Wohltorf. Investor will in Wohltorf mehrere Häuser errichten. Anlieger fühlen sich schlecht von der Verwaltung informiert. Der Bauausschuss berät.

Bei der Umwandlung von Grünflächen in Areale für Wohnungsbau prallen immer wieder Interessen aufeinander. Ob in Glinde, wo das Gleisdreieck in der Ortsmitte für sozialen Wohnungsbau genutzt werden soll, oder in Barsbüttel, wo die Kommune landwirtschaftliche Flächen in Bauland umwandeln will – überall wehren sich Bürger gegen Nachverdichtung. Ärger gibt es auch in Wohltorf bei Reinbek. Die Sachsenwaldgemeinde, geprägt von Villen, Höfen, Gewässern und viel Grün, hat fünf Bebauungspläne in Arbeit.

Der B-Plan Nummer 26 für die Große Straße an der Grenze zu Aumühle soll am Mittwoch, 1. März, im Bauausschuss in die Zielphase gehen. Ab 19.30 Uhr beraten die Politiker im Thies´schen Haus über Einwände zum Entwurf. Anlieger wollen ihrem Unmut Luft machen. Einige lassen sich rechtlich beraten. Die Investoren, der Hamburger Architekt Matthias Schlange und sein Bruder Albrecht, ein Immobilienmakler, wollen im Ortskern Eigentumswohnungen für Senioren und Familien bauen. Die Brüder investieren einen mittleren einstelligen Millionenbetrag, haben den Eigentümern an der Großen Straße einen Teil ihrer Gärten mit Blick auf die Bille abgekauft. Auf dem 4000 Quadratmeter großen Gartengelände hinter den Häusern Nummer 44 bis 52 sollen drei zweigeschossige Wohngebäude und 28 Stellplätze entstehen. Ein elf Meter hohes Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen für Senioren sowie zwei kleinere und ebenso hohe Gebäude mit je zwei Doppelhaushälften und einer Wohnung im Dachgeschoss. Für die Zufahrt wird das Haus Nummer 52 abgerissen. Die betagten Eigner haben ihren gesamten Grund verkauft.

Einige Anlieger fühlen sich hinters Licht geführt

Es sei kein Konfliktpotenzial mit Nachbarn zu erwarten, steht im Planentwurf. Doch viele sind empört und halten den B-Plan für überdimensioniert und nur auf die Interessen der Investoren zugeschnitten. Sie fühlen sich hinters Licht geführt. „Als wir vor 20 Jahren gebaut haben, wurden vorher alle Anlieger dazu befragt. Wir haben von diesen Plänen nur durch Zufall erfahren“, ärgert sich ein Familienvater. Günther Hakemann, Vorsitzender der Schützengilde Sachsenwald Aumühle-Wohltorf: „Ich finde es schade, dass die Anlieger nicht direkt informiert wurden.“ Der 70-Jährige, der seit 28 Jahren neben dem Baugrundstück an der Straße Haidrath wohnt, ist besorgt. Ganz nah an seinem Gartenzaun wird eines der elf Meter hohen Häuser stehen.

Annette Deppen wohnt seit sieben Jahren in der Doppelhaushälfte nebenan, ihr Haus ist sechs Meter hoch. Sie habe zwar über den B-Plan im Gemeindeblatt gelesen: „Aber das haben wir nie auf unsere direkte Nachbarschaft bezogen. Hausnummer 26 ist am anderen Ende, dachten wir. Alle, die es betrifft, haben nichts gewusst“, sagt sie. Ihre Einwände gegen die Pläne konnte sie gerade noch rechtzeitig in den Amtsbriefkasten werfen, weil ein Nachbar ihr Bescheid sagte. „Wir haben keinen Anspruch auf den schönen Blick, aber 14 Wohneinheiten und 28 Stellplätze sind zuviel“, sagt eine weitere Anwohnerin, „wir haben hier jetzt schon ein Verkehrschaos.“

Untergrund sei für einen Bebauung ungeeignet, heißt es

Andere machen sich Sorgen um Grünspecht, Schwarzspecht, Dompfaff und Eisvogel, die hier brüten. Und um die Entwässerung. Das Baugebiet liegt knapp sechs Meter oberhalb der Bille. Es handele sich um eine Aufschüttung aus Kriegsschutt, das Areal sei nicht für eine derartige Bebauung geeignet, erzählt eine Hauseigentümerin, die unterhalb des Hanges wohnt. Schon jetzt fließe das Geestwasser über ihr Grundstück zur Bille. Das geologische Gutachten der Investoren kommt indes zu dem Schluss, dass den „Unterliegern kein zusätzliches Wasser zugeführt wird.“ Matthias Schlange sagt: „Wir haben Bohrungen gemacht und keinen Hinweis auf Aufschüttungen gefunden.“ Auch die betagten Grundeigentümer könnten sich nicht daran erinnern.

Die Gemeinde habe lange versucht, die Eigner zusammenzuführen. Denn deren Gärten seien die letzte bebaubare Fläche in Aumühle und Wohltorf, erklärt der Architekt, der seit 25 Jahren in der Region Gebäude errichtet. Er versichert: „Wir bauen im ortstypischen Stil und die bebaute Grundfläche macht weniger als 20 Prozent des Grundstückes aus.“ Es bleibe viel Grün mit vielen Spielflächen für Kinder. Das geplante barrierefreie Mehrfamilienhaus mit acht Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen und Fahrstuhl soll Senioren die Möglichkeit bieten, im Ortskern wohnen zu bleiben. „Hier sind Ärzte, die Apotheke und ein ambulanter Pflegedienst in der Nähe“, sagt Matthias Schlange. Die beiden Drei-Parteien-Häuser böten Platz für je drei Familien. „Das Interesse ist groß, wir könnten sofort anfangen zu bauen“, sagt der Architekt. Wird der B-Plan im April beschlossen, könnte das Projekt Hof Billetal Ende 2018 bezugsfertig sein.

Wohltorf ist zurzeit bei jüngeren Familien sehr beliebt

Wohltorfs Bürgermeister Gerald Dürlich sagt, die Gemeinde habe Bauanfragen ablehnen müssen, weil die Häuser im Toskana- oder Reihenhausstil nicht zum Ortscharakter passten. Der kleine Ort zwischen Aumühle, Wentorf und dem Reinbeker Stadtteil Krabbenkamp ist überschaubar und gemütlich. Und bei jüngeren Familien beliebt. Andererseits hätten etliche Anwohner in fortgeschrittenem Alter und mit großen Grundstücken den Wunsch gehabt, ihre Flächen zu teilen oder zu verkaufen, weil sie sie nicht mehr bewirtschaften können. Im November 2015 lud Dürlich die am Verkauf interessierten Eigner zu einer ersten Informationsveranstaltung ein. Der neue B-Plan Nr. 26 soll nun nicht nur Baulücken schließen, sondern auch Rechtssicherheit schaffen. Denn der bestehende Bebauungsplan ist wegen eines Formfehlers nicht rechtskräftig. Trotzdem könnte nach Paragraf 34 Baugesetzbuch gebaut werden. Voraussetzung ist, dass die Häuser sich in die bisherige Bebauung einfügen.

Mit einem B-Plan könnte die Gemeinde festlegen, was gebaut werden darf und was nicht. „Die Fraktionen in der Gemeindevertretung haben das Bestreben, dass Wohltorf so bleibt wie es ist“, betont Dürlich. Er verteidigt die von den Anwohnern kritisierte Höhe der geplanten Neubauten: „An der Großen Straße stehen gegenüber Häuser, die sind zwölf Meter hoch.“ Die Gemeinde habe ihre Informationspflicht erfüllt und auf ihrer Internetseite, im Mitteilungsblatt der Kommunen Aumühle, Dassendorf und Wohltorf sowie in ihren drei örtlichen Schaukästen regelmäßig über die Pläne informiert. Die besorgten Anlieger sollen im Bauausschuss nun die Möglichkeit bekommen, ihre Fragen zu stellen. Der Bürgermeister sagt: „Bei den Bebauungsplänen sehen wir das sehr großzügig.“