Ahrensburg. Ein Jahr lang kein Geläut – Sanierung von Glockenstuhl und Turm des Ahrensburger Gotteshauses wird mindestens bis Weihnachten dauern.
Egal, ob Hochzeit oder Gottesdienst, Besucher der Ahrensburger Schlosskirche müssen weiterhin auf das charakteristische Läuten der Glocke verzichten. „Es hat zwar noch keine Hochzeitsgesellschaft abgesagt“, sagt Pastorin Ursula Sieg, die alle Interessenten über die Probleme mit dem Turmgebälk informiert. Ein Paar habe aber angekündigt, ihren Gästen kleine Glocken als Ersatz in die Hand zu geben. Die Geistliche sagt: „Vermisst wird das Läuten natürlich schon, gerade von den älteren Anwohnern.“
Schon seit Weihnachten herrscht Stille im Kirchturm
Kurz vor Weihnachten waren die Mängel bekannt geworden. Der Schock war groß. Fäule im Gebälk des Glockenstuhls destabilisierte den 1778 angebauten Turm der Schlosskirche, das Geläut musste über die Feiertage still bleiben. In einer Notaktion wurde noch vor dem Fest ein zusätzlicher Balken eingezogen, an dem die Glocken mit Gurten befestigt wurden. Hinzu kam eine Zwischendecke aus Holz, um die gerade erneuerte Orgel vor Staub zu schützen. Seither herrscht Stille im Glockenturm.
„Wir hoffen, dass wir die Glocken dieses Jahr zum Heiligen Fest wieder erklingen lassen dürfen“, sagt Pastorin Sieg, die auch im Bauausschuss der Kirchengemeinde sitzt. Sie wären dann für ein ganzes Jahr außer Betrieb gewesen. Doch auch hinter diesem Datum stehen noch viele Fragezeichen. Auf Basis von Gutachten des Oldesloer Ingenieurbüros Germer und Schmahlfeldt und des Holzspezialisten Manfred Eichhorn wurden Angebote zur Sanierung des Glockenstuhls und des Turm-Mauerwerks eingeholt. Nun wird in rund zwei Wochen mit konkreten Zahlen gerechnet. „Das ging nicht schneller, weil sich der erst im Januar zusammengekommene Kirchengemeinderat erst in die Materie einarbeiten musste“, sagt Pastorin Sieg. Das bis dahin amtierende Beauftragtengremium hatte für die Arbeiten vorsorglich bereits 100.000 Euro in den Haushalt eingestellt.
Sanierung wird nun sehr aufwendig
„Sicher ist, das muss jemand machen, der Erfahrung mit der Sanierung historischer Bauten hat“, sagt Hans-Peter Hansen, der als Architekt im Ruhestand dem Bauausschuss vorsitzt. Bei der letzten Renovierung der Kirche im Jahr 1990 hatte er als ausführender Architekt bereits die Sanierung des Turms vorgeschlagen. „Das ist damals aber mit Hinweis auf den Denkmalschutz zurückgestellt worden. Die ursprüngliche Fassade sollte so lange wie möglich erhalten werden“, sagt er. Dafür seien die Schäden heute umso größer. „Gerade der Schwerlastverkehr auf der Lübecker Straße, also der ehemaligen B 75, dürfte für einige Risse mit verantwortlich sein“, so der Fachmann.
Sowohl die Sanierung des Glockenstuhls als auch des Turms wird nun sehr aufwendig. Das Instandsetzungskonzept sieht den Austausch einiger sogenannter Grat- und Deckenbalken vor. An ihnen soll der Glockenstuhl zwischenzeitig mit Gurten aufgehängt werden, um dann die Grundbalken austauschen zu können. Erschwert wird das Verfahren, weil weitestgehend nach zeitgenössischer Methodik gearbeitet und möglichst viel Ausgangsmaterial erhalten werden soll.
Gemeinde hofft auf Geld von Landeskirche und der Stadt
Ähnlich arbeitsintensiv gestaltet sich die Sanierung des Turms, wie Fabian Garthe aus dem Bauausschuss erklärt. „Das alte Fugenmaterial muss mindestens fünf Zentimeter tief herausgekratzt und dann mit einem speziellen Sanierungsmörtel neu verfugt werden.“ Das gehe nur in Handarbeit. Welches Material optisch und von seinen Eigenschaften her am besten passt, wurde an einer Seite des Turm getestet. „Das Problem mit dem bisher verwendeten Material ist, dass der Mörtel auf Neubauten abgestimmt war, für die knapp 240 Jahre alten Kirchenziegel jedoch zu hart ist.“ Sukzessive sei dadurch Material der Steine regelrecht „abgesprengt“ worden, wie Ursula Sieg ergänzt. „Die eingeplanten 100.000 Euro werden wahrscheinlich nicht ausreichen“, sagt der Ausschussvorsitzende Hansen. Die Gemeinde werden deswegen noch Fördergeld bei der Landeskirche, dem Kirchenkreis Hamburg-Ost, dem Landesamt für Denkmalpflege und der Kirchenbau-Stiftung beantragen und sich zusätzlich um Spenden bemühen. „Wir starten die Kampagne aber erst, wenn die genauen Kosten bekannt sind“, sagt Pastorin Ursula Sieg.
Wünschenswert wäre außerdem eine Beteiligung der Stadt. „Schließlich ist die Kirche zentraler Teil des Ensembles aus Schloss und Marstall, und damit touristischer Anziehungspunkt“, sagt Garthe. Um das Vorhaben noch in diesem Jahr abschließen zu können, hofft Sieg, dass die Förderer einen Beginn der Bauarbeiten schon vor der finalen Entscheidung zulassen.
Zuletzt wurde die Schlosskirche 1990 saniert
Dabei handelt es sich bei den Arbeiten nur um den ersten Akt: Der neue Kirchengemeinderat plant in einem nächsten Schritt die Aufwertung der ganzen Kirche und auch des umgebenden Areals. Auf der Wunschliste steht neben der Erneuerung der Kirchenfassade eine Art Würfel auf dem Gelände, der das Gotteshaus von seiner Lagerfunktion von Materialien für die Chöre entlasten und außerdem eine barrierefreie Toilette beherbergen könnte, wie Pastorin Sieg dem Abendblatt sagt. „Außerdem soll die Kirche besser in das Konzept zur Vermarktung des historischen Ensembles aus Schloss und Marstall integriert werden“, so Hansen. Wegen der hohen Kosten sei dieses Vorhaben vorerst ausgeklammert worden. „Schon durch die Turmsanierung steht uns weniger Geld für die Gemeindearbeit zur Verfügung“, sagt er.
Die Schlosskirche war zuletzt 1990 renoviert worden und feierte im vergangenen Jahr ihr 420-jähriges Bestehen. Die im Reiter auf dem Kirchenschiff untergebrachten Glocken der Kirchenuhr sind nicht betroffen. Mit jedem Schlag erinnern sie die Ahrensburger schmerzlich an die Zeit, als die Glocken der Schlosskirche noch läuteten.
So können Sie spenden: Kirchengemeinde Ahrensburg, Evangelische Bank, IBAN: DE 4252 0604 1022 0644 6027, BIC: GENODEF1EK1, Stichwort „Turmsanierung“.