Ahrensburg. Diebstähle und Schläge in Ahrensburg. Anwohner und Geschäftsleute beklagen Zustände ander Klaus-Groth-Straße.

Ausgerechnet jetzt, an lauen Sommerabenden, hält Ingrid Schulz die Fenster ihrer Wohnung zur Klaus-Groth-Straße abends oft geschlossen. Die Ahrensburgerin, die ihren richtigen Namen aus Sorge vor Repressalien lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, ist eine von mehreren Anwohnern des Vorplatzes des City Centers Ahrensburg (CCA) und des Penny-Marktes, die sich über ruhestörenden Lärm und Unrat auf der Straße ärgert. Über Plastikmüll, Zigarettenkippen und Scherben, die bis zu 20 Jugendliche an dem Ort hinterlassen, an dem sie mehrmals in der Woche zusammenkommen.

Eine Situation, die auch dem Centermanager zunehmend Sorgen bereitet: „Mindestens einmal pro Woche rufe ich wegen dieser Jugendlichen, die zum Teil auch im CCA Ladendiebstähle begehen, die Polizei“, sagt Erich Lawrenz. Es sei vorgekommen, dass Kunden belästigt und bedrängt wurden. Jahrelang lebten er und zahlreiche Anwohner nun schon mit diesen Problemen, für die weder die Polizei noch die Stadt Lösungen parat hätten.

CCA-Manager Erich Lawrenz (l.) und Projektmanager Peter-Jens Jesse
CCA-Manager Erich Lawrenz (l.) und Projektmanager Peter-Jens Jesse © HA | Ralph Klingel-Domdey

Weil ihm die Situation jetzt über den Kopf zu wachsen droht, weil ihm in der Vergangenheit bei einem beherzten Einschreiten sogar ins Gesicht geschlagen wurde, hat Erich Lawrenz bei den neuen Eigentümern des Einkaufszentrums, der Münchener ILG-Gruppe, um Hilfe gebeten. Er sagt: „Wir brauchen einen Sicherheitsdienst an den Eingängen zum CCA. Ich selbst kann nicht jeden Abend aufpassen, dass hier wieder etwas aus dem Ruder läuft.“ Der neue Eigentümer habe seine Anfrage nach Sicherheitspersonal wohlwollend zur Kenntnis genommen. Eine Entscheidung soll zeitnah getroffen werden.

Die Polizei ist inzwischen jede Woche mehrmals vor Ort

Die Szenen gleichen einander immer wieder: Ab etwa 18 Uhr sitzen Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 20 Jahren – unter ihnen einige mit Migrationshintergrund – auf den Bänken an der Klaus-Groth-Straße auf dem Vorplatz des CCA oder stehen dort herum. Beliebt als Treffpunkt ist auch der Durchgang neben dem Penny-Markt und die anschließende Laderampe des Budni-Marktes am Rathausplatz. Die Jugendlichen quatschen, rauchen und trinken auch Alkohol. Diesen und Zigaretten gibt es bei Penny, der Supermarkt hat bis 22 Uhr geöffnet. Die älteren Jugendlichen versorgen die jüngeren damit. Oft geht es an den Treffpunkten laut zu. So laut, dass Ingrid Schulz ihren Balkon zum Lehmannstieg oft nicht mehr nutzt. Sie sagt: „Als ich vor zwei Jahren hierher zog, glaubte ich, ich komme in eine schicke, kleine Stadt im Dornröschenschlaf. Was ich aber an Lärm und Dreck ertragen muss, dass ich nur noch durch die Tiefgarage zu meiner Wohnung gehe, weil ich mich zu bestimmten Zeiten vor dem Haus nicht mehr sicher fühle, das ist schwer auszuhalten.“ Sie erwarte, dass die Stadt endlich etwas unternimmt. Schulz: „Die Probleme haben massiv zugenommen.“

Das sieht auch Erich Lawrenz so. Er lobt die Zusammenarbeit mit der Polizei ausdrücklich: „Wenn ich die rufe, kommt sie sofort.“ Polizeihauptkommissar Jörg Marienberg, stellvertretender Leiter der Ahrensburger Polizeizentralstation, sagt: „Manchmal haben wir deutlich häufiger Einsätze am und im CCA als einmal in der Woche“. Er stellt aber auch klar: „Das CCA und sein Vorplatz sind kein Einsatzschwerpunkt.“ Allerdings werde der Ort bei Streifenfahrten regelmäßig abgefahren.

Polizei spricht häufig Platzverweise gegen Ruhestörer aus

„Unsere Möglichkeiten, dort dauerhaft für Ruhe zu sorgen, sind begrenzt“, sagt Marco Hecht-Hinz, Dienstgruppenleiter bei der Ahrensburger Polizei. Regelmäßig maßregelten die Beamten die jungen Leute. „Wir sprechen sogar häufig Platzverweise aus, insbesondere bei Ruhestörungen“, sagt Hecht-Hinz. „Für den Kampf gegen Lärm und Schmutz ist aber eigentlich die Stadt und deren Ordnungsamt verantwortlich.“

Doch hat die Verwaltung die Sorgen der Geschäftsleute und der Anlieger überhaupt auf dem Schirm? Zum wiederholten Male hatte sich das Abendblatt im April 2016 dieses Themas angenommen. Fabian Dorow, Fachbereichsleiter für Ordnungsangelegenheiten im Ahrensburger Rathaus, sagte damals: „Auf öffentlichen Plätzen zu sitzen und Alkohol zu trinken, ist nicht verboten. Das Ordnungsamt hat kein Personal für einen Außendienst.“

„Die Stadt hat sich nicht um diese Probleme gekümmert“

Mit solchen Antworten wollen sich Erich Lawrenz und Anwohnerin Ingrid Schulz nicht mehr zufrieden geben. „Die Stadt hat sich bisher überhaupt nicht um diese Probleme gekümmert“, beklagt Lawrenz. „Das wäre doch eine Aufgabe für einen Stadtjugendpfleger. Oder durchaus genug Anlass für Straßensozialarbeit.“ Was sagt Matthias Bollmann, Stadtjugendpfleger von Ahrensburg, dazu? „Uns sind die Probleme am CCA bekannt. Wir sind mit unseren Sozialpädagogen auch vor Ort und weisen die Jugendlichen auf die Angebote der Stadt für sie hin.“ Mit Angeboten meint Bollmann vor allem das offene Jugendzentrum Bruno-Bröker-Haus am Stormarnplatz. Um die Jugendbetreuung dort auszuweiten, habe die Stadt kürzlich einen dritten hauptamtlichen Mitarbeiter eingestellt. „Aber“, so der Stadtjugendpfleger, „wir können nun mal keinen Jugendlichen zwingen, unsere Angebote anzunehmen.“

Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach sieht wenig Handhabe der Stadt für ordnungsrechtliche Maßnahmen. „Wir können erst eingreifen, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist.“ Dafür reichten Ruhestörungen, das Hinterlassen von Müll und das Trinken von Alkohol jedoch nicht aus.

Straftaten sollten angezeigt werden, sagt Marco Hecht-Hinz von der Polizei in Ahrensburg
Straftaten sollten angezeigt werden, sagt Marco Hecht-Hinz von der Polizei in Ahrensburg © Dorothea Benedikt

Peter-Jens Jesse helfen solch juristische Bewertungen wenig. Der Projektmanager für Tabak und Presse im CCA, der fast täglich Kunden im Center bedient, macht selbst immer wieder sehr unangenehme Erfahrungen mit Jugendlichen. Er sagt: „Wenn es draußen regnet, versammeln sie sich in der Halle im Eingangsbereich zwischen Aldi und dem C & A-Geschäft, drehen die Lautsprecher ihrer Musikgeräte auf. Wenn ich dann höflich darum bitte, leiser zu sein und auf andere Rücksicht zu nehmen, werden mir schon mal Schläge angedroht.“ Kunden suchten dann schnell das Weite, wenn Jesse Sätze wie „Verpiss dich, Alter, oder willst Du auf die Schnauze?“ entgegenhallen.

Für einen Ordnungsdienst braucht die Stadt Personal

Was könnte helfen, die Missstände am CCA und auf der Klaus-Groth-Straße zu beheben? Auf einen möglichen Außendienst des städtischen Ordnungsamtes hingewiesen – ähnlich dem früheren Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) in Hamburg – sagt Bürgermeister Sarach, er sei für solch eine Idee aufgeschlossen. „Dafür ist allerdings zusätzliches Personal nötig. Und das kostet dann natürlich Geld“, gibt der Verwaltungschef zu Bedenken.

Die Polizei appelliert unterdessen an die Bürger, eventuelle Straftaten und Vorfälle am CCA anzuzeigen. Zu schweren Straftaten wie etwa Sexualdelikten sei es dort noch nicht gekommen. Möglicherweise gebe es aber ein Dunkelfeld. Wenn es darum gehe, mögliche Übergriffe, Ruhestörungen oder Nötigungen zu melden, bittet die Polizei Zeugen, Name und Anschrift zu hinterlassen. „Dann können wir mit den Betroffenen Rücksprache halten und effektiver reagieren“, sagt Dienstgruppenleiter Marco Hecht-Hinz.

Anwohnerin Ingrid Schulz hilft das wohl nicht mehr. Dem Abendblatt sagt sie: „Ein Sicherheitsdienst vor dem CCA könnte die Situation hier zwar entspannen. Aber der Ärger hat in den vergangenen Monaten derart zugenommen, das ich mir eine neue Wohnung suche.“

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