Bargteheide. 350 Menschen kamen zum Gottesdienst in die Kirche. Weil der Platz nicht ausreichte, wurde die Trauerfeier auf eine Leinwand übertragen.

„Gott kommt wie ein Dieb in der Nacht, reißt von uns, was uns lieb und teuer ist.“ Mit diesen Worten beschrieb Pastorin Annette Sandig das Gefühl, das insbesondere die Familie von Pastor Kai Süchting „wie eine Apokalypse traf. Der Atem blieb stehen“, sagte Sandig, die den Trauergottesdienst für ihren Kollegen hielt, der am letzten Freitag im April unerwartet im Alter von 52 Jahren gestorben war.

Mehr als 350 Menschen kamen am Mittwoch zum Trauergottesdienst nach Bargteheide, um von dem beliebten Geistlichen Abschied zu nehmen. Und um sich an die Momente zu erinnern, die sie mit ihm teilen durften. „Er war der Mann, der im T-Shirt und Hosenträger über den Platz beim KonfiCamp gelaufen ist“, sagte die Pastorin und beschrieb das Zeltlager als „sein Kind“, auf das Kai Süchting stolz sein konnte. „Einige Konfirmanden beschrieben ihn als Obelix, der unter seinen Armen Fahnen- und Zeltstangen transportierte.“ Solche Worte sorgten bei einigen Trauerenden für ein Lächeln, trieben anderen Tränen in die Augen. Viele hatten diese Bilder vor Augen. Denn zahlreiche Jugendliche, die in den vergangenen Jahren mit Kai Süchting während des KonfiCamps nach Dänemark oder Fehmarn gefahren waren, kamen am Mittwoch zur Trauerfeier.

Weil nicht alle in der kleinen Kirche Platz fanden, wurde vor dem Gebäude ein großes KonfiCamp-Zelt aufgebaut. Auf einer Leinwand wurde der Trauergottesdienst übertragen. Es gab ein wenig Zeltlager-Atmosphäre – die Sonne schien bei 26 Grad Celsius, die Feldküche wurde aufgebaut, es gab Chili con Carne, Würstchen im Brötchen, Kuchen und Getränke.

Doch die Jugendlichen waren alles andere als fröhlich. Einige umarmten einander nach dem Gottesdienst, viele weinten. Denn für die meisten war Kai Süchting mehr als ein Pastor. Er war ein Freund, der an diesem Tag im KonfiCamp-Zelt schmerzlich vermisst wurde. „Wenn Kai das sehen würde“, sagte der Bargteheider Pastor Jan Roßmanek, „gestern Abend haben Feuerwehrleute aus Bargteheide und den umliegenden Gemeinden das Zelt aufgebaut.“

Teamer, die Kai Süchting für das Zeltlager ausgebildet hatte, hatten den Aufbau der Feldküche übernommen. Einer von ihnen hatte die Leinwand sowie die Technik für die Liveübertragung organisiert. Der Frauenkreis hatte Kuchen gebacken. „Es ist alles im Sinne von Kai“, sagte Pastor Roßmanek. Denn es war insbesondere der Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe, den Kai Süchting durch sein KonfiCamp bei den Jugendlichen stärken wollte. Ganz offensichtlich mit Erfolg. „Weg vom Egoismus“, wie Pastorin Sandig in ihrer Trauerrede sagte, „hin zu achtet aufeinander“. Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht: „Ich wünsche allen in dieser Gemeinschaft, dass sie einen Weg finden, diesen Geist weiterzutragen.“ Die Verwaltungschefin habe Kai Süchting zwar erst vor Kurzem kennengelernt, dennoch habe sie sofort gewusst: „Er ist wie ein Fels in der Brandung.“

Propst Buhl erinnert sich gern an Kai Süchtings Lebensfreude

Pastor Jan Roßmanek ergänzte: „Und er war ein Kämpfer.“ Denn „sein Kind“, das er im Jahr 2005 für den Kirchenkreis Stormarn (heute Hamburg-Ost) ins Leben gerufen hatte, stand eigentlich schon einmal vor dem Aus. Nachdem Kai Süchting 2011 Pastor in Bargteheide geworden war, gab er die Stelle des KonfiCamps-Leiters ab und war seitdem als Pastor mit seinen eigenen Konfirmanden dabei. Die Organisation des Zeltlagers erfolgte weiter aus Hamburg, doch sollte damit bald Schluss sein. „Kai hat dafür gekämpft und die Organisation des KonfiCamps Anfang dieses Jahres nach Bargteheide geholt“, berichtete sein Kollege und Freund Jan Roßmanek.

Die Gemeinde kaufte dem Kirchenkreis das Zelt ab. Ebenso eine neue Feldküche, die eigentlich erst jetzt in den Sommerferien zum ersten Mal zum Einsatz kommen sollte. Auch wechselten zwei Mitarbeiter vom Kirchenkreis nach Bargteheide für die Organisation des Zeltlagers, das drei Gruppen von je 250 Teilnehmern aus Stormarn und Hamburg nacheinander für elf Tage besuchen. „Er hatte so viele Ideen, er wollte noch so viel anpacken“, erinnert sich Bianca Marquardt aus der Verwaltung der Kirchengemeinde in Bargteheide. Erst im Februar hatte Kai Süchting den allgemeinen Verwaltungsausschuss übernommen, um seine Ideen einzubringen und umzusetzen. Bianca Marquardt bewunderte dabei vor allem Süchtings Tatkraft und die Ruhe, die er dabei ausstrahlte.

Aus Sicht von Propst Hans-Jürgen Buhl stand Kai Süchting für Lebensfreude. „Wenn ich an ihn denke, denke ich an diese freundliche Zugewandtheit. Wir werden ihn sehr vermissen.“