im nächsten Jahr ein paar Flaschen Federweißer machen.“ Ein schöner Gedanke: Neuer Stormarner Wein, mit einem Hauch Abendblatt-Aroma im Abgang.