Ahrensburg. Neue Zählung belegt deutlichen Anstiegvon Autos und Lastwagen. Die Folgen: Staus an Ausfahrten, mehr Lärm und Mangel an Parkplätze.

Hamburg und die Metropolregion wachsen seit Jahren: Es entstehen neue Siedlungsgebiete, immer mehr Firmen lassen sich im Umland der Großstadt nieder. Es ist in erster Linie ein positiver Effekt. Die Unternehmen finden genug Fachkräfte, die Gemeinden freuen sich über steigende Steuereinnahmen. Doch das Wachstum erfordert auch eine Verbesserung der Infrastruktur. „Genau das hat das Land aber seit Jahren versäumt“, wirft Lukas Kilian (CDU) der Landesregierung vor.

Auch die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) kritisiert das „jahrelange Nichtstun“, das für Stormarn heute fatale Folgen habe. An Anschlussstellen der Autobahn 1 kann der Verkehr nicht mehr abfließen, Lastwagenfahrer haben Probleme, einen Parkplatz zu finden und Anwohner klagen über Lärm. Doch passiert ist bislang nichts. Jetzt belegt eine Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen das tatsächliche Ausmaß dieser Entwicklung. Laut der Erhebung hat der Verkehr zwischen den Anschlussstellen Stapelfeld und Barsbüttel um 28 Prozent zugenommen. 2010 fuhren dort täglich 72.800 Autos und Lastwagen lang. Fünf Jahre später wurden dort täglich 93.200 Fahrzeuge gezählt.
Auch zwischen Stapelfeld und Ahrensburg, dem landesweit am meisten befahrenen Autobahnabschnitt, ist das Aufkommen zwischen 2010 und 2015 um rund elf Prozent auf täglich 95.100 Autos und Lastwagen gestiegen. Zwischen 2005 und 2010 lag der Zuwachs bei lediglich 0,6 Prozent.

Täglich staut sich der Verkehr an den Abfahrten bis auf den Standstreifen

Für Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck, ist die aktuelle Erhebung überraschend. Auch eine Erklärung für den deutlichen Anstieg hat Sommerburg bislang nicht. „Eine sechsspurige Autobahn verkraftet jedoch einen solchen Zuwachs. Sie ist für mehr als 100.000 Fahrzeuge täglich ausgelegt“, sagt Sommerburg.

Doch die Autobahnausfahrten sind dies nicht. Nahezu täglich staut sich der Verkehr bis auf den Standstreifen. „Das ist nicht nur für die Pendler ärgerlich, weil sie damit viel Zeit verlieren, sondern auch gefährlich“, sagt Lukas Kilian, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Kreis. Immer wieder werde beobachtet, dass Autofahrer sich kurz vor der Ausfahrt in die Autoschlange drängeln wollen und dann auf der rechten Fahrspur stehen bleiben. Wie berichtet, hat er Kreis das Land in der vergangenen Jahren immer wieder auf das Problem aufmerksam gemacht, doch passiert ist nichts. Tobias von Pein (SPD) der im Landtag sitzt und dort auch Mitglied des Wirtschaftsausschusses ist, der sich mit Verkehrsangelegenheiten beschäftigt, sagt zum Abendblatt: „Die Prioritäten liegen bei der A 7 und der A 20.“

Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens auf der A 1
Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens auf der A 1 © HA | Dorothea Benedikt

Ob das Ergebnis der Verkehrszählung dies nun ändert und das Thema auf die Agenda kommt, könne er nicht sagen. Auch Sommerburg, Chef des LBV, dessen Behörde beim Verkehrsministerium angesiedelt ist, sagt: „Es werden Diskussionen geführt.“ Dem Kreis und der WAS reicht dies aber nicht, sie sehen auch die Wirtschaftkraft der Region in Gefahr und handeln jetzt. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses beschlossen bei ihrer jüngsten Sitzung einstimmig, sich mit maximal 15.000 Euro an den Kosten für ein Gutachten zu beteiligen, das die WAS in Auftrag gibt. „Wir machen jetzt die Hausaufgaben für das Land“, sagt Kilian. Ingenieure sollen erneut Verkehrszählungen an den Anschlussstellen Stapelfeld und Ahrensburg starten, organisatorische sowie bauliche Mängel ermitteln und Lösungsansätze samt einer Kostenschätzung aufzeigen. Das Gutachten kostet rund 30.000 Euro. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist für WAS-Chef Detlev Hinselmann die Voraussetzung und das Argument, dass etwas passiert: „Ohne Vorleistung keine Planung. Und erst recht keine Umsetzung.“ In diesem Frühjahr soll das Gutachten stehen.

Lukas Lilian will stillgelegte Rastplätze wieder öffnen

Einen Zeitplan, wann der Autohof am Autobahnkreuz Bargteheide in Hammoor gebaut wird, ist indes in weite Ferne gerückt. Denn mit dem steigenden Verkehrszahlen wird auch der Bedarf an Stellplätzen für Fernfahrer größer, die ihre Ruhezeiten einhalten müssen. Mit dem Autohof sollte die Situation entschärft werden. Doch der neue Regionalplan der Landesregierung zum Bau von Windkraft-Anlagen sieht die Flächen in Hammoor am Autobahnkreuz geeignet für Windkrafträder. „Damit wäre das Projekt Autohof und auch ein geplantes Gewerbegebiet gestorben“, sagt Hinselmann. Er hofft, dass die Landesregierung wieder von dem Vorhaben abrückt. Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, will sich Lukas Kilian dafür einsetzen, dass zwei stillgelegte Rastplätze zwischen Bad Oldesloe und Bargteheide wieder geöffnet werden. „Diesen sind geschlossen worden, weil unter anderem das Abpumpen der Dixi-Klos zu teuer war“, sagt der CDU-Politiker.

Ein weiteres Problem, das die Zunahme des Autobahnverkehrs im Kreis Stormarn nach sich zieht, ist der Lärm in den angrenzenden Wohngebieten. In Stapelfeld hat sich bereits eine Initiative gegründet, die seit Jahren für einen Lärmschutzwall kämpft, bislang aber ohne Erfolg. Ob die neuen Zahlen ihr nun helfen, ist für Kilian fraglich. Fest steht aber für alle Beteiligten, dass mit der Fehmarnbeltquerung der Verkehr nochmal deutlich zunehmen wird, genauso wie die Probleme.