Ahrensburg. Dienstleistungen sollen schneller digital erledigt werden. FDP will mit Antrag im Hauptausschuss für Weiterentwicklung sorgen.
Schöne neue kommunale Welt. Die Website empfängt ihre Besucher mit den aufmunternden Worten: „Wir sind gern für Sie da – das Bürgerbüro im Rathaus!“ Es folgt das Versprechen, dass im Bürgerbüro viele Aufgaben und Dienstleistungen wie das Ausstellen von Personalausweis, Kinderpass, Ummeldung, Schwerbehindertenparkausweis oder die Hundesteueranmeldung zusammengefasst seien, die sofort erledigt werden können. Das Team dort helfe schnell und unbürokratisch – zu sehr kundenfreundlichen Zeiten, auch sonnabends.
Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch die traumhaft kundenfreundliche Verwaltung mit ihrem für die Bürger bequemen Service gibt es wirklich, wenn auch weit entfernt von Stormarn in Unterfranken. Das 11.000-Einwohner-Städtchen Marktheidenfeld im Main-Spessart-Kreis macht vor, wie bürgernahe Verwaltung aussieht und dass auch digitale Technik für alle Beteiligten hilfreich eingesetzt werden kann. Marktheidenfeld bietet nämlich auf seiner Website an, dass zum Beispiel Meldebestätigung, Führungszeugnis oder Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister direkt online über das Bürgerservice-Portal beantragt werden können.
Verwaltung soll bis zum Herbst Vorschläge unterbreiten
Die FDP-Politiker Thomas Bellizzi und Bernd Buchholz haben diese kommunale Vorzeige-Homepage im Netz entdeckt. Und sie finden, dass sie gut als Vorbild geeignet wäre und dass es ähnlich guten Service auch in Ahrensburg geben sollte. Deshalb hat die FDP-Fraktion einen Antrag formuliert, mit dem sich am Montag, 15. Mai, der Ahrensburger Hauptausschuss beschäftigen wird. Unter dem Leitsatz „Für eine moderne, effiziente und bürgernahe Verwaltung“ wird die Erstellung eines sogenannten E-Government-Konzepts für Ahrensburg gefordert. Die Verwaltung der Stadt soll bis zum Herbst Vorschläge machen, wie durch den Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien Prozesse zwischen Bürgern und städtischer Verwaltung vereinfacht werden könnten.
„Das Thema berührt zwei zukunftsweisende Aspekte: 1. den administrativen Bereich, nämlich effiziente, serviceorientierte Verwaltung mit schlanken Verfahren, 2. das Thema E-Democracy, also Teilhabe an Demokratie im digitalen Zeitalter, was sogar E-Voting, also die digitale Stimmabgabe bei Wahlen, beinhalten kann“, sagt Bernd Buchholz.
Fraktionschef Bellizzi lobt das Angebot der Norderstedter
Thomas Bellizzi erzählt, wie die beiden sich nach dem Motto „Best Practice“ im Internet umgeschaut haben, um zu sehen, wie weit andere Städte und Kommunen in Sachen E-Government sind und ob sich daraus Ideen und Handlungsempfehlungen für die Entwicklung in Ahrensburg gewinnen lassen. Bellizzi hat dazu ein paar Fundstücke bereit, etwa das virtuelle Fundbüro in Norderstedt und Marktheidenfeld. „Sehr praktisch, dass man nicht an enge Öffnungszeitfenster gebunden ist, sondern jederzeit vom häuslichen Sofa aus online nach verloren gegangenen Gegenständen suchen kann“, sagt er und lobt auch Norderstedter Angebote wie die Abfall-App und den unbürokratischen Online-Adresswechsel bei Umzug innerhalb der Stadt.
Gute Anwendungen fanden die beiden auch auf der Website von Halle/Saale: zum Beispiel das Angebot „Rechne mit Halle!“, das Bürger in Haushaltsplanungen einbezieht. Und das Label „Bürgerideen: Sag’s uns einfach“. Dort werden Schlaglöcher, Müll im Gelände oder defekte Ampeln gemeldet. Bernd Buchholz gefällt daran, dass Bürger erfahren, welche Folgen ihre Hinweise haben. „Sie bekommen eine Vorgangsnummer und können sich online jederzeit über den aktuellen Bearbeitungsstand informieren. Von so etwas können andere Kommunen doch lernen.“ In Ahrensburg dagegen kann eine E-Mail an die Verwaltung schon mal unbeantwortet bleiben. Thomas Bellizzi sagt: „Ahrensburg muss raus aus der digitalen Apathie.“
FDP will zusätzliches Personal im Rathaus verhindern
Die FDP-Anfrage formuliert drei Fragen, die von der Ahrensburger Verwaltung vordringlich beantwortet werden sollten: 1. Welche Dienstleistungen sollen schnellstmöglich vollständig online angeboten und abgewickelt werden können? 2. Welche Schritte sind erforderlich und sollten in welchem Zeitrahmen angegangen werden, um eine vollständig digitale Aktenführung der Verwaltung zu gewährleisten? 3. Welchen Aufwand bedeutet die Schaffung eines Bürgerbüros, in dem viele Dienstleistungen zusammengefasst sind und das kundenfreundliche Öffnungszeiten hat?
Buchholz findet dabei zweierlei wichtig. Zunächst das Bürgerbüro, das auch Menschen, für die das Internet kein barrierefreier Bereich ist, erleichterten Zugang zum verbesserten Service einer modernen Verwaltung ermöglicht. Außerdem hält er eine vollständige digitale Aktenführung, sogenannte eAkten, für dringend geboten: „Das erlaubt auch innerhalb der Verwaltung schnelleren Zugriff und erspart umständlichen Aktenverkehr.“ Als No Go sieht er E-Mails, die ausgedruckt und in Hängeregistraturen abgelegt werden. Um Befürchtungen in der Verwaltung vorzubeugen, sagt Buchholz auch: „Wir wollen Verwaltung schlanker und effizienter machen, streben aber keinen Personalabbau an. Was wir aber nicht wollen, das ist ein permanenter Personalaufbau in Ahrensburg.“
Hauptausschuss befasst sich am Montag mit diesem Thema
Klar ist, dass alle Städte und Kommunen sich mit dem Thema befassen müssen, seit im Bund 2013 das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung, kurz E-Government-Gesetz, beschlossen wurde. Norderstedt war als Pionier in Schleswig-Holstein eine von bundesweit acht Modellkommunen E-Government (2014 bis 2016) Teilnehmer am Modellversuch der kommunalen Spitzenverbände und lebt die Vorteile der Initiative, hat aber auch die Schwierigkeiten (zum Beispiel hohe Sicherheitsanforderungen) erfahren. Ein Problem war, dass es nicht möglich war, zeitnah eine zentrale eID auf Landesebene mit Kiel zu vereinbaren. Deshalb hat Norderstedt schnell entschlossen selbstständig eine eID-Anbindung (elektronische Identifizierung mit Hilfe des Personalausweises) eingeführt.
Die beiden FDP-Politiker finden, dass es Zeit wird, dass auch Ahrensburg in die elektronische Verwaltung einsteigt. Bellizzi: „Wir sollten nicht erst am E-Government teilnehmen, wenn alle anderen vorbeigezogen sind.“
Hauptausschuss Mo 15.5., 19.30 Uhr, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9