Brunsbek. Vor fast einem Jahr vernichtete ein Großbrand Privatgebäude und Stallungen. Erst jetzt geht es mit dem Wiederaufbau richtig voran.
Christian Fischer steht auf seiner Kellertreppe, schaut nach oben. Was er sieht, sind nur noch ein paar Rohre, die in den Himmel ragen, dazu regennasse Fliesen. „Unser 1927 erbautes Bauernhaus war wegen des vielen Löschwassers nicht mehr zu retten und musste abgerissen werden“, sagt der Familienvater. Im Mai 2016 hatte vermutlich ein Stein in der Strohmühle für Funkenflug gesorgt. Das dadurch entstandene Feuer breitete sich in Minutenschnelle über den Brunsbeker Hof aus. Ärger mit einem Gutachter und strenge Vorschriften verzögerten die Auszahlung der Versicherungssumme und den Neubau.
„Ich dachte erst, ein Nachbar macht ein Lagerfeuer“, sagt Fischer, als er an den Brand zurückdenkt. Dann erkannte, dass die Rauchschwaden aus seinem Stall kamen. 20 Minuten später fiel eine brennende Wand in die Schaubox der Kühe. Seine Frau Stephanie sagt: „Es war schon so heiß im Stall, dass die Dachplatten aus Eternit explodiert und die Scherben auf unsere Köpfe geregnet sind.“ Das im Ortsteil Langelohe gelegene Bauernhaus brannte ab, der direkt angrenzende Kuhstall wurde durch die Flammen schwer beschädigt. „Wir konnten zum Glück noch die Kühe aus den Stall lassen und die Kälber ins Freie tragen“, so der 42-jährige. Darunter auch Kuh Nanina, die noch bis Ende 2017 amtierender „Grand Champion“ des Landes ist. „Nur fünf Minuten später wäre es vermutlich zu spät gewesen“, sagt Fischer. 150 Feuerwehrleute aus der Umgebung waren im Einsatz, konnten zumindest das komplette Ausbrennen des Stalls und das Übergreifen auf weitere Gebäude verhindern. So blieb die erst wenige Monate zuvor eröffnete Milchtankstelle an der Hofauffahrt verschont.
Die Fischers freuen sich über die Hilfsbereitschaft der Nachbarn
Während die erwachsenen Tiere nach den Aufräumarbeiten in den beschädigten Stall zurückkehren konnten, musste die vierköpfige Familie ins Haus der Eltern nebenan ziehen. Gerührt habe sie die Hilfsbereitschaft von Nachbarn und Kollegen: Sie trieben die Tiere wieder zusammen, brachten sogenannte Iglus. Das sind Kunststoffboxen, in denen Kälber untergebracht werden können. Die Nachbarn halfen beim Melken – alles zusätzlich zur Arbeit auf ihren eigenen Höfen. „Trotzdem ist der Aufwand immer noch riesig, geht richtig an die Knochen“, sagt Christian Fischer. Der Stall bekomme jetzt erst ein neues Dach, bis dahin standen die Tier unter freiem Himmel. „Das macht den Tieren nichts, aber weil Streu und Futter immer wieder nass werden, müssen wir es häufig austauschen.“
Auch wenn alle Tiere gerettet werden konnten, bedeuten der Brand, die provisorischen Quartiere und das Melken durch wechselnde Personen Stress für die Kühe. Dadurch brach die Milchleistung ein, die Zucht konnte aus Platzmangel nicht wie geplant fortgesetzt werden. „Wir haben seither 120.000 Euro Verlust angehäuft, mussten einen Kredit aufnehmen, um weiter existieren zu können“, sagt der Bauer. Am Tag des Brandes habe er über die Aufgabe des Familienbetriebs nachgedacht, sich aber zum Weitermachen durchgerungen. „Allerdings haben wir Schwierigkeiten, Personal zu finden, das unter diesen Bedingungen arbeiten will.“
Der Bauer schätzt den Schaden auf mehr als eine Million Euro
Wohnhaus und ein neuer Stall sollen nun getrennt voneinander entstehen, aus Brandschutzgründen. Problem dabei: „Emmissionsvorschriften machen uns das Leben schwer“, sagt Bauer Fischer. Deswegen sei im Moment noch nicht klar, ob ein Kuhstall mitten im Ort überhaupt noch genehmigungsfähig sei. „Ich darf zwar woanders auf meinem Land bauen, halte es aber für wichtig, dass die Höfe Teil des Ortsbildes bleiben“, so der Bauer. „Wer die Landwirtschaft nicht sieht, hat auch kein Verständnis für sie.“
Der Schaden beläuft sich laut Fischer auf mehr als einer Million Euro. Doch auch wenn er das Geld endlich bekommt, ist das den Ortsteil prägende Bauernhaus für immer verloren. „Das kann uns niemand mehr wiederbringen“. Warum dauert es solange, bis neu gebaut werden kann? Ärger mit dem ersten Gutachter, sagt der Landwirt: „Der hat sich alles angeguckt und war danach sechs Wochen lang nicht erreichbar.“ Ein neuer Sachverständiger musste gefunden und von der Versicherung akzeptiert werden. Wertvolle Zeit verstrich, in der die Familie Tag für Tag mit Blick auf die Ruine weiterarbeiten musste – bis November 2016.
Da die Baupläne für das Haus im Krieg verloren gegangen waren, sei die Begutachtung sehr aufwendig gewesen. „Der Schaden für Wohn- und Wirtschaftsbereich muss getrennt berechnet werden, darf auch nur für die jeweilige Nutzungsart verbaut werden“, erklärt Christian Fischer. Erst mit Vorliegen des Gutachtens sei absehbar, wie viel Geld er für den Neubau habe. Stephanie Fischers Ziel: „Weihnachten wollen wir im neuen Haus feiern.“