Reinbek. Abfallwirtschaft Südholstein sucht bisher erfolglos nach Grundstück. Politik lehnt ersten Plan ab. Verwaltung prüft neue Standorte.
Die chaotischen Zustände an der Glinder Straße im Reinbeker Ortsteil Schönningstedt, an deren Ende der Recyclinghof beheimatet ist, werden sich so schnell nicht ändern. Vor allem an Sonnabenden stehen die Kunden mit ihren Autos teilweise bis zur Kreuzung Ecke Königstraße Schlange und blockieren die Einfahrten der Anwohner. Der Betreiber, die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH), will den Standort schon lange aufgeben und hatte einen Umzug für dieses Jahr angepeilt. Doch daraus wird nichts.
Konkret hatte sich das Entsorgungsunternehmen um ein Grundstück nahe der Carl-Zeiss-Straße im Gewerbegebiet bemüht (wir berichteten). Dort war früher die Stadtgärtnerei angesiedelt. Einem Verkauf muss die Politik zustimmen. „Sie hat dem Vorhaben eine Absage erteilt, weil sie die Fläche als schützenswert und Biotop ansieht“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel. Eine Vorlage dazu hatte die Verwaltung nicht erarbeitet. Die Gespräche liefen vor einiger Zeit hinter verschlossenen Türen. Auf einen Standortwechsel drängen Reinbeks Kommunalpolitiker dennoch.
Inzwischen haben sie Bürgermeister Björn Warmer in die Spur geschickt, in Verhandlungen mit der Abfallwirtschaft Südholstein kurzfristig darauf hinzuwirken, dass der Hof umzieht. So steht es in einem Antrag der SPD. Die Verwaltung prüft derzeit sogar Möglichkeiten auf Flächen, die in Privateigentum sind, was eigentlich nicht ihre Aufgabe ist. Eine davon befindet sich in der Nachbarkommune Glinde. „Diese Service-Einrichtung ist exzellent und von hohem Nutzen für die Bürger der Region. Da wollen wir natürlich helfen, eine Lösung zu finden“, sagt Warmer.
Zum einen untersucht das Rathaus ein Areal zwischen den Straßen Büchsenschinken und Kronshorster Weg. Ein weiteres liegt nahe der Kreisstraße 80 am Waldweg auf Glinder Gebiet. Ein Sachstandsbericht soll den Politikern in Kürze präsentiert werden. Die Idee, beide Grundstücke unter die Lupe zu nehmen, hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Müller. Er sagt: „Bei der Reinbeker Variante könnte man über die Straße Büchsenschinken zum Hof fahren und ihn über den Kronshorster Weg verlassen.“ Das sei aus verkehrstechnischer Sicht eine gute Sache.
Was in der Theorie so einfach klingt, gestaltet sich in der Praxis womöglich schwierig. „Der Standort liegt außerhalb der Siedlungsachse, da soll also keine städtebauliche Entwicklung verwirklicht werden“, sagt Noetzel. Und genauso wie in Glinde müsse das Grundstück vom privaten Eigentümer erworben werden. Beide Vorschläge seien sehr problembehaftet. Reinbeks Bauamtsleiter: „Da sind noch ganz viele Fragezeichen, deshalb bin ich nicht gerade euphorisch.“ Die AWSH ist seit Längerem auf der Suche nach einem Grundstück. Geschäftsführer Dennis Kissel sagte dem Abendblatt: „Ich benötige Platz in einem ausgewiesenen Gewerbegebiet, doch den gibt es nicht.“ Natürlich habe auch er in Sachen Kaufpreis eine Schmerzgrenze.
Umzug nach Glinde scheiterte 2013 an zu hohen Kosten
Eine Option zu Reinbek ist Glinde. Sich weiter in Richtung Osten oder Norden zu orientieren, macht für das Unternehmen keinen Sinn. Denn in Wentorf und Stapelfeld hat das Unternehmen ebenfalls Recyclinghöfe. 2013 wäre die AWSH beinahe von Reinbek nach Glinde in den Biedenkamp gezogen. Bodenuntersuchungen ergaben jedoch, dass das Grundstück wegen mangelnder Tragfähigkeit nicht geeignet war. Der nötige Bodenaustausch bis in eineinhalb Meter Tiefe wäre zu teuer geworden.
Das kommunale Unternehmen mit Sitz in Elmenhorst bei Schwarzenbek betreibt im Süden Schleswig-Holsteins 13 Recyclinghöfe. Die 7500 Quadratmeter große Anlage in Reinbek, mit bis zu 1000 Kunden am Tag die höchst frequentierte in Stormarn und im Kreis Herzogtum Lauenburg, besteht seit 1995 und ist nicht mehr zeitgemäß. Mitarbeiterbüro und Umkleideraum befinden sich in verwitterten Containern. Von einer Modernisierung hatte die AWSH unabhängig von der Verkehrsproblematik abgesehen, weil die Stadt als Vermieter der Fläche schon unter dem früheren Bürgermeister Axel Bärendorf keinen dauerhaften Verbleib garantieren wollte.
Die Anwohner der Glinder Straße sehnen einen Umzug herbei. Sie kritisieren unter anderem, dass schwere Lastwagen morgens um 5 Uhr mit 60 statt der erlaubten 30 km/h durch die Straße zum Recyclinghof fahren und zu viel Lärm machen. Hauseigentümer berichten von Setzrissen in den Wänden durch die Erschütterungen. „Und es gibt Menschen, die wollen sich vor dem Hof nicht in die lange Schlange stellen, entsorgen den Müll in den Wäldern. Damit haben wir viel Mühe“, sagt Noetzel. Deshalb fordert Sozialdemokrat Müller: „Es ist Zeit, das Problem zu lösen.“
AWSH will zwei Millionen Euro in Neubau investieren
Die AWSH würde lieber heute als morgen mindestens zwei Millionen Euro investieren und ein gemauertes Gebäude mit Alufassade und behindertengerechtem WC erstellen. „Wir brauchen nur Planungssicherheit“, sagt Kissel. Er könne sich einen Neubau sogar am jetzigen Standort vorstellen. „Mit einem Grundstückskauf oder einem Pachtvertrag über 20 Jahre sowie einer Verkehrserschließung von der anderen Seite.“ Das sei jedoch Sache der Stadt. Kissel rechnet mit einer Bauzeit zwischen ein und eineinhalb Jahren, je nach Standort. Der AWSH-Geschäftsführer: „Anwohner der Glinder Straße werden frühestens 2019 entlastet.“